Weil am Rhein Grundsteuer soll erhöht werden

Beatrice Ehrlich
Das Loch im Kreishaushalt stopfen: Grundeigentümer sollen zur Kasse gebeten werden. Foto: Beatrice Ehrlich

Der Vorschlag der Kämmerei stößt im Finanzausschuss auf wenig Gegenliebe.

Ein deutliches Meinungsbild ergab sich im Finanzausschuss am Montag zum Thema Grundsteuererhöhung, das als letzter Punkt auf der Tagesordnung stand. Etliche Ausschussmitglieder äußerten sich kritisch, einige lehnten die geplante Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer rundweg ab. Oberbürgermeister Wolfgang Dietz verzichtete darauf, die Satzung über die Festsetzung der Hebesätze zur Abstimmung zu stellen.

Ein Beschluss soll nun in der Gemeinderatssitzung am kommenden Dienstag gefasst werden. Den dort vertretenen Fraktionen soll so ermöglicht werden, um fraktionsintern zu einem Ergebnis zu kommen. „Damit können wir leben, wenn ein positives Ergebnis ist“, stellte der Erste Bürgermeister Rudolf Koger klar. Aus seiner Sicht gibt es dazu keine Alternative.

660 000 Euro Mehreinnahmen

Kogers Vorschlag lautete, den Grundsteuer-Hebesatz jeweils für die Grundsteuer A (land- und forstwirtschaftliche Betriebe) und B (Grundstücke) von 400 auf 450 Punkte zu erhöhen. 660 000 Euro könne man dadurch zusätzlich einnehmen und damit die erhöhte Kreisumlage wenigstens teilweise ausgleichen. Denn diese würde, so rechnete Koger vor, allein schon auf der Basis des aktuellen Kreisumlage-Hebesatzes von 32,6 Prozent für das Haushaltsjahr auf 18,4 Millionen Euro steigen. Laut entsprechenden Signalen der Kreisverwaltung gehe er jedoch von einer Steigerung dieses Hebesatzes um 3 bis 3,5 Prozentpunkte aus.

Die Einnahmenseite verbessern

Es bestehe Handlungsbedarf: Denn nach dem ersten Entwurf des Haushaltsplans der Stadt Weil am Rhein für 2024 liege das ordentliche Ergebnis bei einem Minus in Höhe von rund 9 Millionen Euro. Die Erhöhung der Kreisumlage würde noch einmal zu einer deutlichen Verschlechterung führen. „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, um uns auf der Einnahmenseite zu verbessern“, unterstrich Koger. Auf eine Erhöhung des Gewerbesteuersatzes will die Stadt Weil wegen der angespannten wirtschaftlichen Lag der Betriebe und der trüben Konjunkturaussichten verzichten. „Ich halte es für absolut notwendig, dass wir das Thema Grundsteuer angehen“, machte Koger deshalb deutlich. Um die erhöhte Kreisumlage vollständig zu kompensieren, müssten die Hebesätze für die Grundsteuer massiv heraufgesetzt werden. Dies sei aber den Grundstückseigentümern nicht zuzumuten.

Koger und Oberbürgermeister Wolfgang Dietz machten in sehr persönlichen Stellungnahmen beide deutlich, wie ernst es ihnen mit ihrem Ansinnen ist, durch die Grundsteuer zusätzliche Einnahmen für die Gemeinde zu generieren. „Sie tragen die Verantwortung für den Haushalt der Stadt Weil“, appellierte Koger an die Ausschussmitglieder. „Wir sitzen vor einem großen Loch, das der Landkreis zu füllen hat“, machte Dietz deutlich. Es gebe niemand anderes, bei dem man dies holen könne, außer bei den Bürgern. Da es sein letzter Haushalt sei, hätte er gern anderes verkündet. Dem schloss sich Koger an, der sein Bemühen um eine solide Finanzplanung ins Feld führte: „Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, um uns auf der Einnahmenseite zu verbessern.“ Finanziert würden mit dem Geld Sozialausgaben, von denen letztlich die Bürger profitieren. Auch er habe sich für seinen letzten Haushalt etwa anderes gewünscht, hielt er fest.

