^ Weil am Rhein: Mit einer inneren Zerrissenheit - Weil am Rhein - Verlagshaus Jaumann

Weil am Rhein Mit einer inneren Zerrissenheit

Marco Fraune

Interview: Amerikaner Erik Wade bewertet Midterm-Wahlergebnis als „gesund“. Trump-affine Familie.

Weil am Rhein - Mit Spannung erwartete Erik Wade aus Haltingen die Wahlergebnisse in seinem Heimatland. Der gebürtige Amerikaner hat sowohl die Binnen- als auch die Außensicht auf das politische Geschehen in den USA.

Deutliche Kritik am US-Präsidenten übt der 56-jährige Weiler im Gespräch mit unserer Zeitung – doch auf eine differenzierte Art und Weise. Die Familie von Wade in den Staaten ist hingegen Trump-affin.

Frage: Wie bewerten Sie als gebürtiger Amerikaner das Ergebnis der Midterm-Wahlen?

Gesund. Es handelt sich hier um eine Korrektur des Wählervotums von vor zwei Jahren. Das amerikanische Wahlsystem sieht diese Möglichkeit bewusst vor, da Präsidentschaftswahlen und Kongresswahlen nicht synchron laufen.

Frage: Die Republikaner konnten zwar die Mehrheit im Kongress gewinnen, doch nicht im Senat. Warum ist solch ein Präsident wie Donald Trump nicht noch mehr abgestraft worden – speziell für seine Rhetorik?

Es wurde nur ein Drittel des Senats neu gewählt und viele Sitze befanden sich schon in Demokraten-Hand. Die Chancen waren also sehr gering, die Mehrheit zu gewinnen. Darüber hinaus gibt es aber auch eine emotionale Betrachtungsweise. Klar ist, die Sicht der Dinge in Deutschland ist eine andere als das, was man in Amerika mitbekommt.

Frage: Woran liegt das?

Ich glaube nicht, dass die Presse hier falsch berichtet. Das deutsche Publikum ist aber zu 95 Prozent gegen Trump. Wenn die Medien hier also etwas Positives über Trump berichten, glauben die Leute es eh nicht. Die vorherrschende Meinung wird durch die Berichterstattung also verstärkt.

Frage: Machen die Medien etwas falsch?

Die Berichterstatter sind an ihre Umgebung adaptiert. In Amerika ist die Wahrnehmung eine andere. Dort läuft ein Kulturkampf, gerade bei den Republikanern. Denen bleibt nach ihrer Meinung angesichts der Furcht vor einer demokratischen Vorherrschaft nichts anderes übrig, als für Trump zu stimmen. Ansonsten würden ja die Demokraten regieren.

Frage: Ist die deutsche Sichtweise auf Amerika womöglich zu sehr von Extremen geprägt?

Ich glaube nicht, dass der deutsche Blick falsch ist, doch angepasst an die deutsche Erwartung. Zum Beispiel bei „Obamacare“: Aus deutscher Sicht ist es völlig unverständlich, dass man darüber diskutiert. In Deutschland funktioniert das gemeinschaftliche Gesundheitssystem. Die Amerikaner sehen hingegen, dass die Gesundheitsversorgung für alle Bürger unterm Strich sehr teuer ist. Viele meinen auch, dass die illegal im Land lebenden Migranten überproportional von „Obamacare“ profitieren. Meiner Meinung nach ist „Obamacare“ jedoch ein Schritt in die richtige Richtung.

Frage: Sie selbst sind in der Weiler CDU im Vorstand aktiv. Herrscht dort Entsetzen über das aktuelle Wirken des amerikanischen Präsidenten?

Wir sprechen bei den Vorstandssitzungen vor allem über andere Themen. Ich kenne aber keinen Trump-Fan im CDU-Vorstand. Normalerweise votiere ich als weiterhin Wahlberechtigter für die Republikaner, aber auch ich bin gegen Trump. Er ist das Gegenteil von dem, was man sich von einem republikanischen Präsidenten wünscht.

Frage: Müssen Sie sich manchmal innerhalb Ihrer Partei oder auch bei Bekannten und anderen Gesprächspartnern für Ihre Herkunft rechtfertigen?

Das ist noch nicht oft vorgekommen. Doch viele nehmen auch Rücksicht auf mich. Wenn sie etwas gegen Trump sagen, ergänzen sie direkt, dass ich es nicht persönlich nehmen soll. Der Härtetest steht aber im Sommer an, wenn ich nach Amerika reise und die Verwandtschaft besuche. Die Mehrheit meiner Familie ist Trump-affin.

Frage: Werden Sie das Thema Trump dann lieber totschweigen?

Von meiner Seite werde ich ihn nicht ansprechen, meine Familie hingegen wohl schon. Bereits jetzt hat dies Einfluss darauf, wie gerne ich nach Amerika reise. Gedanklich entwickele ich eine Strategie für den richtigen Ton, doch diesen kann man eigentlich kaum haben.

Frage: Was ist angesichts Ihrer inneren Zerrissenheit Ihr Wunsch für die Zukunft?

Dass Trump in zwei Jahren abgewählt wird, wäre mir recht. Schlimmer als der aktuelle Präsident kann ein Nachfolger nicht sein. Vor zwei Jahren habe ich aber weder Trump noch Hillary Clinton gewählt, sondern nur alle weiteren Posten, die für Kalifornien zur Wahl standen. Trump ist ein zu großer Idiot und Hillary Clinton mir zuwider. Aus meiner Sicht wäre es für die Zukunft schön, wenn die Republikaner eine Allianz zwischen den Religiösen und den Fiskalkonservativen bilden, also mit dem Geld ausgeben zurückhaltend sind. Möglicherweise vollzieht die Parteilandschaft derzeit einfach einen großen Wandel. Kurzfristig könnte es also weiter ungemütlich werden, doch langfristig erfolgt dann ein Reinigungsprozess.

Frage: Glauben Sie, dass angesichts der neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus, die Demokraten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anstreben?

Das halte ich für unwahrscheinlich. Falls Sonderermittler Robert Mueller aber eine „Smoking gun“, also Beweise zu einer möglichen illegalen Verbindung zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland findet, wäre es unausweichlich.

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