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Weil am Rhein Die Powerfrau vom „Chanderli“

Siegfried Feuchter
Jutta Trautwein aus Haltingen ist eine wichtige Stütze des Vereins Kandertalbahn und engagiert sich mit viel Leidenschaft und Einsatz für die Museumsbahn. Foto: Siegfried Feuchter

Portrait: Jutta Trautwein setzt sich mit viel Leidenschaft für die Kandertalbahn und deren Verein ein

Ohne ihren außerordentlich starken Einsatz und ohne ihre Leidenschaft für das „Chanderli“ wäre der Betrieb der Museumsbahn auf der Kandertalstrecke zwischen Haltingen und Kandern kaum denkbar. Was Jutta Trautwein, eine Powerfrau aus Haltingen, die auch in stressigen Situationen stets gelassen bleibt und den Überblick behält, ehrenamtlich leistet, nötigt ihren Mitstreitern im Zweckverband und Verein viel Respekt und Wertschätzung ab. Dabei ist für die 59-Jährige das „Chanderli“ längst nicht alles, aber doch seit Jahrzehnten ein wichtiger Bestandteil in ihrem Leben.

Von Siegfried Feuchter

Weil am Rhein-Haltingen. Jutta Trautwein stammt aus einer Bähnlerfamilie, deren Vater sich schon als Schaffner und Zugführer sowie örtlicher Betriebsleiter für die Kandertalbahn engagierte. „Ich bin mit dem ,Chanderli’ groß geworden und in die Aufgaben reingewachsen“, sagt die agile Frau, die seit ihrem dritten Lebensjahr in Haltingen wohnt. Im Verein Kandertalbahn nimmt sie seit dem Jahr 2000 vielfältige Aufgaben mit viel Herzblut wahr: Sie ist Organisatorin und Marketingchefin, sie kümmert sich um die Fahrpläne und teilt das Personal ein. Außerdem ist sie während der Saison von Mai bis Oktober sonntags am Haltinger Bahnhof anzutreffen. Dort verkauft sie nicht nur Fahrkarten für die Fahrten mit dem Dampflokzug, sondern sichert auch den technisch nicht gesicherten Bahnübergang. 43 Bahnübergänge gibt es auf der 13 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen Haltingen und Kandern, wobei nur fünf davon gesichert sind.

Gute Seele des Vereins

Jutta Trautwein ist Ansprechpartnerin bei Fragen rund um den Museumszugbetrieb. Auch die Sonderfahrten mit Platz für 250 bis 300 Fahrgäste, die bei Geburtstags-, Vereins-, Betriebsfeiern oder Hochzeiten (im „Chanderli“ kann man sich auch trauen lassen) gefragt sind, managt die ausgebildete Reiseverkehrsfrau, die sich nach einem Fernstudium zusätzlich zur Touristkfachfrau hat ausbilden lassen und nach beruflichen Stationen in Reisebüros heute beim Regioverkehrsverbund RVL Lörrach tätig ist. Und sie organisiert Events wie die beliebten Fahrten mit dem „Weinexpress“ oder dem „Whiskyzug“, zudem bereitet sie den jährlichen Flyer mit dem Fahrplan für die historischen Dampfzüge vor. Rundum: Jutta Trautwein, die gute Seele des „Chanderli“, ist bei der Kandertalbahn nicht mehr wegzudenken. Rund 120 Mitglieder zählt der Verein, die Hälfte davon ist aktiv, vor allem auch in der Werkstatt bei Wartung, Reparaturen, Restaurierung und Wiederinbetriebnahme alter Lokomotiven.

