Weil am Rhein Die Bürgerinitiative ist am Zug

Ingmar Lorenz
Entlang der Weiler Hauptstraße bleibt vorerst alles, wie es ist. Foto: /Ingmar Lorenz

Nach dem Ausgang des Bürgerentscheids zur Fußgängerzone ist die Enttäuschung bei fast allen Partein groß. Für die weitere Entwicklung der Hauptstraße und der Innenstadt sehen sie jetzt auch die Bürgerinitiative in der Pflicht.

Es sind gleich mehrere politische Baustellen, die sich durch den Ausgang des Bürgerentscheids – vor allem in seiner Deutlichkeit – aufgetan haben, wird in den Gesprächen mit den Fraktionsvorsitzenden deutlich. Bereits am Wahlabend hatten sich Eugen Katzenstein (UFW) und Johannes Foege (SPD) angesichts der klaren Absage an die Fußgängerzone enttäuscht gezeigt.

Katzenstein hatte dabei den Blick bereits nach vorne gerichtet. Man müsse jetzt prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, um den fraglichen Bereich gegebenenfalls mit anderen Mitteln aufwerten zu können, um einer künftigen Abwärtsbewegung entgegenzuwirken. Eine Maßnahme sei gegebenenfalls die unter Denkmalschutz stehende Häuserzeile verstärkt in den Blick zu nehmen. Die Einführung einer Fußgängerzone sei nun aber für die nächsten drei Jahre komplett vom Tisch.

Möglichkeit vertan

Für Johannes Foege (SPD) stellte sich die Frage, wie es hinsichtlich möglicher Investoren im Bereich zwischen Sparkassen- und Schlaufenkreisel weitergehen wird. „Die Möglichkeit, die Abwärtsentwicklung zu stoppen, ist vertan“, so sein Fazit. Der Ausgang der Abstimmung sei ein Schlag gegen die repräsentative Demokratie. Dabei hätte es andere Möglichkeiten gegeben, die noch offenen Fragen zu klären. So sah etwa die SPD-Fraktion die Einführung einer Fußgängerzone weiterhin als richtig an, nicht aber den Zeitpunkt, in der Hauptstraße im betreffenden Bereich künftig unter anderem noch Arbeiten in Sachen Fernwärme und schnelles Internet anstehen. Nun aber gebe es für die weitere Ausarbeitung des Projekts kein Spielraum mehr „und ein Haufen Leute sind frustriert“.

Dass sich in den kommenden Jahren viel am Bild im Bereich der Weiler Hauptstraße ändern wird, sei unwahrscheinlich. „Es fehlt der Wille zu gestalten.“

Initiative muss liefern

In der Stellungnahme der Weiler Grünen heißt es: „Es ist entschieden: Mit satter Mehrheit von über 69 Prozent haben sich die Weilerinnen und Weiler gegen die Fußgängerzone entschieden. Damit bleibt in der Weiler Hauptstraße alles, wie es ist. Das bedeutet Stillstand, vorerst keine weitere Stadtentwicklung im Zentrum. In dieser Klarheit haben wir das tatsächlich nicht erwartet und sind traurig und enttäuscht.“ „WBL“ habe es beim Lörracher Zunftabend jüngst geheißen: „Weil bei Lörrach“ sei das Kennzeichen von Weil. „Also auf nach Lörrach, in Ruhe was trinken, nachdenken, Krone richten und weiter.“

Wie Thomas Bayer am Redaktionstelefon ergänzt, unterstreiche er Foeges Einschätzung bezüglich des Schlags gegen die repräsentative Demokratie. Allerdings betont er, ebenso wie alle anderen von unserer Zeitung befragten Volksvertreter, dass es das Ergebnis des Bürgerentscheids selbstverständlich zu akzeptieren und respektieren gelte. Bayer sieht nun bezüglich der weiteren Entwicklung entlang der Hauptstraße die Bürgerinitiative in der Pflicht. „Diejenigen, die den Gemeinderatsbeschluss konterkariert haben, müssen jetzt liefern.“ Denn etwas zu verhindern sei das eine, eine Stadt in die Zukunft zu führen das andere. Daher müsse die Bürgergerinitiative jetzt klar sagen, was sie will und wie sie sich die Umsetzung ihrer Ziele vorstellt, so Bayer. Es sei seitens der Gegner sehr viel Geld in die öffentliche Kampagne investiert worden, ein ähnliches finanzielles Engagement erwarte er auch bei der Entwicklung der Ideen für die Zukunftsgestaltung.

Parkraum unter der Lupe

Auch für Claus Weibezahl (CDU) ist der Ausgang des Bürgerentscheids enttäuschend – vor allem in dieser Deutlichkeit. Er frage sich etwa, warum sich zum Beispiel in Märkt eine so große Mehrheit gegen die Einführung einer Fußgängerzone in der Innenstadt ausgesprochen hat. Auch interessiere ihn, wie und von wem die Kampagne der Bürgerinitiative finanziert worden sei. Besonders irritiert zeigt sich Weibezahl vom Verlauf der Gespräche im Vorfeld – gerade auch mit den Einzelhändlern. Während zunächst ein Kompromiss gefunden schien, wandelte sich das Stimmungsbild schlagartig gegen die Einführung einer Fußgängerzone.

Mit Blick auf das weitere Vorgehen sei es nun nötig, zügig über ein Konzept zur Parkraumbewirtschaftung entlang der Hauptstraße nachzudenken. Das sei keine Retourkutsche, sondern die logische Konsequenz aus den jüngsten Entwicklungen in Sachen Parkraum in der unmittelbaren Nähe.

Auch wird sich der Rat mit der Diskrepanz zwischen seiner Entscheidung und dem nun zum Ausdruck gekommenen Bürgerwillen beschäftigen müssen.

Das Ohr am Bürger haben

Eben diesen Punkt betont auch Thomas Harms (FDP). Es sei deutlich geworden, dass der Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats nicht dem Willen der Bevölkerung entsprochen habe. Harms macht dafür eine mangelnde Kommunikation zwischen dem Gremium und der Bürgerschaft aus. „Der Gemeinderat sollte das Ohr wieder näher an der Bevölkerung haben“, erklärt der FDP-Stadtrat, der sich stets klar gegen die Einführung einer Fußgängerzone positioniert hat. Er finde es deprimierend, dass sich angesichts der klaren Meinung der Bevölkerung im Vorfeld eine so große Mehrheit im Gemeinderat für die Fußgängerzone ausgesprochen hatte. Die Konsequenz, die aus dem Ergebnis des Bürgerentscheids zu ziehen sei, müsse lauten, dass die Kommunikation im Vorfeld und nicht im Nachgang eines Beschlusses stattfinden sollte. Auch seien die Mitglieder des Gemeinderats angehalten, nicht in erster Linie die eigene Meinung zu vertreten, sondern die der Bevölkerung.

Wie es nun entlang der Hauptstraße weitergehen wird, müsse sich zeigen. Möglichkeiten sieht Harms darin, gegebenenfalls den Bebauungsplan unter die Lupe zu nehmen, oder Gebäude direkt anzukaufen, um die Nutzung so zu steuern. Eines aber sei klar: Alles müsse unter Rücksichtnahme der Konsequenzen erfolgen.

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