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Weil am Rhein Krähen sollen umsiedeln

Saskia Scherer

Tiere: Saatkrähen-Management sieht fürs Erste drei Maßnahmen vor / Sieben Ziel-Bruthabitate auserkoren

Sie sind laut und machen Dreck: die Saatkrähen. Immer wieder beschweren sich Weiler Bürger über die Vögel, die im Stadtgebiet leben. Gegen die unter Naturschutz stehenden Tiere hatte die Stadt aber bislang keine Handhabe. Deshalb wurde im vergangenen Jahr ein Vergrämkonzept – das Saatkrähen-Management – angegangen, das nun im Bau- und Umweltausschuss vorgestellt wurde. Das Ziel: Die Krähen sollen dort brüten, wo sie weniger stören. Es wird allerdings eine Daueraufgabe.

Von Saskia Scherer

Weil am Rhein. „Jedes Jahr gibt es spürbar mehr Anfragen und wir haben das Gefühl, dass die Vögel zunehmen“, berichtete Stephan Fischer von der Stadt- und Grünplanungsabteilung. In der Stadt stehen aktuell 118 Nestbäume mit 268 Saatkrähennestern, wartete Christoph Schmidt von der Firma ProEco Umweltplanung, der den Prozess begleitet, mit konkreten Zahlen auf. Es sind ein bis acht Nester pro Baum. Derzeit leben in Weil rund 500 bis 700 Saatkrähen. Wenn die Jungtiere schlüpfen, werde ihre Zahl in diesem Jahr auf 1150 ansteigen (siehe Info-Kasten). „Eine der Hauptkolonien befindet sich an der Markt- und Kaiserstraße.“ An der Zollanlage gibt es laut Schmidt einen „großen Hotspot“. „Dort sind ganz kleine Bäume, aber 50 Nester.“ Die Kolonie an der Johanneskirche weist eine starke Konzentration auf.

Drei Maßnahmen

Folgende Ziel-Bruthabitate sind nun vorgesehen: Krebsbach, Schlaichturm-Ost, Kieswerk, Lustgarten-Süd, Autobahn, Industriegebiet Alte Straße und Zollparkplatz. Drei konkrete Maßnahmen sind bereits ins Auge gefasst: Am Spielplatz Elsässerstraße sollen Sonnensegel aufgestellt werden. Die Tiere will man in Richtung Hauptkolonie bei der Hauptstraße abdrängen. An der Alten Straße sollen die Krähen in Richtung Norden in die Allee außerhalb der Siedlung umziehen. Dafür ist geplant, die Nistmöglichkeiten durch Rückschnitt einzuschränken. Der Beginn des Versuchs soll so bald wie möglich sein. Die Dauer wird mit mehreren Jahren beziffert.

In der Gartenstadt ist geplant, zwei Bäume zu beschneiden. Dann wird der Erfolg evaluiert. Mittelfristig soll versucht werden, die Tiere in Richtung Landesgartenschaugelände/Mooswald abzudrängen. Die drei Maßnahmen werden laut Fischer parallel laufen.

Schmidt warnte davor, die Vögel zu hart anzugehen. „Dann zersplittern sie möglicherweise und bilden mehrere neue Kolonien.“ Die Maßnahmen müssten darum kleinräumig sein und peu à peu über die Bühne gehen. „Es gibt keine kurzfristigen Lösungen, die vorgestellten Maßnahmen sind nur der Beginn“, ergänzte Fischer. „Es ist eine Daueraufgabe.“

Die Tiere von der Kaiserstraße an den Krebsbach zu verdrängen, werde sicher vier bis fünf Jahre dauern, meinte Schmidt auf Nachfrage von Jürgen Walliser (UFW). Vieles sei auch ein Experiment. „Jedes Individuum ist anders.“ In zwei bis vier Wochen soll es losgehen.

Überschaubare Kosten

Was die Kosten angeht, sei im ersten Jahr mit einem hohen vierstelligen bis niedrigen fünfstelligen Betrag zu rechnen, erläuterte Fischer auf Nachfrage von Axel Schiffmann (UFW), der das „gute Konzept“ lobte. „Wir rechnen mit 2500 bis 3000 Euro pro Maßnahme.“ Dazu kämen geringe Personalkosten. Schiffmann hoffte außerdem, dass man auf dem neuen Fahrradweg an der Alten Straße künftig „nicht mit Regencapes“ – Stichwort Verkotung – fahren müsse, wenn dort Krähen hinsiedeln sollen.

Johannes Foege (SPD) bezeichnete den Naturschutz als wichtiges Gut, wies aber auch darauf hin, dass es sich hier nicht um eine kommunale Aufgabe handele. „Wir machen das freiwillig.“

Thomas Bayer (Grüne) ärgerte sich, dass an der Rastanlage Bäume sehr radikal zurückgeschnitten worden seien und sich die Krähen dann neue Orte gesucht hätten. „Wir sollten an die Autobahngesellschaft herantreten, damit das nicht mehr passiert.“

An der Markt-/Kaiserstraße stehen 22 Bäume mit insgesamt 47 Nestern, dort dürften nach Schlüpfen des Nachwuchses 250 Krähen leben. An der Hauptstraße in Friedlingen stehen 18 Bäume mit 52 Nestern (250 Krähen), an der Zollanlage 20 Bäume mit 50 Nestern (250 Krähen), an der Alten Straße in Friedlingen acht Bäume mit 34 Nestern (160 Krähen), im Bereich Bärenfels/Hiltelinger Straße neun Bäume mit 18 Nestern (90 Krähen), an der Johanneskirche vier Bäume mit 13 Nestern (60 Krähen), an der Alten Straße bei der Spedition Bäumle sind es vier Bäume mit zehn Nestern (50 Krähen) und am Container-Terminal sechs Bäume mit neun Nestern (40 Krähen).

Weil am Rhein (sas). Saatkrähen sind geschützt und dürfen deshalb nicht einfach gestört oder gar getötet werden, erklärte Christoph Schmidt von der Firma ProEco. Die Tiere sind größer als Rabenkrähen und gut erkennbar durch den helleren Schnabel – Rabenkrähen sind komplett schwarz. „Ein Paar kann zwei bis fünf Junge bekommen, eine Vermehrung von bis zu 150 Prozent.“ Der Lieblingsbaum der Saatkrähe ist die Platane. Der Störungszeitraum umfasst etwa vier Monate – ab Februar sind die Tiere am Brutplatz, ab Juni werden die Jungen flügge, so Schmidt. „Sie machen einen unheimlichen Lärm.“ Denn die Tiere warnen sich zum Beispiel vor Feinden. Dazu kommt noch der Kot.

Die Saatkrähe ernährt sich hauptsächlich auf Äckern. „Dafür fliegen sie von hier bis Fischingen oder ins Elsass.“ Von einer Walnuss wird eine Saatkrähe im Winter satt. Doch in der Stadt sei das Nahrungsangebot häufig noch besser, weil Essen auf dem Boden liegt. „Dazu hat sie hier weniger Feinde.“

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