Weil am Rhein Klangerlebnis in der Altweiler Kirche

Eckhard Lenzing
Ein klangliches Erlebnis war der Auftritt des Bartholdy Quintetts. Foto: Eckhard Lenzing

Bartholdy Quintett gastiert beim Markgräfler Musikherbst.

Die Sonntagsmusiken im Hause Mendelssohn in der Leipziger Straße 3 waren legendär. Berlins Elite lauschte andächtig den Künstlern. Gerne wäre man einmal dabei gewesen. Ähnliche Momente beglückender musikalischer Darbietungen kann man auch heute erleben, so am Samstag in der Altweiler Kirche mit dem Bartholdy Quintett in der Besetzung: Anke Dill und Ulf Schneider (Violinen), Barbara Schneider und Volker Jacobsen (Violen) sowie Gustav Rivinius (Violoncello).

Die Mitglieder des Bartholdy Quintetts spielen seit 2009 zusammen und sind sehr erfahrene Kammermusiker. Dies spürt und hört man vom ersten Ton an. Da gibt es einen gemeinsamen Puls und ein gemeinsames Empfinden. Da erscheint die Technik nur noch als Mittel zum Zweck. Geradezu betörend ist der edle Klang des Ensembles.

Streicher singen im Duett

Im ersten Streichquintett von Wolfgang Amadeus Mozart KV 174 in B-Dur, welches zuerst erklang, wird der ersten Violine oft die erste Viola gegenübergestellt. Da Mozart ein ausgesprochener Opernkomponist war, hat der Hörer den Eindruck, dass eine Sopranistin und ein Tenor im Duett miteinander singen. Diese opernhaften Gesten sind in allen Sätzen hörbar, wie zum Beispiel im Trio des Menuetts lässt Mozart das Quintett doppelchörig agieren. Ein vorgestelltes Motiv wird als Echo von den zweiten Stimmen beantwortet. Das Bartholdy Quintett hat sichtbar Freude an ihren Rollen, und mit meisterlich sicherer Technik und Artikulation interpretieren sie das Finale.

Das zweite Werk des Abends, „Drei Madrigale“ von Carlo Gesualdo von Venosa, war ein wahrer Kontrapunkt in der Programmgestaltung. Gesualdo, der zu Beginn des Barock lebte, schrieb vor allem geistliche Chormusik. Das Quintett wechselte für die für Streichquintett bearbeiteten Madrigale die Positionen. Anke Dill und Barbara Westphal spielten nun die jeweiligen ersten Stimmen. Vom ersten Tone an war die Darbietung ein klangliches Erlebnis: Die Streichinstrumente begannen im wahrsten Sinne des Wortes zu „singen“. Alte Violinschulen sprechen immer wieder davon, dass man zunächst den Gesang studieren sollte. Das Quintett beherzigte diesen Hinweis. Im alten Stil musizierten sie ohne Vibrato und ganz rein intoniert (mitteltönig). Mit modernen Instrumenten, Saiten und Bögen diese Interpretation zu wählen, und dabei den menschlichen Gesang so wunderbar zu imitieren, verdient Hochachtung.

Ergänzte Komposition

Nach der Pause erklang das erste Streichquintett von Felix Mendelssohn Bartholdy op. 18 in A-Dur. Die Komposition entstand in den Jahren um 1826 und wurde von ihm 1832 durch das nach dem plötzlichen Tod seines Freund und Lehrers Eduard Rietz komponierte Intermezzo – einer persönlichen Erinnerung – ergänzt.

Mendelssohn verwendet die Form des Quintetts in einem viel dichteren Gewebe als Mozart. Seine Beschäftigung mit Bach ist im ganzen Quintett hörbar. Es verwendet im Scherzo und im Finale ausladende Fugen, die vom Ensemble bravourös gespielt wurden. Neben den Themen der Fugen laufen gleichzeitig alle Stimmen parallel weiter. Es brodelt ständig unter der Oberfläche. Die Seele, die in die Welt geworfen ist, sucht nach Halt und Ruhe. In diesem Kontext erscheint das Intermezzo mit seinem lyrisch traurigen Ton wie ein Innehalten.

Bevor man berührt und bereichert nach Hause ging, gab das Ensemble mit einem Satz aus Mendelssohns zweitem Streichquintett eine Zugabe.

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