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Weil am Rhein „Es ist eine komische Zeit“

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Umfrage: Cliquen leiden unter den Absagen / Jubiläums-Feiern fallen aus / Hoffnung ruht auf 2022

Weil am Rhein - Die Pandemie sorgt dafür, dass die Fasnacht zwar nicht ausfällt, doch die vielen Veranstaltungen. Unserer Mitarbeiterin Anita Indri-Werner, selbst begeisterte Fasnächtlerin, hat sich bei einigen Weiler Cliquen umgehört. Wie diese noch die Fasnachtzeit begehen, ist bei der Umfrage ebenso angesprochen worden wie die momentane Gefühlslage.

Alti Fabriknäscht Cligge – Holger Rüping: Bereits im vergangenen Jahr im Sommer haben wir uns von der Alti Fabriknäscht Cligge darauf verständigt, dass wir die Fasnacht 2021 ruhig angehen wollen. Dies vor dem Hintergrund, dass bereits von einer zweiten beziehungsweise dritten Welle gesprochen worden ist. Wir haben entschieden, nicht zu agieren, sondern zu reagieren. Darum haben wir den traditionellen 11.11. in Friedlingen abgesagt. Im Nachhinein hat sich diese Entscheidung als richtig erwiesen. Es fallen die ganzen Veranstaltungen aus, auch die Auftritte in den Pflegeheimen, wo wir gerne als Schnitzelbank-Sänger aufgetreten sind, um die Senioren zu unterhalten. Das bedauere ich sehr. Einzig am 15. Februar 2021, wenn es im Schwanen „Rotssuppe und Zwiebelwaie to go“ gibt, haben wir uns eingebracht. Wir haben ein Häs für die Dekoration zur Verfügung gestellt. Und: Narretei gibt es im Fernsehen oder auf dem Youtube-Kanal der Lörracher und Weiler Narren. Im nächsten Jahr wollen wir, so es Corona zulässt, das 99-jährige Bestehen der Alti Fabriknäscht Cligge feiern. Wenn das nicht geht, dann wird eben das 100-jährige im Jahr darauf gefeiert. Auf jeden Fall halten wir uns aktuell an die Vorgaben. Es finden keine Sitzungen und keine Treffen statt. Nun, wie mache ich dieses Jahr Fasnacht? Ich freue mich über die vielen kleinen Narrenbäume, die in den Gärten stehen. Mit meiner Frau höre ich närrische Musik und wir haben unsere Wohnung fasnächtlich dekoriert. Und dann gibt es hoffentlich bald wieder eine zünftige Fasnacht ohne Corona und ohne Shitwetter.

Altwiiler Räbbuure – Sina Rübin: Uns trifft es in diesem Jahr hart, dass die Fasnacht nicht stattfinden kann. Wir hätten 2021 das 44-jährige Bestehen feiern wollen. Bereits im Mai, also schon sehr früh, haben wir beschlossen, die Feier zu verschieben. Da es nicht vorauszusehen war, wie sich die Situation mit Corona entwickelt, war auch die Motivation nicht die beste. Wir werden den Verlauf beobachten und, wenn es möglich ist, die Jubiläumsfeier im Jahr 2022 nachholen. An die vorgegebenen Beschränkungen halten wir uns. Zuletzt sahen wir uns im vergangenen Sommer bei einem Grillfest und bei einer Kanutour. Es gab Videokonferenzen statt Sitzungen. Wir posten alte Bilder aus vergangenen Fasnachten, schauen uns Fotoalben an und versuchen, uns so bei Laune zu halten.

Es fiel schon einmal zu Zeiten des Golfkriegs eine Fasnacht aus. Ich erinnere mich, da haben wir daheim mit einer Polonaise durch das Wohnzimmer gefeiert. Daheim habe ich die große Fasnachtskiste aus dem Keller geholt und die Wohnung mit Larven dekoriert. Am Rosenmontag wird jedes Mitglied der Altwiiler Räbbuure eine Fasnachtsbox erhalten, damit die Stimmung nicht ganz verloren geht.

Wiler Rhy-Deufel – Simon Kiefer: Das bislang letzte Treffen der Wiler Rhy-Deufel fand am Buurefasnachtswochenende 2020 statt. Seither trafen wir uns einmal im Sommer zu einem Grillabend, das war es dann auch schon. Zwei Videokonferenzen haben wir durchgeführt, doch das ersetzt nur teilweise eine gemeinsame Sitzung. Es ist schon traurig, alles fällt flach. Kein Neujahrsempfang, kein Beizenbummel, wir werden nicht in Binzen mit dem Wagen am Umzug teilnehmen und die zweitägige Reise mit den Altwiiler Räbbuure fällt auch aus. Für uns als leidenschaftliche Fasnächtler ist es schwer, wir vermissen alle die Gemeinschaft. Das Häs bleibt dieses Jahr im Keller. Dennoch, die Entscheidung, alles herunterzufahren, war in dieser Situation richtig. Ich hoffe, dass die nächste Fasnacht gefeiert werden kann. Dann werden wir das Helferessen und den geplanten Ausflug mit unseren Frauen nachholen. Und noch etwas: Wir werden die Vereinskasse, die unter den Einschränkungen leidet, hoffentlich wieder auffüllen können.

Spielmannszug – Michael Schiessel: Bereits bei der Sitzung mit der IG Straßenfasnacht im vergangenen Oktober war klar, dass die Fasnacht nicht stattfinden kann. Uns als Spielmannszug trifft die aktuelle Situation gleich mehrfach. Wir können nicht proben. Die Teilnahme am Bundeswertungsspiel 2020 wurde abgesagt, 2021 sieht es nicht anders aus. Eventuell im September dieses Jahres wird diese Veranstaltung stattfinden. Aber, wer weiß? Die ganzen Einnahmequellen für die Kasse des Spielmannszugs sind versiegt. Ob Narrenbaumsetzen, Narrefescht, Schnitzelbanksingen, Buurefasnacht, ja sogar der Weihnachtsmarkt, alles fiel aus.

Ich hoffe sehr, dass 2022 eine Besserung eintritt. So langsam entsteht das Gefühl, dass einem die Decke auf den Kopf fällt. Wir versuchen dennoch, positiv zu denken. So habe ich in meinem Garten den Weihnachtsbaum zum Narrenbaum umfunktioniert. An Hemdglunggi werden wir vom Spielmannszug eine Videokonferenz schalten. Dabei feiert jeder im Nachthemd daheim, und über den Bildschirm sind wir verbunden. Vielleicht wagt sich ja jemand am Sonntag des Buurefasnachtsumzugs im Narrenkleid zum Spazierengehen auf die Hauptstraße, das wäre zumindest etwas Fasnacht in Weil am Rhein.

Wiler Rätschgosche – Birgit Hinze-Rauchfuss: Nach der IG-Sitzung im Oktober war klar, die Auflagen sind nicht zu erfüllen, die Entwicklung ist nicht abzusehen. Schweren Herzens haben wir beschlossen, das Frauenrächt am Aschermittwoch ausfallen zu lassen. Die Musik, das gemeinsame Singen und vor allem die Lüftung im Gewölbekeller des Alten Rathauses, das alles macht derzeit so ein Fest unmöglich. Natürlich fehlt uns das, in diesem Jahr hätten wir „50 Jahre Wiler Rätschgosche“ feiern können. Wir werden das Frauenrächt virtuell feiern, dabei ist jede für sich daheim. Im Sommer gab es, wir sind ja nur zehn Aktive, ein Grillfest und im Herbst einen Sauserbummel. Das war es dann auch schon. Ich werde mit meinem Sohn Konfetti basteln und die Wohnung dekorieren. Mein Häs habe ich an Stephan Ritter verliehen, der es am Rosenmontag bei der „Mehlsuppe to go“ ausstellt. Pläne für das nächste Jahr haben wir nicht. Wir hoffen alle, dass es dann wieder ein Frauenrächt geben wird und wir wieder an Umzügen teilnehmen können.

Wiler Narresome – Diana Schmid: Die Situation ist traurig, die Jugendarbeit ist auf Null gefahren. Dabei ist gerade die Jugendarbeit mit dem närrischen Nachwuchs wichtig. Den Narresome leite ich seit dem Jahr 2006 und schon viele der Kinder sind später in eine der Weiler Cliquen eingetreten. 42 Kinder im Alter von fünf bis 13 Jahre haben sich auf die Fasnacht gefreut, wollten begeistert ihren Wagen bauen – und nun, nichts. Am vergangenen Buurefasnachtssonntag 2020 haben wir uns das letzte Mal gesehen. Der Umzug in Muttenz, eine Woche später, fiel schon ins Wasser. Auch ist es nicht zu dem geplanten Grill- und Herbstfest gekommen.

Die Aktionen rund um die Fasnacht fehlen, es ist eine komische Zeit. Aber, wie in jedem Jahr haben wir trotzdem unser Haus in der Lindengasse fasnächtlich geschmückt, das ist wenigstens etwas.

Guggemusik Notehobler – Daniel Baur: Es ist extrem schade, aber wir haben Verständnis dafür, dass die Zeit jetzt nicht perfekt ist, um Fasnacht zu feiern. Die Guggemusik Notehobler lebt von und für die Musik. Bei allem hatten wir letztes Jahr Glück, denn wir konnten unser 44-jähriges Bestehen feiern. Dennoch, der IG Straßenfasnacht will ich ein Lob aussprechen. Die konsequente Absage der Saison 2020/2021 zeugt von Verantwortungsbewusstsein. Wir treffen uns virtuell und tauschen Infos aus. Die Planung für das Hüttenwochenende und die Teilnahme am Weihnachtsmarkt stehen, so dass wir schnell reagieren können. Seit 14 Jahren bin ich bei den Notehoblern, seit vier Jahren Vorsitzender. Wer Fasnacht im Blut hat, wie ich, der kann nicht anders, ich nehme mein Häs auch in dieser Zeit immer wieder in die Hand. Ansonsten heißt es halt abwarten.

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