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Weil am Rhein Das Sprachrohr mit passendem Ton

Weiler Zeitung
Bundespolizeisprecher Helmut Mutter geht in Pension. Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Porträt: Bundespolizei-Sprecher Helmut Mutter geht in Pension / Vielfältige Tätigkeit im Wandel der Zeit

Die Verständlichkeit der Botschaft auch in weiterer Entfernung des Hörers vom Sprecher entfernt verbessern: Das ist die Definition eines Sprachrohrs. Diese Aufgabe hat Helmut Mutter für die Bundespolizei Weil am Rhein rund zwei Jahrzehnte lang übernommen.

Von Marco Fraune

Weil am Rhein. Die Ausbreitung der „Schallwellen“ der Sicherheits-Behörde müssen nun andere Kollegen übernehmen. „Ich bin einer der Methusalems“, sagt der Polizeihauptkommissar zum Abschied. Viele andere Pressesprecher der Bundespolizei hätten schnell gemerkt, dass die Kommunikation mit der Presse nicht ihr Ding ist oder hatten irgendwann genug. Helmut Mutter tauscht jetzt erst, altersbedingt, den Polizeiwagen gegen einen Campingbus ein.

Ein gelassener Typ, der das Hobby Schreiben durch ein wenig Zufall zum Beruf gemacht hat, sitzt mit seinen 61 Jahren dort, wo seine Nachrichten auch gelandet sind: in der Redaktion der Weiler Zeitung. „Ich habe es immer gerne gemacht“, erzählt der bis vor wenigen Jahren in Weil am Rhein wohnende Bundespolizei-Sprecher, der nun in Egringen in einem Neubau lebt. „Aus einer kurzen Zeit sind 21 Jahre geworden“, blickt er im Gespräch zurück auf viele Erlebnisse und Ereignisse an der Grenze und auf den Bahn-Strecken, für welche die Bundespolizei zuständig ist, genauso wie für Flughäfen in der Republik.

Katastrophe entgangen

Betroffener und Sprecher: Einmal hat der heute 61-Jährige dies hautnah erlebt. Am 1. April 2004 saß Mutter im ICE 271 in Richtung Basel. Am Rheinknie angekommen, zeugten die kräftigen Kratzer am Zug vom Unfall. Dass er ebenso wie die Mitreisenden einer Katastrophe nur knapp entgangen ist, wurde ihm danach erst richtig bewusst.

Denn in Höhe Istein war ein Trecker den Hang hinab gestürzt und dort von dem in Richtung Dortmund fahrenden ICE 600 bei Tempo 80 erfasst worden. Links aus den Schienen gesprungen, touchierte der Schnellzug den ICE, in dem Mutter saß. „Keine Toten und keine Schwerverletzten“, konnte der Polizeisprecher später vermelden – wobei Mutter überlegen muss, ob er damals schon ein Dienst-Handy hatte.

Schließlich wurde die Presselandschaft damals noch mit Fax bedingt, mit 60 Adressaten. Heute geht es online und mit doppelt so vielen Empfängern. Die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahrzehnten verliefen auch für den Bundespolizei-Sprecher rasant. 1997 noch in der Sonderkommission tätig, die sich angesichts von zahlreichen ins Land kommenden Irakern um die Schleuser-Bekämpfung in Rheinfelden und Umgebung kümmerte, folgte 1998 die Frage des Grenzschutz-Chefs, ob er nicht das Hobby zum Beruf machen wolle, das Schreiben, was Mutter bereits in jungen Jahren für Zeitungen erledigt hatte.

Viele Überstunden

Es folgte eine Zeit, in der er vom Amt Weil aus von Kon-stanz bis nach Offenburg das einzige hauptamtliche Sprachrohr für die Tätigkeit von mehr als 1000 Mitarbeitern war. Folge: In den nächsten Jahren sammelte der Pressesprecher nicht nur viele Erfahrungen mit der schreibenden Zunft, den Radio-Leuten und den TV-Journalisten, sondern auch Überstunden, bis in den vierstelligen Bereich hinein.

