Weil am Rhein Grenzüberschreitende Vergangenheit

Weiler Zeitung

Stadtführung: Ulrich Tromm beleuchtet die wechselhafte Historie von Bässlergut und Otterbachgut

Eine Stadtführung mit Ulrich Tromm und mit einem historischen Schwerpunkt hat die Volkshochschule in Otterbach organisiert. Direkt beim Zollübergang, wo einem vor allem die Tankstelle und das Ausschaffungsgefängnis ins Auge stechen, verbergen sich hinter Sträuchern das historische Bässlergut und das idyllische Otterbach-gut. Diese verbindet eine wechselhafte und grenzüberschreitende Vergangenheit.

Weil am Rhein (czo). Die Führung stieß auf großen Anklang, denn es fanden sich rund 40 Interessierte am Sonntagnachmittag gegenüber der Avia-Tankstelle auf dem Trottoir ein. Gemeinsam ging es dann über den Eingang des Empfangs- und Verfahrenszentrums Basel in den Garten auf der Rückseite der Otterbachguta. Dort hatten die Besucher den Blick auf eine schöne historische Villa mit einem Säulenvorbau.

Begrüßt wurden die Teilnehmer von Roger Lang, der als Leiter des Empfangs- und Verfahrenszentrums Basel quasi Hausherr der Villa ist. Er erklärte, dass die Villa für Asylsuchende genutzt werde. Zurzeit sind im ersten Stock minderjährige unbegleitete Asylsuchende untergebracht.

Anschließend berichtete Ulrich Tromm aus der Vergangenheit der Villa. Der pensionierte Geschichtslehrer hat sich ein umfangreiches Wissen zu dem Thema angeeignet, und seine Begeisterung ist zu spüren.

Gebaut wurde das Otterbachgut vermutlich von Melchior Berri, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkte und auch das Naturhistorische Museum in Basel gebaut hatte.

Ab 1927 begann der Schweizer Hermann Bässler expansiv Land beidseits der Grenze zu kaufen. So kaufte er zunächst das Bässlergut, das neben der Otterbach-Villa liegt. Es handelt sich dabei um die landwirtschaftlichen Gebäude und Grundstücke, die links vom Otterbachgut liegen, nämlich an der Freiburger Straße 64/66 und die heute noch sichtbar sind.

Bässler entwickelte einen guten Draht zu den deutschen Behörden während des NS-Regimes, so dass er Passierscheine erhielt, um seine Felder auf deutschem Boden bewirtschaften zu können.

Das Areal des Bässlerguts scheint während des NS-Regimes auch als Fluchtweg genutzt worden zu sein. So erzählte Ulrich Tromm nach Abschluss der offiziellen Führung einigen Interessierten von historischen Unterlagen zu vier österreichischen Juden, welche in Otterbach aufgegriffen wurden und die eine Fluchtskizze bei sich hatten, die über das Areal des Bässlerguts führte.

1945 stand das Otterbachgut, auch Kündigsche Villa genannt, zum Verkauf. Es war geplant, auf dem Areal Wohnungen zu bauen. Doch die Heimatschutzkommission Basel-Stadt legte Einspruch ein. Hermann Bässler kaufte dann die Otterbach-gut dazu, der genaue Zeitpunkt ist allerdings unklar. Die Villa verschmolz mit dem restlichen Bässlergut.

Die Ausführungen Tromms lassen Hermann Bässler als umtriebigen Menschen erscheinen, so betrieb er nach dem Krieg neben Landwirtschaft auch eine Tankstelle und eine Wechselstube am Zollübergang. Nach 1945 unterstützte die Basler Regierung Hermann Bässler bei weiteren Landkäufen, da der Kanton Basel-Stadt sehr an zusätzlich nutzbarem Land interessiert war. 1962 verkaufte Hermann Bässler das Bässlergut, inklusive Otterbachgut, an den Kanton Basel-Stadt mit großem Gewinn. Ein Teil der Liegenschaft lag dabei auf deutscher Seite und ein Teil in der Schweiz. Laut Tromm beschäftigen die Besitzverhältnisse die Kommunalpolitik noch heute. Über das weitere Leben von Hermann Bässler, weiß Tromm nichts. Nachweisbar ist, dass Bässler spätestens 1966 nicht mehr im Kanton Basel-Stadt wohnte.

Die Teilnehmer der Führung hörten aufmerksam Tromms Ausführungen zu und stellten auch einige Fragen.

  Die nächste Stadtführung der Volkshochschule findet am 22. Juli statt und führt in den Weiler Rheinhafen.

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