Weil am Rhein Bilder, die unter die Haut gehen

Elisabeth Schröder
Blick in die Ausstellung mit Werken von Nicolas Barrera im ersten Stock des Museums am Lindenplatz Foto: Elisabeth Schröder

Mit einer emotional bewegenden Vernissage ist im Museum am Lindenplatz die Ausstellung „Nie wieder! Zwei Schicksale im Nationalsozialismus – Nicolas Barrera und Georg Elser“ eröffnet worden. Zahlreiche Besucher waren der Einladung gefolgt.

Stellvertretend für viele Opfer und Lebensschicksale der NS-Schreckensherrschaft, ist sie zwei Menschen der Region beziehungsweise Baden-Württembergs gewidmet, die der Verfolgung und dem immensen Leid des Regimes ausgesetzt waren.

Oberbürgermeister Wolfgang Dietz würdigte Inken Drozd – Barreras Witwe – als wichtige Zeitzeugin, die wesentlich zur Ausstellung beigetragen hat, und nannte es einen außerordentlichen Glücksfall, dass sie in ihrem Alter noch so mobil ist, der Eröffnung persönlich beiwohnen zu können. Kulturamtsleiter Peter Spörrer dankte ihr, dass sie im vergangenen Jahr mit den Zeichnungen zu ihm gekommen war, um sie letztendlich im Museum zeigen zu können. Museumsleiterin und Kuratorin Barbara Brutscher erarbeitete dann in engem Austausch mit Drozd die Ausstellung.

Erstmals öffentlich zu sehen

Dietz erinnert daran, dass die geheime bildnerische Dokumentation des Erlebten bei einer Entdeckung das sichere Todesurteil bedeutet hätte und sich der Künstler damit in größte Gefahr begeben hat. Die erhaltenen Zeichnungen sind seltene bildnerische Originaldokumente aus der Zeit, die in der Ausstellung erstmals öffentlich zu sehen sind.

Nicolas Barrera, der 1919 in der Ukraine als Nicolai Drozd geboren wurde, geriet 1943 als Offizier in Deutschland in Gefangenschaft. Er wurde ins Konzentrationslager Leipzig-Thekla gebracht. Mit etwa 24 Jahren erlebte er dort den KZ-Arbeitslageralltag. Seine kleinen Zeichnungen in den Vitrinen ergreifen und gehen unter die Haut. Sie zeigen die ausgemergelten Menschen, Stacheldraht, Verzweiflung, Grausamkeiten und Tod.

Inken Drozd, die Witwe Nicolas Barreras (2.v.l.), spricht an der Vernissage, daneben (von links) OB Wolfgang Dietz, Museumsleiterin Barbara Brutscher und Kulturamtsleiter Peter Spörrer Foto: Elisabeth Schröder

Bewegend ist auch die Geschichte der Bilder, denn Inken Drozd fand die Bilder beim Aufräumen im gemeinsamen Haus in der Camargue. „Ich habe sie vor mir selbst versteckt“, sagte Barrera, als er seine weinende Frau mit den Bildern erblickte. Er überließ schließlich ihr die Entscheidung darüber, was mit ihnen passieren sollte.

Auch Farbenfrohes

Brutscher charakterisierte Barrera als Überlebenskünstler, dem mit viel Glück, einer List und mithilfe von Steigeisen, die ein anderer vergessen hatte, die Flucht aus dem KZ gelang. Er kam dann zu den Amerikanern und arbeitete als Korrespondent für sie. In den 1970er-Jahren gelangte er schließlich nach Weil am Rhein.

Die Ausstellung soll jedoch nicht nur traurig machen, weshalb zusätzlich zu den Zeichnungen spätere farbenfrohe Gemälde mit Motiven aus Weil und der Region kombiniert wurden. Sie zeigen, das es immer ein Danach gibt – im Falle Barreras sogar ein äußerst kraftvolles.

Ein großes Ziel gehabt

Die Wanderausstellung zum Hitler-Attentäter Georg Elser macht ebenfalls aktuell Station in der 3-Länder-Stadt und ist im Erdgeschoss des Museums zu sehen. Es war der 8. November 1939: An jenem Tag hielt Adolf Hitler zum Jahrestag des Hitlerputsches eine Rede im Münchner Bürgerbräukeller. Das Wetter war allerdings schlecht, so dass Hitlers Rede nach vorne verschoben wurde und er den Raum bereits verlassen hatte, als die Bombe explodierte.

Der aus dem württembergischen Hermaringen stammende Georg Elser hatte das Attentat schon 1938 geplant, denn wie es im Titelzitat der Ausstellung heißt, hatte er ein großes Ziel: „Ich habe den Krieg verhindern wollen“. Um sein Vorhaben zu realisieren, hatte er sich mehrfach abends im Gebäude des Bürgerbräukellers in München einschließen lassen und die Bombe in einer Säule nahe dem Rednerpult eingebaut. Seinen Mut musste Elser teuer bezahlen. Kurz vor Kriegsende wurde er auf Befehl Hitlers im KZ Dachau am 9. April 1945 erschossen.

Spörrer machte deutlich, dass sich die Zustände, die in der Ausstellung gezeigt werden, nicht wiederholen dürfen – wie schon der Titel sagt: „Nie wieder“. Er appellierte, bei der nächsten politischen Wahl weise zu wählen.

Die Ausstellung ist bis zum 21. Juli samstags von 15 bis 18 Uhr sowie sonn- und feiertags von 14 bis 18 Uhr zugänglich.

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