Weil am Rhein Hochhaus wird mittelfristig abgerissen

Siegfried Feuchter

Städtische Wohnbau: Mieter von 96 Wohnungen betroffen. „Sanierung wirtschaftlich nicht vertretbar“.

Weil am Rhein - Eine Hiobsbotschaft für die Bewohner der 96 Wohnungen im Hochhaus am Liegnitzer Weg 8: Das Gebäude, das der Städtischen Wohnbau gehört, wird mittelfristig in den nächsten acht bis zehn Jahren abgerissen. Denn eine Sanierung wäre laut Geschäftsführer Andreas Heiler mit „einem erheblichen Eingriff in die Tragstruktur“ und „mit horrenden Kosten“ verbunden. Gestern Abend wurden die Mieter bei einer Versammlung informiert.

Der Brief, den die Wohnbau im Vorfeld der gestrigen Mieterversammlung als Einladung an die Bewohner des Hochhauses verschickt hatte, löste einige Unruhe aus. Viele der langjährigen Bewohner befürchten nämlich, dass sie möglichst schnell aus dem 50 Jahre alten Hochhaus ausziehen müssen. Dem ist jedoch nicht so, wie Heiler auf Nachfrage unserer Zeitung bekräftigte: „Es muss zum jetzigen Zeitpunkt niemand ausziehen.“ Die Wohnbau hat jedoch in den zurückliegenden Monaten bei Mieterwechseln die betreffende Wohnung nicht mehr vermietet. Acht der 96 Wohnungen stehen aktuell leer. Zudem werden die Bewohner in dem Brief gebeten, sich nach einer neuen Bleibe umzusehen.

Die Wohnbau kann aus ihrem Bestand in den nächsten paar Wochen 24 sanierte Wohnungen als Ersatz anbieten. 20 weitere werden derzeit saniert. Allerdings müssen die Mieter beim Bezug einer sanierten Wohnung mit höheren Mieten rechnen.

„Bei schwerem Erdbeben Standsicherheit nicht mehr gewährleistet“

Ein Großteil der Wohnungen im Liegnitzer Weg 8 sind nämlich noch in einem Zustand wie im Jahr 1969, also ohne neuen Bäder, Böden und Fenster, weshalb der Mietpreis 4,50 Euro pro Quadratmeter beträgt. Für eine energetisch sanierte Wohnung dagegen verlangt die Wohnbau zwischen sieben und 8,50 Euro pro Quadratmeter.

Nach dem Abriss des 16-geschossigen Wohnhochhauses in einigen Jahren sollen wieder neue Wohnungen an dieser Stelle gebaut werden. In welchem Umfang, steht aber noch nicht fest. „Da wird auch noch die Stadtplanung mitreden“, sagt der Wohnbau-Geschäftsführer.

Wie es zu der Entscheidung gekommen ist, das 1969 fertiggestellte Hochhaus abzureißen, erläuterte Geschäftsführer Andreas Heiler gestern wie folgt: „Da wir das Hochhaus im Liegnitzer Weg 8 grundlegend sanieren wollten, hatten wir eine so genannte Grundlagenermittlung beim Architekturbüro Mayer und Bährle beauftragt. Diese hat ergeben, dass bei einer Sanierung in die Grundstruktur des Gebäudes eingegriffen werden muss. Dadurch würde das Hochhaus seinen baurechtlichen Bestandsschutz verlieren, und bei den Sanierungsmaßnahmen wären unter anderem die heute gültigen Erdbebennormen zu beachten.“

Die Untersuchungen haben dann den Anfangsverdacht erhärtet, dass „im Fall eines schweren Erdbebens in unmittelbarer Nähe des Gebäudes“ auch Schäden an dem Hochhaus zu befürchten seien. Deshalb beauftragte die Wohnbau den Bauingenieur und Gutachter Dr. Luigi Martino, die Erdbebensicherheit zu überprüfen. Denn heutzutage gelten strengere Anforderungen an die Standsicherheit von Gebäuden als dies zum Zeitpunkt des Baus der Fall gewesen ist.

Aufgrund der Ergebnisse dieses Gutachtens schaltete die Stadt einen weiteren Experten ein: Prof. Dr. Jan Akkermann, Geschäftsführer von Krebs & Kiefer Ingenieure. Er konnte zwar die im ersten Gutachten von Martino festgehaltenen Befürchtungen zur Standsicherheit des Hochhauses bei einem schweren Erdbeben nicht nachvollziehen, bestätigte aber dessen Schlussfolgerungen: „Eine Sanierung des Gebäudes Liegnitzer Weg 8 wäre nur mit erheblichen Eingriffen in die Tragstruktur möglich, was unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht darstellbar ist.“

„Vorgaben der neuen Normen erfüllt das Hochhaus nicht“

Die strengeren Anforderungen an die Standsicherheit erklärt Wohnbau-Geschäftsführer Heiler wie folgt: „Ziel der neuen Normen ist es, immer auf Basis neuerer Erkenntnisse das Sicherheitsniveau zu erhöhen. Die Vorgaben der neuen Normen erfüllt das Hochhaus nicht, weil es bereits 1969 errichtet worden ist.“ Weil diese statischen Probleme im Erdbebenfall nur mit immensem Aufwand hätten behoben werden können, nahm die Wohnbau Abstand von einer Sanierung und entschied sich für einen Abriss.

Dass es für die Bewohner dieses Hochhauses nicht einfach wird, eine neue Wohnung auf dem angespannten Wohnungsmarkt zu finden, ist den Verantwortlichen der Wohnbau und der Stadt auch bewusst. Deshalb bietet die Wohnbau sanierte Wohnungen aus ihrem Bestand an. Bürgermeister und Wohnbau-Geschäftsführer Rudolf Koger sagte gestern Abend bei der Mieterversammlung zu, dass sich Wohnbau und Stadt gemeinsam dafür einsetzen, dass die betroffenen Mieter „angemessene Ersatzwohnungen beziehen können“.

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