Von Walter Bronner Weil am Rhein. Ganz nach traditioneller Programm-Gliederung - Ouvertüre, Solisten-Konzert, Sinfonie - war am Wochenende das zweimal in der Märkter Altrheinhalle aufgeführte Herbstkonzert der Orchestergesellschaft Weil am Rhein konzipiert. Und dass es, abgesehen vor einer kleinen Ausnahme, ausschließlich Ludwig van Beethoven gewidmet war, spricht ebenfalls für ausgeprägtes Traditionsbewusstsein des ambitionierten Klangkörpers. Freilich auch für den Mut von Dirigent Franck Nilly und seiner knapp 70-köpfigen Interpretenschar, die sich damit an der Kunst so ziemlich aller Profiorchester (und deren Einspielungen auf zigtausenden Tonträgern) messen lassen müssen. Indes brauchten die lokalen Interpreten den Vergleich nicht zu scheuen, geriet ihnen doch mit der Wiedergabe der „Egmont“-Ouvertüre, des dritten Klavierkonzerts und der zweiten Sinfonie eine Beethoven-Deutung von bemerkenswerter Konturenschärfe, tonaler Strahlkraft und leuchtenden, mitunter wie gemeißelten Klangbildern. Schon die Einleitung zu Goethes Trauerspiel, dessen tragischer Held am Schluss den Tod unter dem Henkersbeil erleidet, wurde als Beispiel erregender Programmmusik zelebriert, voller Leidenschaft im bewegten Allegro, das dann aus zarten Melismen der Holzbläser schließlich in einen den Heldentod verklärenden Siegesjubel der Streichergruppen mündet. Eine grundsolide Wiedergabe erfuhr danach das c-Moll-Klavierkonzert, dessen Struktur Solist und Orchester als gleichwertige Partner behandelt. Das wurde in diesem Fall auch exemplarisch vorgeführt durch den 26-jährigen gebürtigen Moskauer Vladimir Guryanov, der mit absoluter spieltechnischer Souveränität, bezwingender Stringenz und zuweilen quecksilbriger Impulsivität am riesigen Steinway agierte und eine Parforceleistung ersten Ranges absolvierte. Das kostbare Instrument, das dank generöser Sponsoren hier erstmals zum Einsatz kam, konnte es denn auch mühelos aufnehmen mit dem in den Ecksätzen nicht minder kraftvoll auftrumpfenden Orchester. Zum andern aber bestach die Wiedergabe durch ein stets vorbildlich gewahrtes Einvernehmen der Spielpartner, das durch strenge Klarheit der Intonation, vor allem aber durch die zärtliche Melodik des träumerisch anmutsvollen Adagio-Satzes deutlich herausgestellt wurde. Den stürmischen Jubel des Publikums vergalt der Solist mit Frédéric Chopins von lichtloser Düsternis bis zu triumphaler Leidenschaft durchpulstem cis-Moll Nocturne. Nach der Pause beeindruckten die Konzertgeber mit einer imponierend frischen Darbietung der zweiten Sinfonie, die an Vitalität und federnder Brillanz nichts zu wünschen übrig ließ. Das viersätzige Werk erstand in großer Geschlossenheit, in den Grundzügen lebensbejahend heiter gestimmt, mit Einsprengseln gelegentlicher Anwandlungen kämpferischer Trotzhaltung, vor allem aber unvergleichlich schön im berückenden Melos des innigen Larghetto-Satzes. Auch dafür gab es anhaltenden kräftigen Beifall, für den sich das Orchester mit der „Freuden-Ode“ bedankte.