Weil am Rhein Der Kampf um eine Bleibe

Marco Fraune
Das Ziel ist, dass die Menschen nicht auf der Straße schlafen müssen. Foto: sba

Hilfe: Fachstelle Wohnungssicherung und Ortspolizeibehörde sind in der Not gefragt

Weil am Rhein - Die Fachstelle Wohnungssicherung hat im vergangenen Jahr gleich mehrfach dafür sorgen können, dass Menschen nicht auf der Straße landen. Wer hingegen einmal in einer Obdachlosenunterkunft gelandet ist, muss wegen fehlender Alternativen dort länger auf eine neue Bleibe warten als gehofft – über ein halbes Jahr. Der Knackpunkt bleibt in Weil am Rhein der bezahlbare Wohnraum.

Welche Folgen die Corona-Krise auf die Wohnungssicherung hat, ist im Jahresbericht der Fachstelle für 2020 noch nicht in vollem Umfang ersichtlich. Als „noch verhalten“ beschrieb Rechts- und Ordnungsamtsleiterin Ellen Nonnenmacher die Auswirkungen auf die Zahl der Wohnungsverluste. Entsprechende Befürchtungen äußerte Claus Weibezahl (CDU). „Die Leute mussten überlegen, wie sie die Miete stemmen“, warf Nonnenmacher ein Schlaglicht auf die Situation. So seien mehr Anträge bei der Wohngeldstelle eingegangen.

Auf die bewährten Strukturen setzt OB Wolfgang Dietz. So gebe es keine Pläne, selbst eine Obdachlosenunterkunft zu bauen, sondern man setze auf die Zusammenarbeit mit dem Erich-Reisch-Haus in Lörrach, mit dem man gut zusammenarbeite. „Alles andere wäre ein deutlicher Sprung.“ Solange Weil damit gut zurechtkomme, soll es auch so bleiben. „Der Standort der Wärmestube ist ein guter“, findet Dietz zudem. Die Umgebung und die Einrichtung der Wohnungslosenhilfe hätten sich gut arrangiert. Diese werde auch vom Ehrenamt unterstützt, lobte das Stadtoberhaupt.

In akuten Fällen kommt es aber auch vor, dass von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen in Weil am Rhein zeitweise ein neues Dach über den Kopf bekommen, worum sich die Ortspolizeibehörde kümmert. Denn im Winter kommt das Erich-Reisch-Haus an seine Kapazitätsgrenzen und bei Familien ergebe sich eine „neue Komplexität“, wie es Nonnenmacher ausdrückte.

Schnelle Lösungen wichtig

Zuletzt kamen Menschen in temporären Obdachlosenunterkünften an der Blauenstraße unter. Mit der städtischen Wohnbau gibt es außerdem die Vereinbarung, Wohnungen anzumieten, wie zuletzt an der Hardtstraße der Fall. Die Stadt will aber nicht über Monate Leerstände bezahlen, wobei eine Vorausplanung auch schwierig sei. Die Polizeiabteilung stehe hier vor einer entsprechenden Herausforderung, erklärte die Rechts- und Ordnungsamtsleiterin.

Der Bericht der Fachstelle zeigte aber auf, dass die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ein drängendes Thema bleibt, wie Ulrike Fröhlich (Grüne) betonte. „Wohnungsbau zu fördern, ist wichtig“, ergänzte Matthias Dirrigl (SPD). Die Realität sei aber, dass Bauinteressenten die Rendite im Blick haben und die vom Wohnungsverlust bedrohten Mieter nicht deren Zielgruppe seien. Nur über Verlagerungen, also wenn ein Mieter in eine bessere Wohnung zieht, könne sich eventuell etwas verändern. „Wir müssen darauf achten, dass niemand in Obdachlosigkeit fällt. Das ist die Polizeiaufgabe der Stadt“, unterstrich der OB die Ausrichtung des Wirkens.

Ziel der Fachstelle ist es nach Eigenanspruch, gefährdeten Wohnraum in der Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu sichern (siehe nebenstehender Bericht).

Weil am Rhein (mcf). Acht Erwachsene und 13 Kinder mussten im vergangenen Jahr in eine Obdachlosenunterkunft der Stadt Weil am Rhein eingewiesen werden. Die erforderlichen Obdachlosenunterbringungen werden durch die Ortspolizeiabteilung vorgenommen.

Zwar wurden laut Schilderungen von Rechts- und Ordnungsamtsleiterin Ellen Nonnenmacher einige Zwangsräumungen aufgrund der Corona-Pandemie vorerst ausgesetzt, „allerdings bewirkte dies keine langfristige Lösung der Probleme“. Vielmehr verdichtete sich die Notwendigkeit der Obdachlosenunterbringung, als die Zwangsräumungen wieder aufgegriffen wurden.

Ziel der Fachstelle Wohnungssicherung ist es, gefährdeten Wohnraum in der Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu sichern. Die Kontaktaufnahme erfolgt sowohl durch die Fachstelle als auch durch Betroffne selbst. So kann diese bereits durch das Amtsgericht oder den Gerichtsvollzieher über die Wohnungskündigung informierten. Idealerweise soll so der Verlust des aktuellen Wohnraums noch vermieden werden.

Die Fachstelle hat im vergangenen Jahr 63 Haushalte erreicht, sechs weniger als im Vorjahr. Bei 39 Haushalten wurden die Beratungen abgeschlossen, und es konnte ein Beratungsergebnis ermittelt werden, heißt es im Jahresbericht. „Bezogen auf diese Gruppe konnte bei 66,7 Prozent (85,7 Prozent) der Haushalte effektiv geholfen und Obdachlosigkeit verhindert werden.“ Bei sieben Haushalten kam es zur ordnungsrechtlichen Unterbringung.

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