Weil am Rhein Helfen, bis die Bodentruppen kommen

Kathryn Babeck
Apotheker Thomas Harms erhält zahlreiche Spenden: Dieser Rollstuhl wird demnächst in die Ukraine gebracht. Foto: Kathryn Babeck

Der Weiler Apotheker Thomas Harms sammelt Hilfsgüter. Regelmäßig fahren Transporte in den Osten der Ukraine.

Den Rollstuhl hat der Apotheker Thomas Harms vor kurzem als Spende erhalten. Er wird mit dem nächsten Transport in den Osten der Ukraine gebracht. Am Nachmittag wird ihn Daniel Prokoptchouk mit einem Transporter abholen. Er und sein Vater Nikolai Prokoptchouk vom S’Einlädele, einer gemeinnützigen Gesellschaft für Mission und Seelsorge in Freiburg, organisieren Hilfslieferungen ins Kriegsgebiet. Jahrelang war der Ukrainer bei der Kiewer Kinderhilfe tätig. Nikolai Prokoptchouk und Harms kennen sich seit über 20 Jahren.

Hauptlieferant aus Weil: Medizin ist teuer

„Thomas Harms ist der wichtigste Lieferant von Arzneimitteln“, sagt Daniel Prokoptchouk. Er sei sogar der Hauptversorger für eines der Krankenhäuser in Luhansk. Die medizinische Versorgung sei in der Ukraine extrem teuer. Harms sammelt seit Kriegsbeginn alles, was er bekommen kann.

Nikolai Prokoptchouk und Thomas Harms mit einem Transporter nach Kiew Foto: Daniel Prokoptchouk

Zunächst lagerte er die Materialien in einer Halle der KBC in Lörrach. Wegen Brandschutzauflagen musste er nach Zell umziehen. Ein Geschäftsmann habe ihm dort eine Lagerhalle zur Verfügung gestellt. Miete müsse er keine zahlen, lediglich die Stromkosten. Das sei dessen Art das Hilfsprojekt zu unterstützen, erläutert der Apotheker.

Seit zwei Jahren war Harms selbst nicht mehr in der Ukraine, früher sei er dreimal pro Jahr dorthin geflogen. Harms hat nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl angefangen, sich um krebskranke Kinder zu kümmern. Mit der Klinik in Kiew telefoniere er immer noch jeden Tag, sagt er. Bisher sei sie vom Krieg verschont geblieben, er unterstützt sie auch weiterhin.

„Die Lage in der Ukraine ändert sich ständig“, sagt Harms. Jüngst hat er wegen der Kälte für 2000 Euro einen Lastwagen mit Holz zum Heizen dorthin geschickt. Harms nimmt alles: Verbandstoffe, Medikamente, Fahrräder, Matratzen, Lebensmittel, Sicherheitsstiefel, mit denen man besser nach Verletzten suchen kann. Die Transporte sollen so weit wie möglich an die Front gelangen, fügt er hinzu. Die Spendenbereitschaft sei in Weil am Rhein immer noch sehr groß. Er erhält kleine und große Beträge. Jüngst habe ihm jemand 4000 Euro überreicht, nennt er ein Beispiel

Von Weil bis an die Ukraine: Die Logistik dahinter

Daniel Prokoptchouk ist in der IT-Branche tätig, hilft jedoch seinem Vater bei der Logistik, bei der gesamten operativen Arbeit vom Deklarieren bis zur Verteilung der Hilfslieferung. Die Lastwagen fahren bis nach Luhansk oder Charkiw, soweit wie möglich in den Osten. Die Partner würden die Hilfslieferungen auf Sprinter und kleinere Transporter verteilen. Dabei arbeiten sie mit Organisationen, unter anderem mit Kirchengengemeinden, zusammen.

Die Helfer kennen sich, es sind oft Verwandte und Bekannte. Als es im Juni 2023, nach der Sprengung des Kachowka-Staudammes riesige Überschwemmungen im Süden gab und Seuchengefahr drohte, lieferten die Prokoptchouks Unmengen an Desinfektionsmittel.

Eine Krankenschwester nimmt Arzei, ein Bett und Lebensmittel entgegen Foto: Daniel Prokoptchouk

„Wir versorgen so lange wir können, bis die russischen Bodentruppen kommen“, sagt Daniel Prokoptchouk. Unter Artilleriebeschuss werde dann evakuiert. Schwer erträglich sei, dass sich viele ältere Menschen weigern, ihr Haus zu verlassen. Sie wollen dort sterben, wo sie herkommen.

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