Gewerbebetriebe nicht zusätzlich belasten

Nicole Sütterlin (Grüne) regte an, die Gewerbesteuer doch noch einmal ins Auge zu fassen, deren Hebesatz 2012 zuletzt erhöht wurde, um so die Last zu verteilen. Darauf entgegnete Koger, man wolle die Betriebe nicht doppelt belasten, denn jedes Unternehmen müsse ja auch Grundsteuer entrichten.

Hintergrund

Grundsteuererhöhung
Wie die Kämmerei in der dem Finanzausschuss vorgelegten Beschlussvorlage aufführt, würde durch die Erhöhung der Hebesätze die Grundsteuer in Weil und seinen Ortsteilen höher ausfallen. Im Durchschnitt wären dort jährlich zusätzlich zu errichten:

In der Kernstadt
Einfamilienhaus/Wohneigentum: zwischen 30 und 35 Euro; Mietwohngrundstück: 200 Euro; Geschäftsgrundstück: 1400 Euro

In Haltingen
Einfamilienhaus: zwischen 25 und 45 Euro; Geschäftsgrundstück: 1700 Euro; Zweifamilienhaus: 60 Euro

In Märkt
Einfamilienhaus: 20 bis 30 Euro; Geschäftsgrundstück: 1100 Euro

In Ötlingen
Einfamilienhaus: 20 bis 40 Euro; Geschäftsgrundstück: 120 Euro; Zweifamilienhaus: 70 Euro.

Stimmen aus dem  Finanzausschuss:

Thomas Harms (FDP) meldete sich nach dem Vortrag von Rudolf Koger als erster zu Wort. Die Diskussion sei völlig unangebracht, sagte er. Sie fände jedes Jahr wieder statt. Die zuletzt deutlich gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen brächten vielleicht ein finanzielles Polster. Für Hausbesitzer komme die Belastung  durch die Grundsteuerreform noch hinzu. Das Argument, wegen der schwierigen Zeiten die Gewerbebetriebe nicht noch mehr belasten zu wollen, gelte auch für die Bürger. „Ich sage es so klipp und klar: Wir werden dem nicht zustimmen.“

Matthias Dirrigl (SPD) sagte in seiner Stellungnahme, er müsse Harms recht geben. Die Grundsteuerreform werde kommen. Bisher wisse man noch nicht, ob damit höhere Belastungen einhergehen.

Andreas Rühle (UFW) zeigte Verständnis für die Rücksicht auf die  angespannte Lage der Betriebe und lehnte eine Gewerbesteuererhöhung ebenfalls ab. Dennoch sei er aktuell  noch nicht für eine Erhöhung der Grundsteuer, sagte er. Er wolle erst geprüft wissen, ob auch durch eine Verschiebung von Baumaßnahmen der Haushalt 2024 gestemmt werden könnte. Zugleich äußerte er aber  auch Verständnis dafür, dass es Pflichtaufgaben  gebe, denen man nachkommen müsse. Wenn das Geld zwingend gebraucht werde, sei er offen für eine Zustimmung im Gemeinderat, kündigte er an.
Martin Fischer (Grüne) kündigte an, dass sich seine Fraktion bei der Abstimmung   enthalten werde. „Wir kennen den Haushalt noch nicht“, führte er an. Dies alles müsse in der Fraktion erst besprochen und abgestimmt  werden.

Jürgen Walliser (UFW) vertrat eine abweichende Meinung. Es sei Abwägungssache, sagte er. In Anbetracht der geschilderten Tatsachen sehe er keine andere Möglichkeit, als die Grundsteuer-Hebesätze wie vorgeschlagen  zu erhöhen. Er stimme dem zu.

"Ich sehe, das wird schwierig", sagte Claus Weibezahl (CDU). Er regte an, die Abstimmung zu "vertagen" auf die Gemeinderatssitzung, um noch einmal in den Fraktionen Rücksprache zu halten.


 

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