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Weil am Rhein Kulturgenuss trotz Abstand und Sperrstunde

Weiler Zeitung
Begeisterten in der katholischen Kirche Guter Hirte in Friedlingen: Andreas Wäldele, Silke Marchfeld und Thomas Bergmann (von links). Ganz links sitzt Dekan Gerd Möller. Foto: zVg

Andacht: „Susani“ begeistert mit weihnachtlicher Musik vom 16. Jahrhundert bis in die heutige Zeit

Weil am Rhein. „Vom Himmel hoch, o Engel kommt“ oder „Susani, Susani“, wie das Lied auch genannt wird, geht wie das noch bekanntere Adventslied „Oh Heiland, reiß die Himmel auf“ auf eine Textsammlung aus dem Jahr 1622 zurück. Eine Zeit zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges also. „Eine Zeit der Verzweiflung, der ausweglos scheinenden Verheerungen, denen auch in unserer Region die Hälfte der Bewohner zum Opfer fiel“, wie es in einer Mitteilung des Kulturamts heißt.

Gedanken, Gebete und Lieder

Wer bei der musikalischen Andacht am Freitagabend in der katholischen Kirche zum Guten Hirte in Friedlingen im weiten Abstand zu weiteren Zuhörern saß und den Engelsgesängen der Altistin Silke Marchfeld lauschte, konnte sich ausmalen, weshalb die Adventslieder des 16. und 17. Jahrhunderts eine solche Innigkeit und Demut verströmten. Die Gedanken und Gebete von Dekan Gerd Möller und die Liedvorträge entsprachen einander: die Worte nahmen die Andachtsteilnehmer mit auf eine meditativ anmutende Reise zu den Engeln der Bibel und des eigenen Lebens.

Silke Marchfeld füllte mit ihrer schnörkellosen, anmutig dezenten und zugleich kraftvollen Stimme den 13 Meter hohen Kirchenraum, während ihre beiden Begleiter Andreas Wäldele und Thomas Bergmann mit ihren Gitarren den harmonischen Boden bereiteten und zugleich durch zauberhafte Bass-Linien und spannende Harmonie-Auflösungen instrumentale Dialoge schufen.

So verwandelten sich schlichte Melodie-Linien wie bei den ins kollektive Gedächtnis eingegrabenen „Es ist ein Ros entsprungen“ oder „Ich steh an deiner Krippen hier“ durch leichte synkopische Verschiebungen in spannungsvolle Klang-Schöpfungen.

Ein Stück auf alemannisch

Der inhaltliche Bogen wurde durch die Andachtsworte und die Auswahl der Lieder von der Verkündigungsvorstellung über die Rolle Josephs bis hin zur Anbetung des Kindes gespannt. Das „Still, still, still“, eine Überlieferung aus dem Salzkammergut, sang Marchfeld anmutig und mit lang gedehnten Vokalen auf alemannisch. Ein Beispiel dafür, wie sich die Komponisten und Dichter der Advents- und Weihnachtslieder aus dem unerschöpflichen Fundus der Volksweisen bedienen konnten und umgekehrt. Und wie unproblematisch die unterschiedlichsten Sprachregionen die eingängigen Melodien zu adaptieren vermochten.

Wobei jede Kultur auch ihre eigenen Formen erschafft, Freude und Innigkeit auszudrücken. Das virtuose Trio gab auch dafür im dritten Teil der einstündigen Andacht Beispiele. Andreas Wäldele leitete das betäubend schöne „Shalom Aleichim“ mit seinen Soli auf der Mandoline im Klezmer-Stil ein, mit virtuosen Arabesken verzierten beide Instrumentalisten im tänzerischen Stil das spanische Kinderlied „¡Ay! Del chiquirritín“, während Wäldeles Violine virtuos ein irisches Weihnachtslied umrahmte: „Christmas in Killarney“, auch geeignet für Line-Dancer.

Leicht verjazzt beschwor das Trio das amerikanische „A Merry Little Christmas“ herauf, während das ursprünglich französische „Oh Holy Night“ mit gewaltigem Harmonie-Bogen eine Welle der Inbrunst zelebrierte, bevor das Konzert noch vor der Sperrstunde – es war mehrfach vorverlegt worden und begann bereits um 18 Uhr – mit einer entrückt anmutigen Version von „Stille Nacht“ verklang.

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