Weil am Rhein „Der Haushalt ist überstrapaziert“

Ingmar Lorenz
Bei den städtischen Finanzen gibt es ein strukturelles Problem, das immer deutlicher zu Tage tritt. Foto: Pixabay

Gemeinderat I: Stadt muss sich auf Pflichtaufgaben konzentrieren / Mehr kommunale Selbstbestimmung gefordert

Weil am Rhein - Dass der Blick auf den Haushalt 2023 der Stadtverwaltung keine Freudentränen in die Augen treibt, war in den vergangenen Monaten bereits deutlich geworden. In seiner Haushaltsrede unterstrich OB Wolfgang Dietz in der Gemeinderatssitzung nun, wie angespannt die Lage ist. Dabei sparte Dietz nicht mit Kritik an übergeordneten politischen Stellen bei Bund und Land.

Nationale und globale Herausforderungen schlagen sich auf die finanzielle Situation der Stadt Weil am Rhein nieder, legte Dietz dar. Der Blick auf die Finanzlage sei geprägt von Ungewissheit, Unsicherheiten und Befürchtungen. Der Krieg in der Ukraine und die Energiekrise sowie die hohe Inflation, aber auch die Auswirkungen der Corona-Krise und der demographische Wandel werden immer stärker spürbar. Selbst mit umfassenden Sparmaßnahmen können die Steigerungen der Energiepreise nicht aufgefangen werden, erklärte Dietz, der in diesem Bereich mit konkreten Mehrkosten von etwa 1,6 Millionen Euro rechnet.

Kommune wird immer mehr zum „Spielball“

Der Haushalt 2023 wird im ordentlichen Ergebnis ein Defizit aufweisen (siehe Info-Kasten). Dieses kann zwar durch den Verkauf von Grundstücken abgedämpft werden, in den kommenden Jahren wird dies aber nicht mehr möglich sein, da die Grundstücke eben nicht jedes Jahr aufs neue verkauft werden können. Es gebe ein strukturelles Problem, das der OB auf einen einfachen Nenner brachte: Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen. Dietz: „Der Haushalt ist unterfinanziert oder überstrapaziert – Sie können es sich aussuchen.“

Besonders dramatisch sei vor diesem Hintergrund, dass die Kommunen zunehmen eine Art „Spielball“ übergeordneter politischer Ebenen, namentlich des Landes und des Bundes, würden. Die der Stadt von den dortigen Stellen auferlegten Aufgaben übersteigen die selbstgestellten inzwischen bei Weitem, so der Oberbürgermeister. Die Kommunen seien gezwungen, sich immer weiter von der Selbstverwaltung hin zu einer kommunalen Staats- und Auftragsverwaltung zu bewegen.

In der Konsequenz führe dieser Trend dazu, dass sich die Stadt in den kommenden Jahren in erster Linie auf ihre Pflichtaufgaben beschränken müsse. Dazu gehöre auch, bereits begonnene Projekte jetzt konsequent zu Ende zu führen. Dietz nannte unter anderem die Brandschutzsanierung am Kant-Gymnasium, die Heldelinger Unterführung, die Güterstraßenbrücke und die Umgestaltung der Müllheimer Straße. Neue Projekte werden sich auf Brandschutzmaßnahmen, die Digitalisierung und die energetische Sanierung beschränken müssen. Zugleich sei es aber nötig, auch Mittel für die Planung künftiger Projekte bereit zu stellen, etwa für die Festhalle Haltingen und die Feuerwache Nord sowie für die baulichen Veränderungen an der Gemeinschaftsschule.

Darüber hinaus werde auch die Feuerwehr weiterhin mit neuen Geräten ausgestattet, denn sie leiste einen unschätzbaren Dienst für die Sicherheit in der Stadt, betonte der OB.

Stadt rechnet mit höherer Verschuldung

Das von Dietz skizzierte strukturelle Problem sorgt zugleich dafür, dass die mittelfristige Finanzplanung alles andere als rosig ist. Die Schulden, welche die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten mit großen Anstrengungen koninuierlich abgebaut hat, werden aller Voraussicht nach wieder steigen – und zwar rasant. Bereits für 2023 müsse mit einer Kreditaufnahme von rund vier Millionen Euro gerechnet werden.

„Anspruchsdenken, Leistungsversprechen und reale Möglichkeiten sind aus der Balance geraten“, legte Dietz abschließend dar. „Sie müssen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden.“

Im ordentlichen Ergebnis ist mit einem Defizit von rund 4,7 Millionen Euro zu rechnen. Ohne den Verkauf von Grundstücken würde es bei mehr als acht Millionen Euro liegen. Die liquiden Mittel zum Jahresende, die 2022 noch mehr als 20 Millionen Euro betrugen, werden fast vollständig aufgezehrt.

Der Schuldenstand droht bei einer anhaltenden Entwicklung bis 2025 auf einen Rekordwert von 25 Millionen Euro anzuwachsen.

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