Weil am Rhein Die Tram hoch nach Weil bringen

Beatrice Ehrlich
Durch Friedlingen bis zur Dreiländergalerie fährt sie schon, die Basler „Tram 8“. Ziel ist, sie bis zum Läublinpark und Alt-Weil und vielleicht sogar noch darüber hinaus zu verlängern. Foto: Beatrice Ehrlich

Beim Perspektivforum im Rathaus kamen am Donnerstag noch einmal viele Argumente für oder gegen die Trambahn-Verlängerung auf den Tisch.

Den vergnüglichen Schlusspunkt setzte das Alt-Weiler Original Herbert „Hebbi“ Stahl, als am Ende überraschend eine Spielzeug-Straßenbahn aus Blech aus der Tasche zog, und mit dieser im Schlepp eine Ehrenrunde vor dem verblüfften Podium drehte. Ein langer Abend, an dem viele Argumente ausgetauscht wurden, endete so mit guter Laune und herzlichem Applaus des Publikums.

Großes Interesse

„Perspektivforum“ – auf den ersten Blick ein unscheinbarer Titel. Dass die Veranstaltung doch von Belang war, bewies das große Interesse. Rund 140 Personen hatten sich im Großen Sitzungssaal des Rathauses eingefunden, um sich zu den Ausbauplänen für die Tram 8 zu informieren. Viele nutzten auch die Gelegenheit, ihre eigene Meinung kundzutun.

Podiumsdiskussion mit Weilern

Es ging darum, die Ergebnisse eines Bürgerbeteiligungsprozesses darzustellen, der während der vergangenen Monate auf verschiedenen Ebenen stattgefunden hat. Dreh- und Angelpunkt der Veranstaltung war eine Podiumsdiskussion mit fünf Vertretern der sogenannten Begleitgruppe, die sich im Verlauf des Prozesses mehrmals getroffen und intensiv diskutiert hatte.

Klaus Wittkämper, Andrea Rühle, Taylan Kahraman, Heide Walker und Klaus Geese fassten noch einmal prägnant zusammen, was für jeden einzelnen von ihnen die zentralen Punkte der Debatte waren und wozu sie noch Fragen haben.

Standen auf dem Podium Rede uns Antwort (von links): Klaus Wittkämper, Andreas Rühle, Taylan Kahraman, Moderatorin Lena Fastner (Büro Firu), Heide Walker und Klaus Geese. Foto: Beatrice Ehrlich

Alle fünf hießen die Verlängerung der Tramlinie 8 grundsätzlich gut. Feuer und Flamme für den Tram-Ausbau bis Alt-Weil zeigte sich Klaus Wittkämper. Gelöst werden müsse noch die Frage des Parkverkehrs. Als gelungenes Beispiel für die Verdrängung des motorisierten Privatverkehrs aus der Innenstadt nannte er Basel.

Heide Walker führte zwar an, sie sehe das ein bisschen anders. Der Verkehr brauche Platz, und es müssten Parkplätze geschaffen werden, um in die Tram umsteigen zu können.

Andreas Rühle, Gemeinderat, hob die bessere Anbindung der Quartiere als zentrales Ziel heraus. Er, der in Friedlingen wohnt, nutze die dort bereits verkehrende Straßenbahn gern, auch spontan. Durch eine App auf dem Handy geschehe die Bezahlung automatisch, sodass er sich über Fahrtkosten dies- und jenseits der Grenze keine Gedanken machen müsse.

Nebeneinander von Autos und Tram in Friedlingen Foto: Beatrice Ehrlich

Ginge es nach ihm, würde er das gern auch im Zentrum Weils möglich machen. Es gebe jetzt die große Chance, hier etwas zu bauen, von dem Generationen profitieren würden. „Sie merken, ich bin begeistert.“

„Radfahrer scheinen immer im Weg zu sein“

Klaus Geese, Sprecher der IG Velo in Weil, äußerte sich kritisch zur Rolle des Radverkehrs. Die Pläne, wie sie derzeit vorliegen, müssten noch geändert werden. Insbesondere das „grüne Gleis“, die Rasenfläche unter den Gleisen, benötige viel Platz. „Man sorgt so dafür, dass wir Radfahrer immer im Weg sind“, ärgerte er sich. Dass es bei der Online-Umfrage, an der fast tausend Personen teilgenommen haben, nicht die Möglichkeit gab, nein zu sagen, sei ihm unangenehm aufgefallen, ergänzte er. Doch trotz allem: die Frage nach einer Tram-Verlängerung müsse auch aus seiner Sicht mit „Ja“ beantwortet werden.

„Parkplatzvernichtung“

Taylan Kahraman brachte schließlich die Rede auf die „Parkplatzvernichtung“. 200 Plätze würden verlorengehen. Stattdessen benötige man mehr – damit die Leute auf die Tram umsteigen können, die er im Grunde auch gut findet. Er und die anderen Mitglieder der Begleitgruppe hätten einen Katalog an Verbesserungsvorschlägen eingereicht, hielt er abschließend fest. „Wir sind am Anfang, nicht am Ende.“

Rühles Bericht, er kenne Leute, die nach Friedlingen gezogen seien, speziell wegen der Tram-Anbindung, schloss sich später ein junger Familienvater aus dem Publikum an. Er wohne nur drei Minuten entfernt von der Trambahn-Haltestelle Bahnhof. Wenn man in Basel arbeite, sei dies ein Vorteil.

Pro und contra grünes Gleis

Viel Raum nahm die Diskussion um das Grüngleis mit Bordstein ein, durch das sich in Friedlingen die Straßenbahntrasse vom Straßenraum abhebt. Laut Oberbürgermeister Wolfgang Dietz ist eine solche Abhebung mittlerweile nicht mehr Pflicht.

Das Grüngleis muss nicht unbedingt durch einen Bordstein abgesetzt werden Foto: Beatrice Ehrlich

In drei fiktiven Entwurfsgrafiken, die Firu von verschiedenen Bereichen der Hauptstraße hatte erstellen lassen, waren denn auch verschiedene mögliche Gestaltungsvarianten ausgeführt: Zwei davon mit Grüngleis, einmal ebenerdig, einmal durch einen Bordstein abgetrennt, eine weitere ohne Grün, in welcher der Straßenraum komplett barrierefrei gestaltet ist. Die Grünfläche unter den Gleisen sei aber auch wichtig, brachte eine Zuhörerin ein, damit das Regenwasser versickern könne.

Nun müsse weitergemacht werden, gab Andreas Jacob, Leiter des Kaiserslauterer Planungsbüros Firu, das die Bürgerbeteiligung betreut hat, der Stadt Weil abschließend mit auf den Weg. Man verfüge nun über ein gemeinsam erarbeitetes Leistungsprofil für die Planer, die nun über eine europaweite Ausschreibung gesucht werden müssen. Erst dann werde sich zeigen, ob weitere Varianten möglich seien, sagte er an die Begleitgruppenmitglieder gerichtet mit Blick auf deren Verbesserungsvorschläge. Die Begleitgruppe solle auch weiterhin in die Planungen einbezogen und die Bürger noch intensiver informiert werden, empfahl er, vielleicht sogar mit Hilfe eines bekannten Gesichts, so wie es der Rapper „Apache 207“ für seine Heimatstadt Ludwigsburg gewesen sei.

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