Die Haltingerin zählt keine Stunden, die sie für das „Chanderli“ aufbringt. „Es macht mir einfach Spaß“, sagt die Mutter von zwei Söhnen und fügt hinzu: „Zwölf Stunden pro Woche sind es schon, außerhalb der Saison etwas weniger, da die Personaleinteilung wegfällt.“ Dafür nimmt sie noch andere Aufgaben wahr. So organisiert sie die Messeauftritte des Zweckverbands wie zum Beispiel den in Stuttgart bei der Touristikmesse CMT, wobei sie selbst vor Ort ist. Hier hat Trautwein vor einigen Jahren die Initiative ergriffen und einen regelmäßigen Gedankenaustausch unter den Verantwortlichen der 28 noch in Baden-Württemberg existierenden Museumsbahnen angeregt. Die Folge sind jährliche Treffen, die sie organisiert. „Dadurch sind alle Museumsbahnen untereinander vernetzt“, freut sie sich über ihre erfolgreiche Initiative, um über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

Das gute Klima und den Zusammenhalt im Verein fördert die Allrounderin mit der Organisation eines jährlich stattfindenden Helferfests für die Aktiven der Kandertalbahn als kleines Dankeschön für deren ehrenamtlichen Einsatz. Und hin und wieder überrascht sie bei den sonntäglichen Museumsbahnfahrten Lokführer und Zugpersonal mit selbstgebackenem Kuchen.

Unermüdliches Wirken

Wie geschätzt das unermüdliche Wirken von Jutta Trautwein ist, zeigt eine nette Begebenheit, die es im vergangenen Herbst im Rahmen eines Beitrags über das „Chanderli“ auch in das SWR-Landesfernsehen geschafft hat. Denn wann immer bei den sonntäglichen Dampfzugfahrten Frederik Just Lokdienst hat, hält er stets auf freier Strecke zwischen Hammerstein und Wollbach den Zug kurz an, steigt aus, läuft zu einem angrenzenden Blumenfeld und pflückt ein paar Blumen, die er nach der Einfahrt in den Haltinger Bahnhof Jutta Trautwein übergibt. „Das macht er jedes Mal“, freut sie sich über diese nette, außergewöhnliche Geste. Ist die Powerfrau in der Saison zwischen Mai und Oktober mal verhindert, was zwar selten vorkommt, erhält sie familiäre Unterstützung. Sowohl ihr Mann als auch ihr ältester Sohn springen dann ein.

Eine Fahrt mit dem „Chanderli“ ist vor allem für Familien mit Kindern ein Plausch. Wie beliebt die Museumsbahn ist, lässt sich daran ablesen, dass auch gerne Schweizer und Franzosen mit der Dampflok durchs Kandertal rattern. Sogar aus England konnte Jutta Trautwein schon bahnbegeisterte Reisegruppen begrüßen, weshalb sie extra einen Flyer auf Englisch drucken ließ. Die umtriebige Frau ist voller Ideen. So geht sie hin und wieder in Kindergärten und lässt die Kinder Bilder malen, die sie dann bei Fahrten mit dem „Chanderli“ als Fahrkarten nutzen können.

„Es muss immer etwas gehen“, sagt Jutta Trautwein lächelnd, die so lange weitermachen will, wie ihr die vielfältige Aufgabe Spaß macht. Und den hat sie immer noch – trotz schwieriger Corona-Zeit, die eine besondere Herausforderung ist und viel Fingerspitzengefühl erfordert. Sie ist jedenfalls zuversichtlich, dass das „Chanderli“ am 1. Mai planmäßig wieder starten kann.

Wenn sich die Haltingerin mal nicht um die Kandertalbahn kümmert, dann fährt sie zur Entspannung Motorrad und reist sehr gern. Weltweit hat sie schon viele Länder der Erde besucht, besonders hat es ihr das südliche Afrika angetan. „Dort werde ich schon als Einheimische angesehen“, sagt Jutta Trautwein, die inzwischen gut Afrikaans spricht. Und in bester Erinnerung ist ihr eine Fahrt mit der Transibirischen Eisenbahn, bei der man auf der längsten Eisenbahnstrecke der Welt nicht nur die Weiten Russlands und Sibiriens durchfährt, sondern auch acht Zeitzonen. Die Musik begeistert Jutta Trautwein ebenfalls: Seit dem siebten Lebensjahr spielt sie Akkordeon im Harmonika-Club Haltingen.

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