Weil am Rhein Deutsch-Lernzentrum als kleine Schule in sich

Saskia Scherer
Das Deutsch-Lernzentrum befindet sich in den früheren Räumen der Sprachheilschule. Foto: Saskia Scherer

Im dritten Jahr betreiben die Gemeinschaftsschule und die Realschule Dreiländereck das Deutsch-Lernzentrum. Derzeit werden dort 80 Kinder unterrichtet. Es hat sich viel entwickelt – aber es gibt auch einige Herausforderungen zu bewältigen.

Etwas versteckt liegt das Deutsch-Lernzentrum direkt neben der Realschule, in den früheren Räumen der Sprachheilschule. In drei großen Gruppen lernen die Schüler dort Deutsch, berichtet Gemeinschaftsschulleiter Burkhard Keller im Gespräch mit unserer Zeitung. Es werde aber differenziert – je nachdem, auf welchem Sprachniveau sie sich befinden. Die meisten hätten zu Beginn keinerlei Kenntnisse. Das Besondere sei, dass die Schüler unterschiedlich unterstützt werden können, ergänzt Fachschaftsleiterin Iris Räuber-Chausset. „Manche müssen erst einmal alphabetisiert werden.“ Deutsch lernen steht im Mittelpunkt. Zwar wird auch etwas Mathematik unterrichtet, aber dabei liegt der Fokus ebenfalls auf der Sprache.

Die Hälfte aus der Ukraine

Die Hälfte der 80 Schüler stammt aus der Ukraine, die andere Hälfte aus vielen unterschiedlichen Nationen wie dem Kosovo, Albanien, Indien, Türkei, Syrien, Rumänien, Mazedonien, Bosnien, Italien und Tunesien. Sie sind zwischen zehn und 16 Jahre alt. Drei Viertel sind an der Gemeinschaftsschule angemeldet, ein Viertel an der Realschule. Es herrscht laut Keller ein stetiger Wechsel: „Manche gehen zurück in ihr Heimatland, andere wechseln in Regelklassen.“

Gelernt werde „mit allen Sinnen“, wie Räuber-Chausset sagt, „durch Bilder, Hören und in der Natur.“ Es gelte, Wörter immer wieder zu wiederholen, bis sich das Wissen festigt. Dazu kommen außerschulische Aktivitäten wie eine Stadtrallye, ein Besuch im Jugendzentrum, Bus fahren oder eine Kletter-AG. Außerdem wurde neben dem Gebäude ein kleines Beet angelegt, das Schüler selbst bepflanzt haben. Auch dabei lernen sie neue Begriffe.

Wenn die Schüler schon eine Weile das Deutsch-Lernzentrum besuchen, werden sie in weitere Gruppen eingeteilt, die ihrem Sprachniveau entsprechen, erläutert Räuber-Chausset. Und im sogenannten Stammklassen-System schnuppern sie einen Tag pro Woche in Regelklassen hinein. Dabei gibt es seit einigen Wochen auch eine Kooperation mit dem Kant-Gymnasium.

In Fächer reinschnuppern

Neben den „Fachsprachen“ sollen die Schüler die Fächer an sich kennenlernen, erste Kontakte mit späteren Mitschülern knüpfen und den Normalbetrieb erleben, erklärt die Fachschaftsleiterin. Viele Schüler besuchen das Deutsch-Lernzentrum rund eineinhalb Jahre. „Generell sollten sie nach zwei Jahren in die Regelklassen wechseln. Das Ziel ist der Schulabschluss“, betont Räuber-Chausset.

Das mache die individuelle Gestaltung noch wichtiger, meint Keller. „Die Heterogenität ist riesengroß.“ Ebenso, wie Schüler dabei sind, die später aufs Gymnasium gehen können, gibt es auch „wirklich lernschwache Schüler“, die nicht einfach die Regelklassen besuchen können. Dies zu beurteilen, sei aber nicht immer einfach.

Großer Zulauf

Der Zulauf ist groß, es gibt auch Wartelisten, berichtet Keller weiter. Das sorge natürlich räumlich und personell für Herausforderungen. „Bei uns geht es aber noch – auch, weil die Realschule mit im Boot ist.“ Ein Problem, das alle VKL-Klassen (Vorbereitungsklassen) hätten: „Wir können nicht 30 bis 40 Schüler auf einmal in die Regelklassen überweisen.“ Aufgrund von Lehrermangel könne aber auch nicht einfach eine weitere Klasse eröffnet werden. „Dafür gibt es noch keine Lösungen“, bedauert Keller.

Kurze Wege

Dennoch sei man mit dem Deutsch-Lernzentrum ein Stück weit privilegiert. „Diese Räume hier eignen sich für die individuelle Gestaltung einfach wunderbar.“ Alles sei nah beieinander, was auch für das Team von Vorteil sei. Es sei eine kleine Schule in sich, sagt der Schulleiter.

Zum Team zählt neben den Lehrkräften auch eine eigene Schulsozialarbeiterin: Rebecca Brohm-Laabidi. „Ohne sie wäre es nicht möglich“, findet Keller deutliche Worte. Sie führt unter anderem auch die Erstgespräche für die Anmeldung, lernt Kinder und Familien kennen, erfährt die Hintergründe. „Ich mache alles, was dazu gehört, um gut anzukommen in der Schule und im neuen Land“, fasst es Brohm-Laabidi lachend zusammen. Zudem könne sie Kontakte vermitteln und helfe den Schülern, Anschluss zu finden, auch in Vereinen, lobt die Fachschaftsleiterin. „Die Vernetzung ist sehr hilfreich.“ Außerdem bietet die Schulsozialarbeiterin „Sozialstunden“ an, in denen sich die Kinder besser kennenlernen können.

Es habe sich viel entwickelt, sagt Keller. „Das musste es auch. Aber das System kommt an seine Grenzen.“

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading