Weil am Rhein Die Ruhe und die Natur genießen

Saskia Scherer

Nachtfischen: Angler berichten vom Reiz ihres Hobbys / Erste kleine Veranstaltung nach dem Lockdown

Weil am Rhein - Ralf Soder holt die Angel ein, an deren Ende ein kleiner Fisch zappelt. Der wird ihm später als Köderfisch dienen. Neben ihm sitzt Alfred Mayer, der ebenfalls die Angel ausgeworfen hat. Die Männer, die dem Angelverein Weil am Rhein angehören, angeln nicht nur beide gerne Raubfische, sondern haben noch etwas gemeinsam: Sie genießen besonders die Ruhe bei ihrem Hobby.

Es ist Samstagabend und der Angelverein hat seine Mitglieder zum Nachtfischen am Weiher in Efringen-Kirchen eingeladen – übrigens die erste Veranstaltung seit dem Corona-Lockdown. „Früher hieß es Aalfischen, aber seit dem Aalsterben im vergangenen Jahr heißt es so“, erläutert Vorsitzender Jürgen Kniephoff im Gespräch mit unserer Zeitung. Das Angeln in der Nacht habe seinen besonderen Reiz: „Die Pose wird dann beleuchtet oder es kommen Knicklichter an die Angelspitze. Daran sieht man, ob ein Fisch beißt.“ Das sei schon anders als tagsüber.

Einschnitte durch Corona

Normalerweise wird am Weiher gezeltet, das fällt in diesem Jahr aus. „Es gibt wirklich Einschnitte in die Kameradschaft, aber wir schauen, dass sie nicht ganz auf der Strecke bleibt – denn sie ist das Wichtigste“, findet Kniephoff. Glücklicherweise habe er ein „super Vorstandsteam“. Schließlich musste ein eigenes Hygienekonzept erstellt werden. Auch die Vorstandssitzungen wurden auf ein Minimum reduziert.

Normalerweise laden die Angler jedes Jahr am 1. Mai und am Vatertag zum Fest rund ums Vereinsheim ein. Das musste dieses Jahr gestrichen werden. „Zwar hätten wir geräucherte Forellen zur Abholung anbieten können, aber der Aufwand wäre riesig gewesen“, erklärt Kniephoff. Normalerweise kocht immer seine Frau, die Tochter hilft mit. Nach den finanziellen Einbußen befragt, meint der Vorsitzende: „Rund 5000 Euro gehen uns verloren. Aber wir sind gut aufgestellt. Wir stemmen das dieses Jahr und hoffen, dass es nächstes Jahr wieder anders wird.“ Ein Herbstfest sei angedacht gewesen. „Aber das wird wohl auch nichts.“

Am Anfang, als der Weiher wieder geöffnet war, durften nur fünf Angler gleichzeitig am Weiher angeln. „Obwohl ja sogar zehn Meter Abstand gehalten werden können.“ Aber so seien eben die Bestimmungen gewesen. Weil das Vereinsheim nicht öffentlich ist, griff auch die Gaststätten-Verordnung nicht. Zur Zeit wird nicht bewirtet, es gibt nur Getränke. Die Angelsaison soll etwas verlängert werden, weil später angefangen wurde.

Mittlerweile kommen sonntags zwischen 10 und 15 Angler an den Weiher, berichtet Kniephoff. Am Rhein seien es mehr. „Wir haben viele Rheinkarten ausgegeben.“ Der Angelverein Weil am Rhein, der rund 500 Mitglieder zählt, ist angeschlossen an die Interessengemeinschaft Altrhein und betreut einen Abschnitt des Rheins, den Feuerbach, den Hodbach und den kleinen Rhein-Seiten-Kanal.

Hitze macht Probleme

In Atem hält die Angler vor allem die Rettung der Fische. Hitze und Trockenheit bereiten mehr und mehr Probleme. „Das wird immer schlimmer“, sagt der Vorsitzende. Vergangenes Jahr war wenig Wasser im Weiher, dieses Jahr befindet sich der Wasserspiegel noch tiefer. „Das ist kein Wunder, es gibt ja keinen Schnee und keinen Gletscher mehr.“ Ausbaggern ist auch nicht möglich. „Da sind wir auf Fels gestoßen.“

Normalerweise werden 600 Kilogramm Karpfen zum Ende des Jahres in den Weiher eingesetzt. „2018 waren es nur 450 Kilo und 2019 haben wir gar keine Fische eingesetzt. Dieses Jahr müssen wir mal sehen.“ Das Wasser sei auch generell zu warm. „Der Weiher dürfte jetzt 25 oder 26 Grad haben. Bei 28 Grad wird es sehr kritisch.“ Das Wasser habe dann zu wenig Sauerstoff. Aus den kleinen Gewässern werden deshalb auch Fische umgesetzt in den Rhein.

Seit Jahrzehnten dabei

Kniephoff angelt schon seit der Kindheit. Seit rund 30 Jahren ist er Mitglied im Angelverein. Seine Frau und er haben damals auch die Bewirtung im Vereinsheim übernommen. Und seit zwölf Jahren ist er Vorsitzender. „Nochmal zwölf Jahre mache ich aber nicht“, schmunzelt er. Wie bei vielen Vereinen gestaltet sich die Nachfolger- und auch die Nachwuchssuche schwierig.

Auch für Kniephoff ist die Ruhe beim Angeln das A und O, wie er sagt. „Es ist schön, wenn ich etwas fange, aber wenn nicht, ist es auch okay.“ Die Einstellung teilen seine Vorstandskollegen Soder und Mayer. „Hier kommt man zur Ruhe“, sagt Mayer, der früher Fernfahrer war und mittlerweile Rentner ist. Man bekomme auch viele Tiere zu Gesicht – ob Ringelnattern, Eisvögel, Frösche, Libellen oder Fledermäuse.

Auf keinen Fall will Soder, der seit 40 Jahren im Verein ist, an Gewässern angeln, in die vorher 1000 Forellen gesetzt wurden. „Das hat mit angeln nichts zu tun. In einem natürlichen Gewässer muss man die Fische überlisten. Mit dem richtigen Köder und viel Geduld.“ Und Raubfische müsse man reizen, sie zu fangen, sei interessanter. „Der Hecht reagiert auf Bewegung im Wasser.“ Das sieht auch Mayer so, der oft zum Hochseefischen geht. „Bei Karpfen oder Aalen dagegen muss man warten und die Angel liegen lassen.“ Je mehr Angler am Weiher sind, desto mehr Unruhe herrsche im Wasser.

„Es gibt viele Tage, an denen man nichts fängt“, berichtet Soder aus Erfahrung. „Aber für die, die es mit Herzblut machen, geht es auch gar nicht darum.“ Wenn man nichts fängt, habe man keine Arbeit, ergänzt Mayer. „Und sonst gibt es einen schönen Fischabend. Was will man mehr?“

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