Weil am Rhein Begeisterung für die Natur entfachen

Weiler Zeitung
Beim Forschen und Entdecken am Bach lernen die Kinder praxisnah die Natur kennen. Foto: Truz Foto: Weiler Zeitung

Serie: „25 Jahre Trinationales Umweltzentrum“ – Teil 2: Umweltbildung für die kleinen Naturentdecker

Das Herz für Natur erwecken – dieses Ziel hat sich der Fachbereich Umweltbildung des Trinationalen Umweltzentrums (Truz) gesetzt. Dabei soll die Natur vor allem den Kindern nähergebracht werden. Um dies zu ermöglichen, bietet die Umweltbildung bis zu 58 Kurse an, über die Mitgründer und Leiter des Fachbereichs, Thomas Schwarze, im zweiten Teil der Serie „25 Jahre Trinationales Umweltzentrum“ berichtet.

Weil am Rhein. „Nur das, was man kennt und schätzt, ist man bereit zu schützen“, hebt Schwarze im Gespräch mit unserer Zeitung hervor. Darum zielen die Mitarbeiter des Fachbereichs Umweltbildung vor allem auf das Herz der Kinder, mit der Hoffnung, dass sie durch die Kurse offener für die Natur werden. Die Natur- und Umwelt-Kursangeboten richten sich an alle Kindergärten, Schularten- und stufen sowie Kinder- und Jugendgruppen aus dem Dreiländereck.

Trockener Lernstoff gebe es bei den Kursen nicht, eher sollen die Kinder selbst Hand anlegen und forschen. „Wir sprechen den Praxisbereich an und bieten somit eine Ergänzung zum Schulunterricht,“ legt Schwarze dar. Schließlich würde das praxisnahe Lernen eher in den Köpfen bleiben als die Theorie. „Der Schwerpunkt der Angebote liegt darauf, draußen in der Natur zu sein und die Faszination dafür zu vermitteln, indem die Kinder eigenständig forschen, entdecken und selbstständig Arbeiten. Es ist entscheidend für Kinder etwas Positives zu erleben, dann prägt es sie auch“, sagt der Fachbereichslieter.

Entfremdung von der Natur stoppen

Diese Arbeit sei sehr wichtig, da sich immer deutlicher eine Entfremdung von der Natur bei den Kindern erkennen lässt, so Schwarze. Er erinnert sich an zwei Mädchen aus Basel, bei denen das Verständnis für die Wachstumszeit für Pflanzen vollkommen gefehlt hatte. Sie hatten nämlich in einem Kurs behauptet, 15 Minuten nach dem Einsähen schon Triebe zu erkennen.

Das ist nur ein Beispiel, aber Schwarze sagt auch, dass der Unterschied zwischen Stadt- und Landkindern deutlich ist. „Kinder aus Efringen-Kirchen zum Beispiel haben keine Hemmungen, sich eine Schnecke auf die Hand oder sogar auf das Gesicht zu setzten, wobei die Städter sich eher davor scheuen.“ Auch Kinder aus sozial schwächeren Familien zeigten des Öfteren eine „Naturangst“, so Schwarze. Grund dafür sei, dass diese Kinder weniger in Berührung mit einem Garten kommen.

Andere Kindern sind dagegen stärker mit der Natur verbunden – auch wenn es eher die Ausnahe ist. So war Schwarze erstaunt, als ein deutsch-russischer Junge sich während seiner Einleitung davonschlich, um im Kartoffelfeld nach Kartoffelkäfern zu suchen. „Es gibt kaum ein Kind, das diese Schädlinge kennt.“ Daraufhin hatte Schwarze den Jungen gleich zu seinem Hilfsassistenten für den Kurs „befördert“.

