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Weil am Rhein Jugendwerkstatt schließt

Marco Fraune
Das Aus der Jugendwerkstatt sorgt für einen Auszug aus dem Kesselhaus-Domizil. Foto: Marco Fraune

Arbei: Verein „Jugend, Weiterbildung, Wiedereingliederung JWW“ steht vor dem Aus / Corona sorgt für zugespitzte Lage / Rechtsstreit „ein Baustein“ / Ende 2020 ist Schluss

Weil am Rhein - Die länger als 30 Jahre währende Geschichte der Jugendwerkstatt endet zum 31. Dezember. Der Verein „Jugend, Weiterbildung, Wiedereingliederung“ stellt dann seine Arbeit ein. Der jüngste Rechtsstreit mit der früheren Geschäftsführerin sei mit der veränderten Förderstruktur und den Folgen der Coronakrise „ein Baustein von vielen“ der negativen Entwicklung gewesen, erklärte am Montag JWW-Geschäftsführerin Barbara Sauer.

Schon seit längerem plagen den Verein JWW Geldsorgen. Wirtschaftlich war dieser auf Zuschüsse und Fördergelder angewiesen, von „einer wirtschaftlichen Gratwanderung“ war nun auch im Nachgang der außerordentlichen Mitgliederversammlung die Rede, auf der einstimmig die Einstellung der Arbeit zum Jahresende beschlossen wurde, wie der Verein mitteilte. Durch die Coronakrise verschärfte sich die Lage, denn ein Großteil der Finanzierung musste durch private und kommunale Aufträge erwirtschaftet werden. Doch private Aufträge wie Umzüge und Renovierungen wurden laut Sauer kaum noch erteilt und Zuweisungen vom Jobcenter seien ausgeblieben.

Erstaunlicherweise habe man nun zwar wieder gut zu tun, nachdem im April und Mai nichts los war, erklärt Sauer im Gespräch mit unserer Zeitung. Auch Coronahilfen der L-Bank seien letztlich angekommen. Doch insgesamt gehe es darum, mit einer schwarzen Null die Arbeit zu beenden. „Wir sind bemüht, möglichst schuldenfrei rauszukommen. Momentan sieht es gar nicht so schlecht aus.“ Wobei bis Jahresende jeder Auftrag und jede finanzielle Zuweisung zähle. Die WWT als Vermieter sei informiert worden.

Die Diskussion auf der Mitgliederversammlung endete mit dem Aus. „Es ergibt keinen Sinn mehr, wenn man wie ein normaler Handwerksbetrieb arbeiten muss, aber die speziellen Qualifikationen fehlen“, schilderte Sauer im Gespräch mit unserer Zeitung. Die lukrativen Aufträge könnten so nicht an Land gezogen werden.

Die Sinnhaftigkeit des Wirkens stellt die Geschäftsführerin ebenso in Frage, obwohl sowohl für die 63-Jährige als auch für zwei weitere ältere Vollzeitarbeitnehmer sowie vier noch vom Jobcenter geförderte Kräfte damit die Arbeitslosigkeit aller Voraussicht nach folgt. Ziel sei eigentlich, die Menschen über zwei Jahre für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. „Das sehe ich nicht“, vermisst sie die fitten Jugendlichen mit Elan.

Ursprünglich war der Verein vor allem gegründet worden, um arbeitslosen Jugendlichen eine Perspektive durch die Tagesstruktur und das Heranführen an Lehre und Anlehre zu bieten. Durch das niederschwellige Kennenlernen von verschiedenen Berufsfeldern konnten laut dem Verein vor allem sozial belastete Jugendliche eine Integration erfahren und viele von ihnen in der Folge eine Berufsausbildung abschließen. Auch weil die Fördergelder im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit immer weiter gekürzt wurden, ist das Vereins-Aufgabengebiet im Jahr 2005 ausgeweitet worden. „Durch neue Fördermöglichkeiten konnten jedoch nun auch langzeitarbeitslose ältere Menschen eine oft zeitlich begrenzte Tagesstruktur erfahren und wieder sinnstiftenden Arbeiten nachgehen. Viele von ihnen konnten dadurch die Möglichkeit nutzen, wieder im ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, bilanziert der Verein. Doch auch die Situation bei den Langzeitarbeitslosen habe sich im Laufe der Jahre geändert. Durch veränderte Programme gab es laut Sauer nur noch Wenige, die das Angebot der JWW wahrgenommen haben.

Zuletzt kam noch der Rechtsstreit mit der gekündigten Geschäftsführerin hinzu, der Selbstbereicherung vorgeworfen wurde und mit der im Frühjahr ein Vergleich geschlossen wurde. Sauer: „Das war nicht ganz günstig.“

Der zuvor schon wirtschaftlich an den Abgrund gedrängte Verein sah letztlich keine andere Möglichkeit mehr, als die Arbeit Ende des Jahres einzustellen. Unklar ist noch, ob nur der Wirtschaftsbetrieb aufgelöst wird. So besteht die Überlegung, den Verein bestehen zu lassen, um bei anderen Rahmenbedingungen doch die Jugendwerkstatt wiederzubeleben. Die „Hintertür“ wolle man sich offen womöglich offen lassen, so Sauer.

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