Weil am Rhein Aus Sprache wird Musik

Weiler Zeitung
Uli Führe singt Markus Manfred Jung und der Dichter rezitierte selber seine Gedichte. Foto: Jürgen Scharf Foto: Weiler Zeitung

Soiree: Lyrisch-musikalischen Abend in der Weiler Galerie Underground

Von Jürgen Scharf

Weil-Haltingen. Sie sind die reinste Sprachmusik, die Gedichte und Haikus in alemannischer oder hochdeutscher Sprache von Markus Manfred Jung. Also bestens geeignet für Vertonungen. Und wenn man dann noch einen so kongenialen Partner hat wie Uli Führe, einen Liedermacher mit sublimer Gnitztheit, unkomplizierter Spontaneität und feinnerviger Einfühlung, dann wird aus Sprache auch Musik.

Das war jetzt zu erleben beim musikalisch-lyrischen Abend in der Haltinger Galerie Underground von Rolf Frei im Rahmenprogramm der Ausstellung Bettina Bohns, der Frau von M.M.Jung. Text und Musik gingen dabei nicht ausschließlich auf die Bilder ein, waren aber doch von ihnen inspiriert. Manche Texte sind parallel zu den Bildern entstanden wie die in dem gemeinsamen Sylt-Band „Schluchten von Licht“.

Bohns Naturimpressionen von der Nordseeinsel sind ebenso wie der Klang der alemannischen Sprache Inspirationsquellen für Führe, der die Gedichte in seinen neuen Liedern, die er erstmals vorstellte, anverwandelt. Die Lyrics stammten aus besagtem Sylt-Buch und von der CD „Fedrelicht“, ergänzt durch neue (Liebes-)Gedichte wie „Du bisch“ oder das noch unveröffentlichte Gedicht mit dem doppeldeutigen Titel „Un geduld“.

Dabei ist spannend zu erleben, was der in Lörrach geborene Komponist und Stimmbildner aus den Gedichten seines Dichterfreundes macht. Führe lässt sich total auf die Lyrik Jungs ein, wobei er die dichterische Imagination in „Dä Nebel“ in musikalische Nebelbilder verwandelt und so Bohns „Nebellicht“ imaginiert.

Dies auch dank eines Loopers, einer Dauerschleife, mit der Führe in dem avernalisch-schönen „Wien e Placenta“ eine ungeheure simultane Expressivität mittels der synthetisierbaren Vielfalt der eigenen Stimme erreicht. Die Loop Station mit ihren Stereo-Spuren gibt auf mehreren Ebenen die Möglichkeit, fünfstimmig zu „singen“ und einen oder mehrere Grounds darunter laufen zu lassen. So ist Führe sein eigener Chor und kann die Komposition sehr differenziert singen, bis hin zum hip-hoppig-rappigen Sprechgesang – und alles immer live.

Seine Vertonungen sind eine gelungene Mischung aus Auskomponiertem und freien Elementen, was nicht wundert, denn schließlich hat Führe 16 Jahre an der Musikhochschule Freiburg Improvisation unterrichtet. Einige Lieder sind beim Gesang nur skizziert oder als Bass notiert, aber ein so komplexes wie „Placenta“ ist streng durchkomponiert. Jungs Wortkombinationen wie „Novembersturmflut“, „Silbermöwenschrei“, „Strandhafertanz“ oder das „Novemberbild“ („Kei Sau unterwegs“), eines von drei Haikus, aus denen Führe etwas Theatralisch-Bühnenreifes macht, bekommen zur Sprach- auch die Tonqualität.

Die über 40 Zuhörer saßen auf engem Raum in der Galerie, um sich herum Bohns Seestücke, harmonische oder aufgepeitschte Küsten- und Meerbilder, und lauschten den Worten des Dichters und dem Sänger, der die Stimme als Instrument einsetzte und bald wie ein Barde, ein moderner Villon klang. Und wenn er die Instrumente wechselte, nicht nur Gitarre, sondern den E-Bass in „Gwitter am Hohen Egg“ zupfte und das „Schwefelgelb“ in musikalischen Farben „malte“, ergaben sich packende musikalische Bilder.

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