Aber auch interkulturellen Unterschiede werden in den Kursen der Umweltbildung deutlich: „Bei dem Trinationalen Lager, das wir jedes Jahr anbieten, habe ich den Waldkurs geleitet. Zum Abschluss habe ich den Kindern gesagt, sie sollen sich von den Bäumen verabschieden. Die Kinder aus der Schweiz haben alle einen Baum umarmt und auch unter den Deutschen fanden sich einige, die dies taten. Aber die französischen Kinder sind alle ohne Umarmung weggegangen.“ Die Naturverbundenheit stellt sich laut Schwarze in Frankreich anders dar. „Sie haben eine größere Artenkenntnis, daher haben sie die Natur mehr im Kopf als im Herzen.“

Um der Entfremdung entgegenzuwirken und das Wissen weiterzugeben, bietet die Umweltbildung 58 verschiedenen Themen in den Bereichen Wald, Garten, Wiese, Bach und Weiher sowie Energie und Klimaschutz an. Die Themen sind je nach Altersklasse aufgeschlüsselt. Außerdem stehen Partnerschaftsprojekte mit französischen Schulen, der Tierclub, außerschulische Workshops sowie Natur-Kindergeburtstage auf dem Programm.

„Bei den Garten-Kursen zum Beispiel lernen die Kinder, woher die Lebensmittel kommen, und wir zeigen gleichzeitig, dass es auch ohne Pestizide geht“, erklärt Schwarze. So werden zum Beispiel Kartoffeln gezogen und zum Abschluss gemeinsam gegessen. „Die Kinder lernen dabei, dass die Arbeit auch ein Teil davon ist“, so der Diplom-Biologe.

Schwarze ist froh darüber, dass die Umweltbildung für die Kurse das LGS-Gelände nutzen kann. Vor allem das Sundgauhaus sei für die Arbeit mit den Schulklassen und den Kindergarten-Gruppen ideal, da dieses neben den landwirtschaftlichen Feldern liegt. „Die Kinder haben so einen direkten Vergleich zu dem, was sie im kleinen bauen“, erklärt Schwarze.

Es sind kleine Erlebnisse, die Schwarze den Antrieb für seine Arbeit geben. „So erinnere ich mich an ein Mädchen, das einmal vor dem Lindenbaum am Sundgauhaus ehrfürchtig stand und dann bewegt sagte: ,Mit 15 Jahren habe ich meinen ersten Baum gepflanzt.’“ Sie hatte wohl in dem Moment realisiert, wobei sie gerade im Rahmen des Kurses mitgeholfen hatte. „Dieses Erlebnis des Mädchens zeigt, wie wichtig unsere Arbeit ist.“

Von den Lehrern bekomme der 58-Jährige öfters die Rückmeldung, dass sich ihre Schützlinge im Klassenzimmer anders verhalten als in der Natur. „Es freut uns sehr, dass wir die Kinder herauslocken können.“ Hinzu komme, dass die Kinder eine Beziehung zu dem Ort aufbauen und ihn daher schützen wollen.

Bis vor gut zwei Jahren hatte Schwarze noch die Kurse Wasser und Wald geleitet. „Ich habe knapp 25 Jahre lang Führungen gemacht. Das reicht. Jetzt dürfen gerne die Jungen ran“, sagt er. Außerdem sei er beruflich in Basel gebunden, da er dort als Geschäftsführer von „Pro Natura Basel“ tätig ist.

Über 280 Gruppen besuchen die Kurse

Vier Jahre nach der Gründung des Truz (1999) hatte der Fachbereich Umweltbildung begonnen, Kurse für Kinder anzubieten: Energie und Klimaschutz, Blütenbrot und Blumenpflaster sowie Wassertiere aus dem Weiher. Allein bei der Landesgartenschau „Grün ’99“ in Weil am Rhein hatte der Fachbereich 110 Kurse innerhalb eines halben Jahres veranstaltet.

Mittlerweile kann die Umweltbildung gut 280 Gruppenbesuche in Weil am Rhein und am Nebenstandort Rheinfelden verzeichnen (Stand 2018/2019). 20 Kursleiterinnen stehen dem Fachbereich dabei zur Verfügung. Vor allem Grund- und Primärschüler nehmen an den Kursen teil, aber auch vermehrt Kindergartenkinder. Besonders beliebt sind Kurse zum Bach und Wald. „Wir schöpfen aus einem großen Pool, da unsere Mitarbeiterinnen aus unterschiedlichen Bereichen kommen. So haben wir eine Chemikerin, Försterin, Künstlerin und Gärtnerin unter ihnen. Eindrittel von ihnen haben sich auch pädagogisch weitergebildet.“

 Weitere Infos unter https://www.truz-umweltbildung.org/d/Umweltbildung.html

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading