Weil am Rhein „Jede Krise gebiert auch neue Ideen“

Weiler Zeitung
Kulturamtsleiter Tonio Paßlick Foto: zVg Foto: Weiler Zeitung

Interview: Kulturamtsleiter Tonio Paßlick berichtet, was ihn und seine Mitarbeiter derzeit beschäftigt

Trotz abgesagter Veranstaltungen ruht die Arbeit im Kulturamt der Stadt in Zeiten von Corona nicht. Es gibt dennoch einiges zu organisieren, auch im Hinblick auf Verschiebungen und Alternativ-Angebote.

Von Saskia Scherer

Weil am Rhein. Unsere Zeitung sprach mit Kulturamtsleiter Tonio Paßlick.

Frage: Womit beschäftigt sich das Kulturamt derzeit?

Das Kulturamt befindet sich im Juni und Juli in Kurzarbeit, so dass wir uns auch aus zeitlichen Gründen nur auf wichtige organisatorische Themen konzentrieren können. Unsere Hauptaufgabe besteht in der Verschiebung von Festivals und Veranstaltungen. Das internationale Programm des Bläserfestivals zum Beispiel, mit Gruppen aus den USA, der Türkei oder Kirgisien, kann nächstes Jahr wie für dieses Jahr geplant stattfinden. Mich als Amtsleiter beschäftigt zudem, wie es mit Vereinen, Kulturschaffenden und den verschiedenen Abteilungen weitergeht – wie Bibliothek, Volkshochschule, Musikschule und Museen. Im Stapflehus haben wir zum Beispiel die geplante internationale Keramik-Ausstellung auf das nächste Jahr verschoben, um eine Verlängerung für die Ausstellung des Kunstvereins zu ermöglichen. Wir planen aber bereits die Regionale 21 und können jetzt auch andere Ausstellungen realisieren, während die bestehenden Sonderausstellungen im Museum Weiler Textilgeschichte und Museum am Lindenplatz ja seit dem 16. Mai schon wieder geöffnet sind. Die Musikschule kann vom 22. Juni an wieder schrittweise Präsenz-Unterricht anbieten, auch die Vereine können nach und nach wieder an Proben denken. Alle Abteilungen waren sehr kreativ in ihren Bemühungen, mit der Krise umzugehen.

Frage: Wie viel Aufwand bedeutet solch eine Verschiebung?

Beim Bläserfestival stand schon seit einem halben Jahr und länger fest, welche Bands auftreten. Bei der Verschiebung ins nächste Jahr mussten wir mit den Terminen etwas hin und her jonglieren, da ja auch andere Festivals verschoben werden und die Akteure somit zum Teil auf einen anderen Auftrittsabend ausweichen müssen. Beim Kieswerk-Open-Air hatten wir zwar die Filme noch nicht ausgewählt, aber Technik, Logistik und so weiter – das war alles schon vorbereitet.

Frage: Welche Veranstaltungen könnten im Spätjahr noch stattfinden?

Die Kesselhaus-Angebote wurden in den Oktober und November verlegt, aber ich denke, dass wir sie noch weiter verschieben müssen. Man muss nicht hellsehen, um zu wissen, dass es dieses Jahr wohl noch keinen Impfstoff oder Medikamente gegen das Virus geben wird. Bei den geltenden Abstandsregeln wird keiner professionellen Gruppe zugemutet, vor höchstens 15 Besuchern aufzutreten, die Kalkulationen stimmen dann auch nicht mehr. In der Weihnachtszeit wird es vermutlich nicht anders aussehen, das würde dann auch die ganzen Jahres- und Kirchenkonzerte betreffen. Den Markgräfler Musikherbst haben wir mit den Partnern ebenfalls abgesagt. Bei den sehr eingeschränkten Platz-Zahlen ist das Engagement internationaler Ensembles wirtschaftlich nicht vertretbar.

Frage: Die Auflagen sind also nur schwer umsetzbar?

Es ist für uns gut zu wissen, dass wieder Veranstaltungen mit 100 Personen möglich sind. Aber das Kesselhaus bleibt auf jeden Fall den Sommer über noch geschlossen, denn die Abstandsregeln führen zu sehr kleinen Platz-Kapazitäten. Auch im Haus der Volksbildung wären nur Veranstaltungen für 45 Zuschauer möglich, das funktioniert zum Beispiel nicht für Blueskonzerte, bei denen wir mit über 100 Personen kalkulieren. Der Gewölbekeller des Alten Rathauses wird aktuell auch nicht genutzt, da die Lüftungs- und Zugangssituation dort besser sein müsste. Die von uns genutzten Räume hier sind für die aktuell nachvollziehbaren Einschränkungen zu klein, um eine Wirtschaftlichkeit zu gewährleisten.

Frage: Sind Open-Air-Veranstaltungen eine Option?

Ja, die Weiler Erzähler machen ja beispielsweise von dieser Möglichkeit Gebrauch. Bei Konzerten besteht natürlich immer das Regen-Risiko, das macht es schwierig, auch weil die Leute online Karten kaufen und sich anmelden müssten. Beim Thema Autokino waren wir im Hintergrund tätig, allerdings noch ohne Ergebnis für den Sommer, da das Kino in Friedlingen ja auch nächste Woche wieder geöffnet wird. Personell ist es gerade nicht möglich, neue Veranstaltungen zu kreieren. Aber vielleicht klappt es zu späteren Zeiten. Jede Krise gebiert neue Erfahrungen, Einsichten und Ideen.

Frage: Auf welche Veranstaltungen hatten Sie sich persönlich am meisten gefreut?

Es ist mein Abschiedsjahr und ich hatte mich auf alles sehr gefreut. Da möchte ich gar nichts speziell herausgreifen. Ich wollte die Veranstaltungen gerne noch einmal bewusst erleben und genießen. Das ist schade, aber lässt sich eben nicht ändern. Die Organisation wird wegen der zunehmend intensiveren Wetter-Kapriolen immer anspruchsvoller – aber die Festivals waren immer eine sehr schöne intensive Erfahrung.

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