Weil am Rhein Bahnhof verbindet über Jahrzehnte

Marco Fraune

Stammtisch: Ehemalige Bahn-Mitarbeiter treffen sich. Schöne Erinnerungen, schlechter Status quo.

Weil am Rhein - Der Bahnhof Weil am Rhein hat mit der neuen Trambrücke und zuletzt dem „Dreizack“ ein neues Gesicht erhalten. An das alte Erscheinungsbild mit dem früheren Bahnhofsgebäude erinnern sich die dort vormals tätigen Beamten gerne. Seit rund 20 Jahren treffen sich die ehemaligen Weiler Bahnhof-Mitarbeiter regelmäßig im „Josefstüble“.

Von Alt-Stadtrat Heinz Schleyer ins Leben gerufen, bildet die Bahn beim Stammtisch ein zentrales Thema. „Zwischendurch schwelgt man in Erinnerungen“, erzählt Günther Schepperle (81), seit 21 Jahren im Ruhestand. „Man kommt darauf, wie es war.“

Kurz vor dem Aus des Bahnhofsgebäudes hat sich Hanspeter Maier altersbedingt von der Bahn verabschiedet. An die alten Bahnhofsstrukturen mit dem im Jahr 1996 abgerissenen Gebäude, den drei Stellwerken oder auch Weil-Ost als weiteren Haltepunkt erinnert sich der heute 78-Jährige mit einem guten Gefühl. In dem mitten im Gleisfeld unterhalb der Friedensbrücke noch stehenden und fest verschlossenen Kantinengebäude aß er mit Kollegen noch zu Mittag.

Zu den aktiven Zeiten der nun im „Josefstüble“ versammelten 73- bis 84-jährgen Ex-Bahnhof-Mitarbeiter zählte noch der Zusammenhalt, wie alle betonen. Liebevoll sprechen sie von ihrer Bundesbahn, wenn sie über die alten Zeiten berichten. Ausbildungsbahnhof und auch Standort der Bahnhofs-Polizei war Weil früher, wo sich heute eher ein Haltepunkt mit ein bisschen Überdachung befindet, bedauern die Senioren die Entwicklung.

Zehn Pfennig Eintritt zum Weiler Bahnsteig

„Zur Blütezeit“ waren am Weiler Bahnhof noch knapp 100 Mitarbeiter in verschiedenen Schichten beschäftigt – Verwaltung, Gepäckannahme und Fahrkartenschalter mussten von und für Menschen bedient werden. Maier erinnert sich sogar noch an die Zeit, als man zehn Pfennig bezahlen musste, um auf die Bahnsteigkante zu kommen. Wenn in diesem Bereich heute Bahnfahrgäste unter freiem Himmel stehen und die Autos über die B 3 fahren, denken sich die ehemaligen Bahnhof-Mitarbeiter immer mal wieder, dass sich dort ein Büro befand, das früher mehrmals am Tag mit Kohle beheizt wurde.

Gerhard Hepp, seit 23 Jahren in Pension und mittlerweile 84 Jahre alt, kümmerte sich in Weil eineinhalb Jahrzehnte lang um die Express- und Gepäckabfertigung. Als Vitra in Weil startete, wurden hier noch lange Stücke und Kisten aufgegeben. Auch Firmen von der Schusterinsel zählten zu den guten Kunden. Privatleute gaben zudem noch ihr Gepäck für die Reise auf und kauften Fahrscheine.

Von „Action“ und dass man am Bahnhof was machen konnte, berichtet der 73-jährige Walter Schepperle. Seit 2004 in Pension, war er ab den 1970er-Jahren Fahrdienstleiter am Weiler Bahnhof. Zu Beginn seiner Tätigkeit waren es noch Dampfloks, die auf den Gleisen unterwegs waren. Güterzüge fuhren auch ins Wiesental.

Ebenso wie sein früherer Kollege Klaus Hartmann (82) ist ihm aber auch der Bahnunfall am 21. Juli 1971 in Rheinweiler in Erinnerung geblieben, bei dem 25 Menschen starben und 121 zum Teil schwer verletzt worden. Das Unglück wirkte sich bis Weil aus. Schon seinerzeit kam es zudem immer wieder vor, dass Menschen ihrem Leben auf den Gleisen ein Ende setzten, was ebenfalls einigen der Senioren noch als schlimmes Bild vor Augen ist.

Privatisierung als „Knackpunkt“

Die abwechslungsreiche Arbeit bei der Bahn hat Heinz Ehler, 78, bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand vor 18 Jahren geschätzt. „Ich habe mich gut auf die Bahn eingestellt“, wobei er statt als Fahrdienstleiter lieber als Lokführer tätig gewesen wäre. In diesen Tagen sieht er wie seine Ex-Kollegen die Bahn-Politik kritisch. „Ich würde nicht zurückwollen in die DB-Ebene.“ Die Privatisierung nennt Maier als „Knackpunkt“. „Mit der Firma kann man nicht mehr verreisen“, kritisiert Walter Schepperle Verspätungen und mehr. Kurz mal dringend benötigte Waren nach Albbruck zu lotsen, wie es Günther Schepperle noch meisterte, sei heute nicht mehr möglich. „Dafür braucht man ein Vierteljahr.“

Mit dem Bahnhof-Kapitel habe er zudem abgeschlossen. Dies sei kein Bahnhof, sondern nur ein Haltepunkt, so der Tenor der Ex-Mitarbeiter. Auch fehle es insgesamt an Personal und an Ersatzzügen, die schnell bereit gestellt werden könnten.

Eine positive Entwicklung gebe es neben der erfolgreichen SBB-Geschichte auf der Wiesentalstrecke auch noch, merkt Hartmann an: „Die Toiletten sind besser geworden. Es fällt nicht mehr ins Gleis.“

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