Weil am Rhein (bn). Das ist nun schon wieder 14 Jahre her, dass der heimische Dokumentarfilmer Dieter Zöbelin zahlreiche betagte Alt-weilerinnen und Altweiler zum „Interview“ mit Rosemarie Stern bat und sie erzählen ließ, „wie das damals war“. Aus den so entstandenen vier Filmen von etwa je einer Stunde Dauer komprimierte er jetzt einen auf CD gebannten Zusammenschnitt, den er am Sonntag im geräumigen Kellersaal des Alten Rathauses vorführte. Der Publikumsandrang war so groß, dass selbst die Notbestuhlung knapp wurde. Die Vorführung geriet so zu einer Stunde lebhafter Erinnerungskultur, zumal die Besucherinnen und Besucher größtenteils mit den lokalen Gegebenheiten vertraut sind und die damals Befragten gut kennen – respektive kannten. Denn rund 80 Prozent von ihnen leben nicht mehr, womit denn auch die CD selbst schon wieder ein historisches Dokument darstellt. Es sind teils berührende Szenen, die Zöbelin und Stern damals einfingen. Etwa Edmund Doblers Schilderung von einem kuriosen Aufgebot der 13- bis 15-jährigen Buben, die in der letzten Kriegsphase aus der ganzen Region zusammengezogen und nach Frankreich gekarrt wurden. Was sie dort sollten, blieb dem Befragten zeitlebens ein Rätsel, umso deutlicher haftete in seinem Gedächtnis der anrollende amerikanische Panzer, dem ein dunkelhäutiger Hüne entstieg, der dem „Führer“ der schlotternden Buben mit der Bemerkung „Wir schießen nicht auf Kinder“ die unverzügliche Rückkehr in die Heimat gebot und dann noch Schokolade, Kaugummi und Kekse verteilte. Oder die 94-jährige Emma Paolini, die der Interviewerin ihr Kinderspielzeug beschrieb: „e Puppi natürlich, Chlugger (Murmeln) un Danzchnöpf“. Zum Spielen kamen die meisten Befragten in ihrer Kindheit eh nicht allzu oft. Fast übereinstimmend schilderten sie von täglichen Aufgaben, die ihnen dem Alter angemessen die Eltern anvertraut hatten: Futter für die Haustiere (Kaninchen, Hühner, Enten und Gänse) beschaffen, Holz sammeln und zu spalten, beim Bauern helfen oder – in der eigenen kleinen Nebenerwerbs-Landwirtschaft – „Chueh und Chalbeli“ zu versorgen. Auch von Zugtieren auf der Straße hinterlassener Mist wurde als Dünger für die Vorgartenbeete gesammelt. Von der dreimaligen Evakuierung während des Krieges, erst Murg, dann Degerfelden und dann Malsburg, berichtete Gretel Fründt – und von ihrem Heimweh am letzten Ort, weswegen sie die daheimgebliebene Mutter zurückholte, zuhause allerdings eingesperrt halten musste, damit niemand die unerlaubte Rückkehr des Kindes bemerkte. Zu den höchsten Freizeitvergnügen gehörte (nach getaner Arbeit) etwa das sommerliche Bad in der Wöschi, der Schulausflug teils per Bahn, teils zu Fuß auf den Feldberg oder den Blauen oder – wenn man schon etwas älter war – der Schwoof im nahen Wirtshaussaal. Dort konnte sich Kurt Zanger als 15-jähriger „Stehgeiger“ sogar ein Zubrot verdienen: „zehn Mark von acht bis Mitternacht, das war viel Geld damals“. Dass die Alt-weiler gern unter sich blieben und sich als „Hiesige“ von „Dasigen“ (etwa Zöllner und Eisenbahner) unterschieden, war damals „einfach so“, obgleich auch etliche Zugezogene sich gut integrieren konnten, wie Alfred Henn oder Dr. Karlfrieder Elsner bekundeten. Und fast alle Interviewten gaben sinngemäß zu verstehen, was Frieda Lacher so auf den Punkt brachte: „Trotz viel schaffe, henn mir e schöni Jugend gha“.