Weil am Rhein Eine „Mammutaufgabe“

Weiler Zeitung
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Votum: Gemeinderat gibt Konzept zur Digitalisierung der Stadtverwaltung in Auftrag / Schritt für Schritt / Nach der Kommunalwahl wird Ratsarbeit papierlos

Das Rathaus wird digital - aber nur nach und nach. Erst einmal hat der Gemeinderat die Verwaltung beauftragt, ein Konzept zur Digitalisierung der Stadtverwaltung Weil am Rhein zu erarbeiten. Einige digitale Dienstleistungen gibt es aber schon. Mit Beginn der neuen Amtszeit im Sommer 2019 will die Politik auf die digitale Ratsarbeit umstellen – von Papier auf Tablet.

Von Marco Fraune

Weil am Rhein. Für OB Wolfgang Dietz ist die Digitalisierung „ein Thema, das uns insgesamt in der Gesellschaft umtreibt“. Wohlwissend, dass nicht jeder Bürger ein „Digital native“ ist, also von Kindesbeinen an mit den neuen Medien umgeht, werde es eine lange Zeit der Parallelität geben. „Die Digitalisierungsprozesse müssen nachvollziehbar und verständlich sein.“

Hauptamt als Vorreiter

Zwar sei ein Unternehmen wie die Vitra schon weiter, doch zu Verwaltungen gebe es Unterschiede. Getestet werden soll erst einmal im Hauptamt, deren Mitarbeiter den Prozess dann später im Rest des Rathauses „durchsetzen“ müssten. „Wenn das Hauptamt Pilotanwender ist, können unmittelbar die Herausforderungen, möglichen Stolpersteine oder Probleme erkannt werden, die anschließend bei der Einführung in den folgenden Ämtern gleich berücksichtigt werden können“, legte Hauptamtsleiterin Annette Huber den Gemeinderäten in einer sehr ausführlichen Beschlussvorlage dar, die auf einem Antrag der CDU beruht.

„Noch nicht abgeschätzt werden kann der Aufwand, der für die Digitalisierung und ihre Umsetzung erforderlich ist“, weiß Huber. Bürger und Beschäftigte der Stadtverwaltung müssten mitgenommen werden. Die Akzeptanz sei wichtig, damit es klappt. Gegebenenfalls sei in der Verwaltung eine zusätzliche Stelle notwendig.

Die Datensicherheit

Der Gemeinderat stimmte zwar für die Konzepterarbeitung, bei der eine externe Begleitung und Beratung durch ein Büro erfolgen soll, doch es gab neben positiven auch mahnende Stimmen.

Begrüßt wurde das Vorhaben gleich von mehreren Fraktionsvertretern. Thomas Bayer (Grüne) gab nur hinsichtlich der Datensicherheit zu bedenken, dass bei der digitalen Ratsarbeit das Betriebssystem der noch anzuschaffenden Tablets der Gemeinderäte nicht geschlossen sei. Das System könne auch nicht-öffentliche Dokumente mitlesen und es werde ein Persönlichkeitsprofil erstellt. Zwar verwies der OB darauf, dass auch im Kreistag das System angewendet wird, doch er gehe der Sache nach.

„Datenschutz ist ein wichtiger Aspekt“, gab auch Eugen Katzenstein (UFW) zu bedenken. Es bedürfe zudem ausgebildeter Mitarbeiter für den digitalen Bereich. Gut sei, dass auf Standardprozesse aufgesetzt werde, wie bei der Integration des Portals Service BW in die Homepage der Stadt. Schon jetzt finden die Bürger hier viele Infos und verschiedene Verwaltungsverfahren. Nicht möglich ist laut den Schilderungen von Huber „eine direkte medienbruchfreie Kommunikation“ mit der Stadtverwaltung. Vordrucke müssen also noch ausgedruckt und bei der Verwaltung eingereicht werden. Hier soll es aber noch Weiterentwicklungen geben.

Die „richtige Richtung“

Der Vorsitzende der Fraktion, die dem Thema nun Schwung verliehen hat, fasste sich in seiner Stellungnahme kurz. Nun müsse die Digitalisierung „rasch und umfangreich und kompetent“ angegangen werden, meinte Claus Weibezahl (CDU). Wolfgang Roth-Greiner (FDP) meinte, „es geht in die richtige Richtung“. So sei es auch keine Frage des ob, sondern in welchen Schritten man dabei voran gehe. „Es ist eine Mammutaufgabe“, steht für ihn fest.

„Die Digitalisierung kommt, ob wir es wollen oder nicht“, erklärte der Tablet-Nutzer Jürgen Valley (SPD). Doch: „Es war nicht alles schlecht, was es bisher gab, und es wird nicht alles gut, was kommen wird.“ Die Digitalisierung bringe neue Herausforderungen mit sich.

Die Übergangszeit, bis es kein Papier und nur noch digitale Unterlagen gibt, darf nach Meinung von Ingrid Pross (Grüne) nicht zu lange sein, damit die Einsparungen auch greifen. Wichtig seien jedenfalls die passende personelle Ausstattung bei der Umsetzung, die Schulungen der Mitarbeiter und die technische Unterstützung.

Passivere Gemeinderäte?

Wasser in den Freudenwein gab SPD-Fraktionschef Johannes Foege, wie er selbst erklärte. „Nicht alle Weiler sind PC-affin“. Dies bringe auch Schwierigkeiten bei der Gemeinderatsarbeit mit sich. So will er im Kreistag schon eine „Passivierung der Mitarbeit“ erkannt haben. Die digitalen Anwendungen seien zu kompliziert.

„Die Gemeinderäte werden in der Summe eher passiver als aktiver“, glaubt der Sozialdemokrat. Bewusst würden also Möglichkeiten der Mitarbeit eingeschränkt, sorgt er sich auch um mögliche Probleme bei der Rekrutierung von neuen Kommunalpolitikern für die anstehende Wahl im nächsten Jahr.

Der ebenfalls als Kreisrat tätige FDP-Gemeinderat Roth-Greiner sieht zwar keinen Anlass für Jubel, doch er habe noch keine Passivierung in dem Kreisparlament festgestellt. Notfalls könne man auch die Unterlagen ausdrucken. Das Thema müsse „ohne Scheuklappen“ angegangen werden. „Wir haben keine Alternative.“

Ingrid Pross (Grüne) forderte von den Gemeinderats-Kandidaten auch eine Offenheit und Lernfähigkeit ein. „Es ist kein Hexenwerk.“ UFW-Stadtrat Axel Schiffmann ist sich auch sicher: „Das Thema kommt.“

W-Lan

Matthias Dirrigl (SPD) gab zu bedenken, dass nicht jeder Stadtrat unbedingt W-Lan zuhause hat. Thomas Harms (FDP) bot ihm daraufhin an, in seine Apotheke zu kommen, wo er über den Freifunk das kostenlose W-Lan zur Verfügung stelle.

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