Weil am Rhein Mit dem Namen Matro fing alles an

Jasmin Soltani

„850 Jahre Märkt“: Blick auf Geschichte des Dorfs ab der ersten urkundlichen Erwähnung.

Weil am Rhein-Märkt - Einem ordentlichen Rechtsstreit verdanken es die Märkter, dass sie in diesem Jahr das 850-jährige Bestehen ihres Ortes feiern können. Eine Besiedlung dürfte es hier, wie vielerorts entlang des fischreichen Rheins, aber schon vor 1169, der urkundlichen Ersterwähnung von Märkt, gegeben haben – einem Ort, der viele Wandlungen durchmachen musste.

Die Region am Rheinknie im Umfeld von Augst und später Basel war seit jeher eine Siedlungskammer, erläutert Kreisarchivar Oliver Uthe. Der Ortsname, der als „Matro“, „Matra“ aber auch „Matera“ und „Marget“ bis hin zu Merckt in späteren Urkunden auftaucht und auf eine keltische Wasserbezeichnung hindeutet, lege nahe, dass sich dort keltische Stämme niedergelassen hatten.

Name aus voralemannischer Zeit

Märkt ist einer der wenigen Orten im Landkreis mit einem Namen aus voralemannischer Zeit. Als die Alemannen im dritten und vierten Jahrhundert in die Region kamen, haben sie die flussnahen Siedlungen offenbar der gallo-römischen Vorbevölkerung überlassen. „Alemannen waren keine Fischer“, sagt Uthe.

Weil die Kelten kaum etwas schriftlich festhielten und auch die römischen Schriftquellen aus der Region keinen Hinweis auf Märkt geben, muss man sich für eine Lebensbestätigung des Ortes an ein Urteil aus der Regierungszeit des Stauferkaisers Barbarossa halten, das 1169 fiel. Darin entscheidet der Zähringer Herzog Berthold als zuständiger Gerichtsherr, dass die drei Gotteshäuser in Eimeldingen, Märkt und Kirchen der einheimischen Adelsfamilie der Freien von Kirchen und nicht dem Kloster Stein am Rhein gehören.

Die Mönche hatten, ohne Märkt explizit zu nennen, mit dem Argument geklagt, die drei Kirchen seien ihnen schon 1007 von Kaiser Heinrich II. quasi als Teil des königlichen Besitzes rund um Kirchen geschenkt worden.

Das Gezerre ging noch eine Weile weiter, doch in vier Folgeurkunden nach 1190 haben der zuständige Bischof und der Papst das erste Urteil bestätigt. Stets zu Gunsten eines Patronatsrechts für die Freien von Kirchen, die damit ein Teil der Zehnt-Einnahmen erhielten und das Recht, den Pfarrer zu bestimmen.

Nicht viel an Abgaben zu bieten

Nach dem Niedergang der Staufer und der Freien von Kirchen ging das Patronatsrecht in den Besitz des Bischofs von Basel über, der es 1241 an das neue Chorherrenstift St. Peter am Petersplatz weiterreichte. Doch zu einer völligen Basler Oberherrschaft in Märkt kam es nicht, auch weil die Gerichtshoheit als kaiserliches Reichslehen an die Herren von Grünenberg ging, von deren Nachfahren Ende des 15. Jahrhunderts an die Markgrafen von Hachberg-Sausenberg und ab 1535 an die Markgrafen von Baden-Durlach. Sein Patronatsrecht konnte der Stift von St. Peter jedoch über die Reformation hinaus bis zu seiner Auflösung 1816 bewahren.

Viel hatte das an Land arme Dorf, dessen westliche Ausdehnung gleichwohl einst bis zur Petite Camargue im Elsass reichte, an Zehnten und sonstigen Abgaben freilich nicht zu bieten. Vor allem vom Fischfang und als versierte Schiffer verdienten die wenigen Bewohner ihren bescheidenen Lebensunterhalt. Ein guter Absatzmarkt – für Fische und Gemüse, für das am Märkter Ufer umgeschlagene Eisenerz aus Kandern, aber auch für etwas gewaschenes Rheingold – war über Jahrhunderte hinweg das nahegelegene mächtige Basel. Ackerbau und Viehzucht gestalteten sich schwierig, der einst ungezähmte Rhein vernichtete mit seinen Hochwasserfluten immer wieder die Ernte oder riss Weide- und Ackerland gänzlich fort.

Die Armut und die geringe Einwohnerzahl hatte auch zur Folge, dass Märkt seit 1436 kirchlich als Filiale von Eimeldingen geführt wird. Auch politisch wurde Märkt, das zum Amt Rötteln und später zum Oberamt Lörrach gehörte, als Filiale von Eimeldingen geführt. Erst in Folge der Gemeindereform 1830 wurde der rund 200 Einwohner zählende Ort am 11. Dezember 1838 selbstständig, wählte einen Gemeinderat und mit dem „Kronen“-Wirt Johann Michael Flößer einen ersten Bürgermeister.

Auch Märkt wurde von Kriegen, Zerstörungen und Seuchen heimgesucht, die Bewohner litten unter Plünderungen und Brandschatzungen durchziehender Truppen.

Plünderungen und Zerstörungen

Die Verheerungen des 30-jährigen Kriegs, vor denen die Märkter auf ihre Rheininseln und nach Basel flohen, waren kaum überwunden, da äscherten französische Truppen im holländischen Krieg 1678 sieben Häuser ein. Obstbäume und Inselwaldungen fielen dem sechsjährigen Krieg 1688 zum Opfer. Plünderungen und Zerstörungen erlebten die Märkter kurz darauf während des spanischen Erbfolgekriegs mit der Schlacht am Tüllinger Berg 1702 sowie 1792 bei Kämpfen in Folge der Französischen Revolution und während der napoleonischen Kriege 1814/15.

In den folgenden 60 Jahren veränderte vor allem die Rheinregulierung durch den badischen Oberst Tulla das Leben der Märkter. Die Turbulenzen der badischen Revolution 1848/49 und den deutsch-französischen Krieg 1870/71 überstand der Ort ohne Zerstörungen.

Einzelne Facetten der Dorfentwicklung, die heutige Situation und mögliche Zukunftsperspektiven beleuchten wir im Jubiläumsjahr in unserer Serie „850 Jahre Märkt“.

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