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Weil am Rhein Chöre glänzen mit Tango-Messe

Susanna Wipf Fischer
Der Chor überzeugte mit homogenem Klang, das Ensemble mit einfühlsamer Begleitung. Foto: Susanna Wipf Fischer

Mit dem Konzert am Samstag in der evangelischen Kirche Alt-Weil gelang dem gesamten Ensemble unter der souveränen Leitung von Karl Gehweiler eine Meisterleistung.

Der magische Moment nach dem letzten, verklungenen Akkord des Agnus Deis, „Dona Nobis Pacem“ leitete über zu frenetischem Applaus der Zuhörenden der voll besetzten Kirche.

Das Wagnis ist gelungen

Es war ein großes Wagnis des Dirigenten Karl Gehweiler, diese mittlerweile sehr bekannte Tango Messe des argentinischen Komponisten Martin Palmeri mit den beiden Chören „Voice in Motion“ (Gesangsverein Weil) und dem Gospelchor Rheinfelden einzustudieren. Sie haben diese Herausforderung meisterlich bestritten. Ein dickes, großes „Bravo“ gilt der außerordentlichen Leistung der Chöre.

Weiter zeitlicher und musikalischer Bogen

Gehweiler schlug mit der Idee der zwei Solostücke zu Beginn des Konzertes, „Oblivion“ von Astor Piazzolla, wunderbar interpretiert von der Pianistin Gergana Schneider und der zweiten Partita in d-moll von Johann Sebastian Bach mit großer Professionalität gespielt von der Violinistin Valeria Gleim, einen weiten zeitlichen und musikalischen Bogen. Mit den Tango-Nuevo-Klängen von „Oblivion“ wurden die Zuhörenden eingestimmt in die argentinische Musik, und das grandiose Werk von Bach vollendete sozusagen den Bogen zur Zeitlosigkeit.

Martín Palmeri wurde am 19. Juli 1965 als Kind einer Europäischen Einwandererfamilie in Buenos Aires geboren. „Misatango“ ist Palmeris bekanntestes Werk, und er vollendete es mit 30 Jahren. Er vereint sakralen Duktus mit typischen Klängen des Tango Argentino und vor allem des Tango Nuevo, inspiriert von Astor Piazzolla. Der Chor folgt dem klassischen Aufbau der katholischen Liturgie und in die vertrauten Klänge vom Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei mischen sich die magischen, rhythmischen, sehnsuchtsvollen argentinischen Tango Klänge.

Klavier, Bandoneon, Mandoline, E-Bass

Zuhörer, die bei Messemusik Orgelbegleitung und klassischen Streichersatz erwartet hatten, wurden überrascht durch temperamentvolle Klavierpartien, Bandoneon, Violine, Mandoline, E-Bass, Saxophon und Schlagzeug. Wer dachte, dass Tango nicht zum lateinischen Messetext passt, wurde eines Besseren belehrt und daran erinnert, dass Tango ursprünglich die Musik von Menschen in Einsamkeit und existenzieller Not war – Tango, der traurige Gedanke, den man tanzte.

Solistischen Glanz verliehen der Aufführung die Sopranistin Michaela Hauke, Wolfgang Weniger am Bandoneon, Gergana Schneider am Piano und Valeria Gleim an der Violine.

Ensemble begleitet einfühlsam

Ein besonderes Lob gebührt dem E-Bass, gespielt von Ulrich Senf, sowie dem dezenten, aber immer äußerst präsenten Schlagzeuger Andreas Glanz. Mit Einfühlsamkeit begleitete das Ensemble die beiden Chöre. Dass Tenöre in fast jedem Chor Mangelware sind, wurde hier mithilfe einer jungen Tenor-Saxophonsolistin, Paula Heitz, entschärft, welche alle Tenorpartien mitspielte. Die Solistin Michaela Hauke sang mit feiner, schön artikulierter Stimme, allerdings ist diese Gesangspartie einem Mezzosopran mit mehr Tiefe und Stärke zugedacht. Ein Lob der Sängerin, welche der Partie dennoch ein besonderes, zartes Flair verlieh.

Homogener Klang der Chöre

Die Zuhörer genossen den homogenen Klang der Chöre und deren spürbare Begeisterung für diese schlichte und doch so kraftvolle Musik.

Fast schulbuchmäßig begann die Messe mit dem fugenähnlichen Kyrie und endet ebenfalls fugenartig mit dem Agnus Dei und dem Dona Nobis Pacem in wunderbarer Stille und Ehrfurcht. Einen Frieden, den man nach diesem musikalischen Genuss gerne in den lauwarmen Frühlingsabend heraustrug.

Paraderolle für das Bandoneon

Eine besondere Bedeutung in der Tangomusik erfährt das Bandoneon. Dieses Instrument stammt ursprünglich aus Deutschland. Es wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Krefelder Musiklehrer Heinrich Band entwickelt. Sein Verdienst war es, den Tonumfang der damals gebräuchlichen, „Konzertina“ genannten, Instrumente erheblich zu erweitern. Das nach ihm benannte Bandoneon wurde in ganz Deutschland bekannt und geschätzt. Band verbesserte den Tonumfang von 106 auf 112, dann auf 128 und zuletzt auf 130 Töne.

Dem Solisten auf den Leib geschrieben

Die Tasten sind wechseltönig, was bedeutet, dass beim Auseinanderziehen und Zusammendrücken unterschiedliche Töne erzeugt werden. Das Bandoneon verlor etwas an Popularität in Deutschland, jedoch hat es sich durch den Tango Nuevo und dessen Beliebtheit wieder etabliert. Aus der argentinischen Musik ist das Bandoneon kaum wegzudenken. Dem Bandoneonisten des Konzertes, Wolfgang Weniger, ist diese Messe sozusagen auf den Leib geschrieben. Er hat sie mit Palmeri am Klavier in vielen Städten Europas aufgeführt und es ist eine Ehre, dass der gebürtige Weiler hier den Solopart übernehmen konnte.

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