Weil am Rhein Mit Blessuren und Besonderheiten

Weiler Zeitung
Zwei Freskenzyklen aus unterschiedlichen Epochen, das steinerne Sakramentshäusschen und die seltene Darstellung der Dreifaltigkeit machen die Märkter Kirche zu einem kunsthistorischen Kleinod. Foto: Jasmin Soltani Foto: Weiler Zeitung

Serie I: „850 Jahre Märkt“ / St. Nikolaus-Kirche mit wechselvoller Geschichte / Kosten ein Knackpunkt

Viel zu erzählen hätte die Märkter Kirche, könnte das schlichte Mauerwerk, dessen älteste Teile aus dem 13. Jahrhundert stammen, sprechen. Vor allem im Innern zeigt sich die dem Schutzpatron der Fischer geweihte St. Nikolaus-Kirche als wahres Kleinod.

Von Jasmin Soltani

Weil am Rhein-Märkt. Schon die erste Beurkundung Märkts vor 850 Jahren geht auf einen Streit zurück, bei dem das Patronatsrecht über die Märkter Kirche 1169 den Freien von Kirchen zugesprochen wurde, obschon das Kloster Stein am Rhein dieses Recht für sich beanspruchte und sich dabei auf eine Schenkung durch Kaiser Heinrich II. aus dem Jahr 1007 berief.

Es dürfte also schon vor über 1000 Jahren eine Märkter Kirche gegeben haben, von der der Röttler Landvogt Leutrum im Jahr 1730 sogar als „Mutterkirche“ von Eimeldingen sprach. Mit der Zeit verlor sie aber an Bedeutung. Zu gering waren im armen Dorf die Einnahmen aus dem Zehnten, um einen Pfarrer zu besolden und zu niedrig war die Zahl der Dorfbewohner. Schon 1436 wurden die Kirchen Eimeldingen und Märkt gemeinsam mit einem Pfarrer versehen, ab 1532 regelten Verträge die Seelsorge in Märkt von Eimeldingen aus, was nach der Reformation zur Regel wurde.

Eine Reihe von An- und Umbauten hat die Kirche, die oft in einem desolaten Zustand war, im Laufe der Jahrhunderte erfahren. Im Zweiten Weltkrieg, als zwei Drittel der Märkter Häuser zerschossen wurden, erlitt das Gotteshaus heftige Blessuren.

Wiederentdeckte Fresken

Dem Turm fehlte das Dach, obschon die alte, 1765 in Lörrach gegossene Glocke erhalten blieb. Ein Artillerie-Volltreffer hatte das Obergeschoss des Langhauses zerstört, das Kircheninnere beschädigt und im Chor die Orgel demoliert. Doch die 1934 wiederentdeckten Fresken blieben fast verschont, so berichtete es der damalige Denkmalpfleger J. Wilhelm.

Teilweise schwierige und sich lange hinziehende Sanierungsarbeiten standen also an, bevor die Kirche am vierten Advent im Jahr 1966 wieder feierlich eingeweiht werden konnte. Zunächst sorgte ein Notdach dafür, dass sie 1949 wieder begehbar wurde. Ein Jahr später waren die schlimmsten Kriegsschäden beseitigt, der Turm allerdings wurde vorerst nur notdürftig aufgestockt und mit einem Pappdach versehen. 1951 kamen zwei neue Glocken aus Eisenguss in den Turm hinzu. Sie wurden 2013 durch zwei neue aus Bronzeguss ersetzt, die seither gemeinsam mit der reparierten historischen Glocke einen ansprechenden Dreiklang bilden.

Ihren kunsthistorischen Wert bemerkt der Besucher aber erst, wenn er die Kirche betreten kann (Anfragen bei der evangelischen Kirchengemeinde Eimeldingen-Märkt oder mit etwas Glück am Tag des Offenen Denkmals im September). Bei der Innensanierung bemerkte Restaurator Jürgen Brodwolf aus Vogelbach 1959, dass die Fresken in mehreren Schichten und zu verschiedenen Zeiten entstanden. Aus dem 14./15. Jahrhundert stammen Wandmalereien, die Zwölf Apostel und zwölf Propheten im Wechsel zeigen, erkennbar am Heiligenschein und besonderen Kopfbedeckungen. Der darunter liegende Zyklus stammt aus hochgotischer Zeit und wird Basler Meistern zugeschrieben. Etwas besonderes ist das mit zwei plastischen Engeln verzierte Sakramentshäuschen in der Chorwand, wohl aus dem Jahr 1401, und als Rarität gilt gar die Darstellung der Dreikopf-Gottheit über dem kleinen Fenster hinter dem Altar.

Fragt man Pfarrer Jochen Debus, was heute dringend saniert werden müsste, dann ist es die Orgel aus dem Jahr 1966, die zumindest einer Rundreinigung bedarf. Kostenpunkt: rund 20 000 Euro. Die Kostenübernahme ist Teil der Verhandlungen, die zwischen Stadtverwaltung und Kirche laufen: Alten Verträgen zur Folge liegt nämlich die Baulast für Kirchturm und Orgel bei der politischen Kommune, während für das Kirchenschiff die evangelische Kirchengemeinde zuständig ist.

Übertragung der Baulast

Seit Anfang der 1990er-Jahre bemüht sich die Stadt darum, die Baulast für Kirchturm und Orgel der Kirchengemeinde zu übertragen. Die hat es aber bislang abgelehnt, unter anderem „weil die finanzielle Entschädigung, die im Raum steht, im Hinblick auf langfristige Unterhaltskosten zu gering ist“, so Debus. Eine Rolle spielen auch die Sparmaßnahmen der Landeskirche, wozu die Forderung zählt, die Gemeindehausfläche in Eimeldingen um 60 Prozent zu verringern. Vier Varianten sind dazu derzeit in Arbeit und werden von Architekten geprüft, erläutert der Pfarrer. Der Märkter Kirche soll es bei den Sparmaßnahmen aber nicht an die Substanz gehen. „Sie ist als Kirche mit hoher Priorität eingestuft“ – auch wegen des monatlichen Gottesdienstes, den die Gesamtgemeinde hier stets feiert.

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