Weil am Rhein Mit Erleichterung und ohne Euphorie aufgenommen

Weiler Zeitung

Stimmungsbild: Weiler Parteispitzen kommentieren Biden-Wahl / Militär-Etat und Klimaschutz zentrale Aspekte / Anderer Ton

Weil am Rhein (mcf). Die US-Wahl ist auch von den Weiler Spitzenvertretern der Parteien interessiert verfolgt worden. Dass Joe Biden voraussichtlich die Nachfolge von Donald Trump antritt, wird positiv bewertet, Euphorie kommt aber nicht auf. Die Themen Verteidigungshaushalt und Klimaschutz sind dabei zentral.

Optimistisch, dass Biden die Zukunft positiver gestalten wird als sein Vorgänger, ist der Vorsitzende der Freien Wähler, Eugen Katzenstein. „Es war eine gute Entscheidung der Wähler.“ Biden werde aber sicher auch einige Dinge ähnlich anpacken, wie die Forderung an Deutschland, die Militärausgaben zu erhöhen. Für Katzenstein ist aber wichtig, dass Deutschland dafür mehr Entwicklungsausgaben habe. „Das wäre eher der Weg, um Konflikte zu vermeiden.“ Es gelte, den Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu begegnen. Sollten die Demokraten sich Anfang des nächsten Jahres in den Stichwahlen nicht die Senatsmehrheit holen können, werde es eng mit Umsetzungsmöglichkeiten, weiß der UFW-Chef.

Vor allem einen anderen Ton sehnt Katzenstein herbei. „Man wird nicht mehr das aggressive Verhalten und das dumme Twitter-Geschwätz haben.“ Der Umgang mit den europäischen Partnern verbessere sich. „Ich bin aber gespannt, was kommen wird. Wir haben viele Krisenherde.“

Der Weiler Grünen-Vorsitzende Thomas Bayer spricht von einem „Glücksfall, dass die Amerikaner die Kurve gekriegt haben“. Denn Trump habe aus europäischer Sicht alles an die Wand gefahren. Dabei blickt Bayer auf die UN, das Klimaabkommen oder auch die Krankenversicherung in Amerika. Aber auch der Umgang bei G8-Sitzungen sei „schon peinlich“ gewesen und die Lügen des Präsidenten „unglaublich“.

Der Grünen-Chef erwartet nun die Rückkehr zur Diplomatie statt einer Selbstdarstellung des Präsidenten. Dennoch gelte es, europäische Linien aufzubauen und mehr Verantwortung zu übernehmen, auch hinsichtlich der Nato-Kosten. Denn Biden werde hier auch hart in der Sache bleiben. Hoffnung hat der Grünen-Vorsitzende, dass die USA zum Klimaabkommen zurückkehren. Das Fazit von Bayer: „Euphorisch darf man nicht sein, ich bin Realist.“

Die Reaktion von Trump auf die Wahlergebnisse sorgt bei dem heimischen CDU-Vorsitzenden Günter Dußmann für Kopfschütteln. „Eigentlich kennt man das nur von Kindern.“ Obwohl Dußmann froh ist, dass Biden gewählt wurde, ist er sich sicher: „Es wird nicht alles wieder auf Null gestellt.“ Der Wechsel im Weißen Haus sei eine Chance für Europa, näher zusammen zu rücken. Dafür müsse man etwas tun. „Mit dem neuen Präsidenten kann man reden und streiten. Man kommt immer zu einem Konsens“, ist der CDU-Chef optimistisch.

Die von den USA geforderte Erhöhung der deutschen Militärausgaben stößt bei Dußmann auf Verständnis. „Es ist immer ein Wirtschaftsmotor“, erkennt er Ausgaben für die Bundeswehr, die im Land verbleiben. Doch auch die Themen Luftverschmutzung oder Plastikmüll würden nicht von alleine verschwinden. Die USA trete daher dem Klimaabkommen wieder bei, prognostiziert Dußmann. „Das ist auch im Interesse der Amerikaner.“

Selbst wenn die Demokraten nicht die Mehrheit im Senat gewinnen sollten, werde die Zukunft positiver sein, glaubt Dußmann. „Er eint und kennt die Protagonisten alle sehr lange. Das ist der Vorteil des hohen Alters.“ In Kombination mit der Vize-Präsidentin Kamala Harris (56) bestehe eine „tolle Kombination“. „Man spürt, die mögen sich und dann gibt es eine gute Teamarbeit.“

Dass jede Stimme gezählt wurde, kommt beim SPD-Fraktionschef Matthias Dirrigl besonders gut an. „Die Demokratie hat gesiegt.“ Es habe dafür eine gewisse Zeit des Durchhaltens benötigt. Weder die Abwahl von Trump noch ob er Biden die Daumen gedrückt hat, kommentiert Dirrigl im Detail. Denn: „Ich bin nicht wahlberechtigt.“

„Ich bin aber froh, dass man wieder eine andere Gesprächskultur finden wird“, rechnet der Sozialdemokrat mit einer Intensivierung der freundschaftlichen Beziehungen zu den USA. Die EU müsse ihrer Verpflichtung und Verantwortung nachkommen, auch im sozialen und geopolitischen Bereich, nicht nur im militärischen. Sollte Olaf Scholz der nächste Kanzler werden, gebe es auch für ihn eine Herausforderung, auf Augenhöhe agieren zu können. Klar sei, dass auch für Biden „Amerika first“ gelte, aber in einer anderen Tonlage.

Der neue Weiler FDP-Vorsitzende Taylan Kahraman gibt sich abwartend, da Trump noch vor Gericht klagt. „Für Europa ist es aber besser, dass es wohl Biden wird.“ Unter Trump habe das Verhältnis zu Deutschland gelitten. Auch das Bundestagswahlergebnis mit einem neuen Kanzler an der Spitze werde eine Rolle spielen, wie das Verhältnis zwischen beiden Ländern sein wird.

Die erste Biden-Rede hat Kahraman schon einmal gut gefallen, da dieser sich für den Zusammenhalt der Nation und gegen eine weitere Spaltung positioniert hat. Als Hauptursache, dass Trump schon nach vier Jahren Amtszeit abgewählt wurde, macht der FDP-Chef dessen Umgang mit der Corona-Pandemie aus. Kahraman hofft, dass Deutschland nicht allzu sehr die Militärausgaben erhöhen wird. „Ob wir das sollten, muss noch diskutiert werden. Ich bin eher pazifistisch veranlagt.“

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