Gutes Verhältnis zur Presse

Die Schreibmaschine wurde durch den Computer ersetzt. Gab es früher noch Zeit, Korrekturen per Fax nachzuschicken, ist die Pressemitteilung mittlerweile kurze Zeit später auf den Internet-Seiten. „Wenn es draußen ist, ist es draußen. Alles ist viel schnelllebiger.“

Auf die Journalisten schimpfen, das ist aber nicht die Sache des scheidenden Bundespolizei-Sprechers. „Ich habe immer ein gutes und offenes Verhältnis zur Presse gepflegt.“ Eher sei es dazu gekommen, dass der Dienstherr mahnte, er solle das Herz nicht auf der Zunge tragen. Doch für ihn ist wichtig: „Die Presse ist Teil des öffentlichen Lebens.“ Seine Behörde sei auskunftspflichtig, nur aus ermittlungstaktischen Gründen dürften Informationen manchmal nicht nach außen dringen.

Vielschichtige Tätigkeit

Das Aufgabenfeld eines Bundespolizei-Sprechers ist vielschichtig. Zu Beginn war Mutter mit der Nachwuchswerbung mit betraut, später nicht mehr. In all den Jahren kamen immer wieder Abgeordnete, die sich vor Ort informieren wollten, aber auch um die Organisation von Konzerten kümmerte sich der 61-Jährige. Seit 20 Jahren werden mit Benefizveranstaltungen wichtige heimische Anliegen unterstützt. „Wir haben immer versucht, uns örtlich-sozial zu engagieren.“

Als einen Höhepunkt der Arbeit beschreibt der baldige Pensionär die Landesgartenschau 1999 in Weil. Zum ersten Mal sei grenzüberschreitend hier mit der Bundes- und Landespolizei auch die Kantonspolizei von Basel-Stadt und Basel-Land oder auch die französische Gendarmerie mit eingebunden gewesen. Die GSG 9 kam zudem vom Himmel herab. Mit den Erfahrungen ausgestattet, folgte die Mitwirkung bei der grenzüberschreitenden Landesgartenschau in Offenburg im Jahr 2000 sowie der in Singen im Jahr 2004. Kollegen schmunzelten schon ob der Landesgartenschau-Expertise.

Ärger wegen Kontrollen

2004 war aber auch das Jahr als der Kontrollstandard über zwei Wochen erhöht wurde, also noch vor dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Abkommen. Lange Staus, verärgerte Pendler und angespuckte Zöllner: „Das war ein Erlebnis, das brauche ich nicht jedes Jahr“, sagt Mutter rückblickend. Denn die Aktion musste der Presse vom Sprachrohr der Bundespolizei erklärt werden.

Fast zur Routine gehören für den Pressesprecher hingegen die zahllosen Gefahrgutaustritte auf dem Weiler Umschlagbahnhof. „Zum Glück ist nie etwas Größeres passiert.“

Viele Flüchtlinge kommen

Mit einigen Jahren Abstand sieht Mutter auch die hohe Zahl der im Jahr 2015 in Weil und in anderen Grenzstädten ankommenden Flüchtlinge. In Otterbach, Friedlingen oder auch in den Zügen aus Richtung Süden tauchten sie auf. „Die Arbeit hat uns monatelang beschäftigt“, weiß Mutter um das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, was durch die Medien gestillt wurde. Viel zu tun für das Sprachrohr.

Tochter leitet Revier

Nach mehr als vier Jahrzehnten bei der Polizei freut sich der Pressesprecher auf die Pension. Schließlich wurde er schon 1975 bei der ehemaligen Bahnpolizei angestellt, zwischen 1979 bis 1984 war er bei der Weiler Bundespolizeidienststelle tätig, um dann ab 1984 in Freiburg beim Bahnfahndungsdienst zu arbeiten, wobei er weiter in Weil wohnte. Es folgte 1992 die Bahnprivatisierung und damit auch die Übergabe der bahnpolizeilichen Aufgaben zum Bundesgrenzschutz, bei dem Mutter dann tätig war, bevor es zwischen 1992 und 1997 in den Ermittlungsdienst ging. „Ich habe für den Beruf gelebt.“

Dass seine Tochter Kathrin Mutter seine Polizei-DNA hat, den Aufstieg vom mittleren in den höheren Dienst vollzog und in Weil die Revierleitung ausfüllt, macht Helmut Mutter stolz. „Ich habe sie darin bestärkt.“

Nun, und was steht außer Campingreisen noch an? Der Kauf einer Drehorgel ist ein lang gehegter Wunsch. „Das habe ich noch im Hinterkopf.“ Auch diese Töne würden dann in weiterer Entfernung gehört werden, womit das Sprachrohr nicht ganz verstummt, nur eben anders.

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