Weil am Rhein Jeder reklamiert den Sieg für sich

Weiler Zeitung

Stadtführung: Erik Wade zur „Schlacht von Friedlingen“ / 50 Interessierte auf dem Ötlinger Kirchplatz

Was es mit der „Schlacht von Friedlingen“ auf sich hatte, das erzählte Stadtführer Erik Wade am Sonntag bei einer Stadtführung auf dem Ötlinger Kirchplatz anschaulich.

Von Martina Proprenter

Weil am Rhein. Der Tod des letzten spanischen Habsburgers, des kinderlosen König Karl II., löste in der europäischen Diplomatie Unruhen aus, eine Machtkonzentration wurde befürchtet. Während des Spanischen Erbfolgekriegs trafen auch im Dreiländereck 1702 deutsche und französische Truppen aufeinander. An dieser „Schlacht von Friedlingen“ zeigt sich deutlich, wie vermeintlich gesicherte historische Fakten später neu interpretiert werden können, berichtete Stadtführer Erik Wade.

Für die Stadtführung mussten sich die rund 50 Interessierten aber nur geistig bewegen. „Die Punkte liegen so weit auseinander, da wären wir einen halben Tag unterwegs“, erklärte Wade. Stattdessen hatte er Karten und Bilder der Denkmale und historisch relevanten Orte mit auf den Ötlinger Kirchplatz gebracht. Denn eigentlich bestand die Schlacht von Friedlingen aus zwei Schlachten, da sie auf zwei Kampffeldern ausgetragen wurde.

Am frühen Morgen des 14. Oktobers vor 316 Jahren trafen die Kavallerien beider Truppen im heutigen Weil, Friedlingen und Haltingen aufeinander, wobei die zahlenmäßig unterlegenen französischen Gruppen siegten. Auf dem Tüllinger Berg, im Käferholz, griffen die deutschen Truppen nochmals an und schlugen die französischen Infanteristen in die Flucht. „Es ging also so ziemlich unentschieden aus“, scherzte Wade.

Wie dies zu bewerten ist Sowohl der französische Befehlshaber Claude de Villars als auch Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden reklamierten den Sieg für sich. Während die Reichsarmee noch fünf Stunden lang nach der Schlacht blieb, um die Verletzten zu versorgen, zogen sich die französischen Truppen zurück.

Finanziell  ruiniert

„Normalerweise fliehen die Unterlegenen“, so Wade, der auch auf die Onlineenzyklopädie Wikipedia verwies. In der deutschen Ausgabe sei eher von einem Unentschieden zu lesen, in der englisch- und französischsprachigen Version schrieben die Verfasser den Sieg Frankreich zu. Allerdings habe der vierte Krieg des „Sonnenkönigs“ Ludwig XIV. Frankreich finanziell ruiniert. „Ein Fehler, der zur französischen Revolution geführt hatte“, erinnerte Wade.

Nach seinem eineinhalbstündigen Vortrag hatte Wade auch noch mahnende Worte parat: „Aus heutiger Sicht lässt sich die gefährliche Seite des Kriegs sehen: Geschichte wird umgeschrieben.“ Rund 200 Jahre nach der Schlacht wurden gleich zwei Denkmäler errichtet. Am Friedhof Weil am Rhein erinnert eines an Feldmarschall-Leutnant Franz Anton von Hohenzollern-Sigmaringen, der „den Heldentod“ gestorben sei.

Das zweite Denkmal „zur Erinnerung an den Sieg“ des Markgrafen Ludwig Wilhelm wurde auf dem Tüllinger Berg errichtet. Im Pfarrhaus Ötlingen gibt es noch heute ein Zimmer mit dem Namen „Türkenlouis“, in dem der Markgraf seinerzeit übernachtet haben soll. Wilhelm II. hatte das deutsche Militär Ende des 19. Jahrhunderts kurzerhand zum Sieger der „Schlacht bei Friedlingen“ erklärt, so Wade.

Folgen für Bevölkerung

Während die Feldherren beider Truppen aus der Schlacht ruhmreich hervorgingen, hatte besonders die Zivilbevölkerung darunter zu leiden. „Krieg war immer etwas Schlimmes“, sinnierte Wade. Während der Schlacht wurden etwa die Reben am Tüllinger herausgerissen und als Brennholz benutzt, sodass die Bevölkerung kaum Ernte und damit auch kein Einkommen hatte. Zudem habe die französische Armee geplündert. „Ziemlich ausgeblutet“ sei die Gegend nach der Schlacht gewesen, berichtete Wade. Wie viele Tote die Schlacht selbst gefordert hatte, sei allerdings ungewiss. Zwar zitierte Wade Zahlen dazu, fügte aber an, dass er diesen „nicht so ganz glaube“. Demnach fielen 3000 Soldaten der kaiserlichen Armee und 742 wurden verwundet. Auf französischer Seite starben 1703, 2601 wurden verwundet.

Während die gefallenen französischen Soldaten nach Frankreich überführt wurden, blieb die Bestattung der deutschen Soldaten wohl der Zivilbevölkerung überlassen. In Haltingen sei ein Massengrab ausgehoben worden, vermutete Wade.

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