Weil am Rhein Ein Stück Mexiko auf dem Campus

Tonio Paßlick
Gruppenbild nach der Eröffnung der Gallery (von rechts): Sabrina Handler (COO Vitra Design Museum), Martin Josephy, Matthias Pühl, Federica Zanca, Luis. E. Carranza und Adriana Williams Foto: Tonio Paßlick

Vitra: Archiv des 1988 verstorbenen mexikanischen Architekten Luis Barragán nach Weil am Rhein überführt

Weil am Rhein - Dem Vitra Campus wurde am Wochenende ein weiterer wesentlicher Mosaikstein hinzugefügt. Im Rahmen einer Partnerschaft zwischen der Barragán Foundation und dem Vitra Design Museum wurde das seit 1996 in Birsfelden gepflegte Archiv des 1988 verstorbenen mexikanischen Architekten Luis Barragán nun auf den Vitra Campus überführt.

Somit wird das Barragán-Archiv künftig zusammen mit anderen bedeutenden Archivbeständen im Vitra Design Museum – etwa von Charles and Ray Eames, Alexander Girard, Anton Lorenz, George Nelson und Verner Panton – für die weitere Erforschung und für Kooperationen mit anderen Institutionen verfügbar sein. Und für die Öffentlichkeit.

Neue Räume neben dem Schaudepot geschaffen

Denn neben dem Archiv wurden von Dieter Thiel, dem langjährigen Ausstellungsgestalter des Vitra Design Museums, neue Räume neben dem Schaudepot geschaffen. Diese wurden am Freitag zeitgleich zur Eröffnung der einjährigen Sonderausstellung „Colour Rush!“ von den beiden Kuratoren Martin Josephy und Luis E. Carranza sowie der stellvertretenden Direktorin des Vitra Design Museums, Sabrina Handler, der Leiterin der Barragán Foundation, Federica Zanca, und dem Archiv-Verwalter Matthias Pühl der Presse präsentiert.

Barragán Gallery: Einblick in Leben und Werk

Die neuen Räume umfassen einen gesicherten Archivraum, einen Study Room für Forschende und einen Ausstellungsraum auf zwei Stockwerken, die Barragán Gallery. Die Gallery zeigt eine Auswahl von Plänen, Fotografien und anderen Dokumenten aus dem Barragán-Archiv sowie biografische Informationen und eine illustrierte Zeittafel zur modernen Architektur in Mexiko. Dadurch werden Einblicke in das Leben und Werk von Luis Barragán in einem größeren Kontext vermittelt.

„Wir bringen ein Stück Mexiko auf den Campus“, sagte Federica Zanca sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis der Ausstellungsgestaltung.

Bedeutendster mexikanischer Architekt

Luis Barragán (1902 bis 1988) gilt als bedeutendster mexikanischer Architekt des 20. Jahrhunderts. Sein Werk erstreckt sich über einen Zeitraum von sechs Jahrzehnten zwischen den späten 1920er Jahren und den 1980er Jahren. Nachdem Barragán schon mit seinen ersten Bauten in seiner Heimatstadt Guadalajara internationale Beachtung fand, zog er 1935 nach Mexiko-Stadt und entwickelte dort seine Architektursprache weiter. Indem er das internationale Vokabular der Moderne mit charakteristischen Elementen der mexikanischen Kultur und Landschaft verband, fand er nach und nach zu einem unverkennbaren und ganz eigenen Ausdruck.

In der Gallery wird der Blick des Besuchers sofort von einem weißen Pferd angezogen. Ein originaler Abguss einer Arbeit auf der Dachterrasse des Wohnhauses in Mexiko, das heute als Museum den privaten Nachlass pflegt. Und eine Hommage an Kindheit und Jugend des Architekten auf einer Farm bei Guadelaja. Damit vertieft sich der Betrachter sofort in die biografischen Angaben, bevor die Collage von Fotos aus seinem Lebensumfeld, wichtigen Arbeiten, Skizzen und Plänen den Besucher zu einer Treppe führt, die den Bereich unter dem geschwungenen Fenster eines Shed-Dachs erschließt.

Wohnungsprojekt für 100 000 Menschen

Dort wird man von dem Modell des Ziggurat gebannt, mit dem Barragán ein Wohnungsprojekt für 100 000 Menschen bei Mexico-City mit den Wurzeln archaischer Vorbilder von pyramidalen Baustrukturen verband, deren Vorbilder in Mesopotamien lagen, aber in abgewandelter Form auch in Yucatan.

Die Zeittafel stellt die Arbeiten in einen Bezug zu den historischen und kulturellen Entwicklungen in Mexiko, aber auch zu den europäischen Strömungen des 20. Jahrhunderts.

13 500 Zeichnungen, Pläne, Dokumente und Fotos

Die Dokumente und Objekte im Barragán-Archiv selber umfassen den gesamten beruflichen Nachlass von Luis Barragán. Dazu zählen rund 13 500 Zeichnungen, Pläne und Dokumente, eine annähernd gleich große Fotosammlung sowie eine Reihe von Modellen, Möbelstücken und Objekten. Sieben Jahre nach seinem Tod wurde dieser Bestand 1995 durch die New Yorker Galerie Max Protetch verkauft. Die Barragán Foundation wurde gegründet mit dem Ziel, den beruflichen Nachlass des Architekten als Ganzes zusammenzuhalten. Über die Jahre konnten weitere relevante Bestände erworben werden, namentlich eine Sammlung von Negativen und Originalabzügen aus dem Nachlass des Fotografen Armando Salas Portugal, dessen Blick auf Barragáns Architektur maßgeblich dazu beigetragen habe, dass Barragán 1980 für den Pritzker-Preis ausgewählt worden sei, wie Kurator Martin Josephy betonte. Immerhin die bedeutendste Auszeichnung für Architektur weltweit.

Im Jahr 2000 hatte das Vitra Design Museum bereits die Ausstellung „Luis Barragán: Die Stille Revolution“ eröffnet, die anschließend weltweit auf Tournee ging und zuletzt 2002 im Museo de Bellas Artes in Mexiko-Stadt gezeigt wurde.

Pläne für die kommenden Jahre

Für die kommenden Jahre plant das Vitra Design Museum eine neue Retrospektive über das Werk Luis Barragáns. Eine umfassende Publikation zum Gesamtwerk von Barragán sei ebenfalls in Vorbereitung, kündigte Josephy an.

Am Wochenende besuchte auch eine langjährige gute Freundin von Barragán den Vitra Campus. Adriana Williams war voll des Lobes über Gestaltung und Werkauswahl: „Die Ausstellung bringt Barragáns Wirken auf den Punkt“, sagte sie sichtlich berührt. Bereits am Wochenende konnten sich auch die Besucher im Rahmen der Architekturwoche Basel davon überzeugen.

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