Weil am Rhein „Können nicht allen helfen“

Weiler Zeitung

Lesung: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer in der Buchhandlung Kastl

Von Joachim Pinkawa

Alle Plätze gefüllt waren am Dienstagabend in der Buchhandlung Kastl: Mit dem Grünen-Politiker und Oberbürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, war bei Inhaber Irimbert Kastl wieder einmal ein aktuell sehr umstrittener Autor mit seinem noch umstritteneren Buch zu Gast.

Weil am Rhein. „Wir können nicht allen helfen“ lautet der Titel des vor wenigen Monaten erschienen Buches zur Flüchtlingsdebatte. Bereits seit Herbst 2015 hatte Palmer für seine kritischen Anmerkungen reichlich Gegenwind erfahren.

Gleich zu Beginn seiner Lesung erklärte er deutlich sein Unverständnis über den Stil der laufenden Auseinandersetzungen. „Ich kann verstehen, wenn wir politisch nicht einer Meinung sind, aber die Form der Auseinandersetzung zeichnet die Qualität des politischen und demokratischen Verständnisses aus.“

Freimütig erwähnte er in diesem Zusammenhang Äußerungen aus politischen Kreisen, sogar seiner eigenen Partei, nach denen er „einfach die Fresse halten“, oder „doch gleich zur AfD gehen“ sollte. Insbesondere über die Qualität der Äußerungen aus den Reihen der Grünen, beispielsweise „das Buch sollte nicht gelesen werden“, zeigte sich Palmer enttäuscht, „ist diese Partei doch ursprünglich aus andersdenkenden und diskutierfreudigen Menschen hervorgegangen und eigentlich immer noch dafür bekannt“, wie er dazu anmerkte. Deutlich artikulierte er in dem Zusammenhang, dass er sich weder aus demokratischen Gründen der freien Meinungsäußerung, noch aus parteipolitisch geforderter Raison „den Mund verbieten lasse“.

Palmer las verschieden Abschnitte aus seinem Buch, mit denen er versucht hatte darzulegen, dass das „Wir schaffen das!“ der Kanzlerin ohne detaillierte Einschätzung und Kenntnisse der Praxis „nach unten durchgereicht wurde“ und insbesondere in den kommunalen Verwaltungen oft zu einem „wir schaffen das nicht!“ führte. Die Kernaussage in seinem Buch lautet nach seinen Erläuterungen grundsätzlich „wir können nicht allen 65 Millionen Flüchtlingen dieser Welt helfen“, soll heißen, „wir müssen aber über Wege und Lösungen nachdenken, mit denen wir auf Basis geltenden Rechts und entsprechender Vorschriften hier mit den Problemen zurecht kommen“.

Als Beispiel dazu brachte Palmer Beispiele aus seiner Arbeit als Oberbürgermeister, wo er sich praktisch mit der zwangsweisen Zuweisung zur Unterbringung von geflüchteten Menschen auseinanderzusetzen habe, aber aufgrund Wohnungsmangel, auch wegen verfehlter Wohnungsbaupolitik, keinen Wohnraum zur Verfügung hat. Darüber hinaus brachte Palmer Teile aus seinem Buch und Erläuterungen seiner Ansichten als quasi Bekenntnisse zum Asylrecht, der seiner Ansicht nach, unsinnigen Diskussion über eine „verfassungswidrige“ Obergrenze und die Moral der Flüchtlingspolitik.

Die „Grenzen der Belastbarkeit bestimmen wir selbst“ lautete sein Statut, das er in diesem Zusammenhang mit der Forderung nach einer „realistischen Betrachtung der Belastbarkeit“ verbindet. Flexiblere Vorschriften und entsprechend mehr Personal zur zeitnahen Abarbeitung der verschiedenen Verwaltungsherausforderungen sah er als Bestandteil möglicher Problemlösungen.

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