Weil am Rhein Mit Tabletten gegen die Tigermücke

Weiler Zeitung
Deutlich erkennbar: ein Weibchen der asiatischen Tigermücke (Aedes albopictus) auf einem frischen Ligusteraustrieb sitzend. Foto: B. Pluskota (KABS/IfD) Foto: Weiler Zeitung

Bekämpfung: Plagegeister und Krankheitsüberträger breiten sich in Friedlingen aus / Bürger erhalten biologische Mittel und Flyer

Die Befürchtung ist Realität geworden: Die Tigermücke hat Weil am Rhein erreicht und lebt hier. Damit sich der Krankheitsüberträger und Plagegeist nicht enorm ausbreitet, werden direkt Maßnahmen ergriffen. In Friedlingen erhält jeder Haushalt sogar Spezial-Tabletten.

Von Marco Fraune

Weil am Rhein. Die Nähe zur Autobahn, die weiter in den Süden führt, bringt für Weil am Rhein in diesem Fall Nachteile mit sich. „Die A5 ist die Einschleppungsart Nummer 1“, kennt Diplombiologe Artur Jöst die erfolgte passive Verbreitung der asiatischen Tigermücke. Eigentlich legt diese Art nur 200 Meter pro Generation zurück. Doch in Töpfen vom Blumengroßhandel oder an der Innenseite von Autoreifen aus Brasilien oder Südostasien finden auch deren Eier ihren Weg bis ins Dreiländereck. „Die Tigermücken wollen uns stechen und sie folgen uns.“ Sie würden auch im Auto oder im Laster von Italien nach Deutschland mitfahren. Wie genau die Weiler Tigermücken nun gereist sind, sollen Analysen noch zeigen. Schon seit vergangenem Jahr müssen diese aber bereits hier sein, da die Population sich über 50 Hektar im Bereich Friedlingen erstreckt.

Direkt gehandelt

Wichtig ist der Leiterin des Weiler Rechts- und Ordnungsamts, Ellen Nonnenmacher, sowie Erster Bürgermeister Christoph Huber, dass die vermehrungsfähige Population der asiatischen Tigermücke wieder aus der Grenzstadt verschwindet. Direkt, nachdem ein Bürger am 30. Juli ein eindeutiges Foto des kleinen Blutsaugers geliefert hatte, lief daher die Maschinerie an, wie schon vor zwei Jahren in Lörrach der Fall. Das Gesundheitsamt wurde informiert und das Institut für Dipterologie (IFD) beauftragt. Drei Mitarbeiter der Gesellschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage (GFS) untersuchten knapp drei Wochen lang daraufhin Grundstücke in Friedlingen, da die Mücken selbst in kleinen, mit Wasser gefüllten Topfuntersetzern einen Lebensraum finden. Zwei weitere Nachweise an der Lustgartenstraße und an der Reblistraße gab es, wobei bei beiden eine direkte Verbindung nach Friedlingen bestand.

„Es war nicht die Frage, ob die Tigermücke kommt, sondern wann sie kommt“, zeigte sich Huber bei der Information der Presse jetzt wenig überrascht. Immerhin gab es schon 2015 in einer Freiburger Gartenanlage die erste Population in Deutschland. Im Gegensatz zum asiatischen Laubholzbockkäfer ist dieses Mal aber nicht das Landratsamt, sondern die Stadtverwaltung mit der Bekämpfung betraut, wobei das Gesundheitsamt als Berater fungiert. Nach aktuellem Stand wird dieses Jahr mit den ersten Maßnahmen begonnen, was die Stadt etwa 8000 Euro kosten wird. Für nächstes Jahr rechnet Huber mit Kosten in Höhe von 60 000 Euro.

Krankheiten verhindern

Über eine Internetseite können Bürger auch Verdachtsfälle melden und geschossene Fotos hochladen. Damit will die Stadt verhindern, dass die Bürger von den Plagegeistern verstärkt heimgesucht werden. Denn die asiatische Tigermücke sticht nicht nur abends und nachts, sondern auch tagsüber. Und sie kann Krankheiten übertragen, dies aber vor allem in den Tropen und Subtropen „Es ist eher unwahrscheinlich, doch ich kann es nicht für Weil am Rhein ausschließen“, will Jöst hier keine Hysterie verbreiten. Je mehr Tigermücken es gebe, je mehr gereist und je heißer es werde, umso eher bestehe die Gefahr der Krankheitsübertragung. „Wir sollten versuchen, sie zu eliminieren oder so zu dezimieren, dass die Gefahr gering bleibt, sich zu infizieren.“

BTI-Tabletten fürs Wasser

Und hier sind auch die Bürger gefragt, betonen der Diplombiologe sowie Huber und Nonnenmacher von der Stadt. In Friedlingen werden in Kürze die Info-Flyer an die Haushalte verteilt, ebenso die BTI-Tabletten. Diese werden nicht eingenommen, sondern dienen als biologisches Mittel, das in die nas-sen Brutstätten gegeben werden soll – in Gärten, auf Terrassen oder auf Balkonen. Eine der zehn Tabletten reicht für die Behandlung von 50 Litern Wasser. Im Rathaus gibt es bei Bedarf einen Nachschub an Tabletten. Noch im September soll den Brutstätten, also beispielsweise in gefüllten Regentonnen, der Garaus gemacht werden. Es gilt, „die Eilast zu reduzieren“, so Jöst. Es sei schwierig, alle zu entfernen. Am Wasserfass-Rand helfe beispielsweise nur, mit einer Wurzelbürste mehrmals zu schrubben, das einfache Abspritzen hingegen nicht. Kein Problem sei hingegen ein belebter Gartenteich, im Gegensatz zum über mehr als fünf Tage offen stehenden Planschbecken.

Weiter geht es im Frühjahr

Sogar offen stehende und gefüllte Gießkannen stellen hier ein Problem dar. „Es ist eine Sisyphusarbeit“, weiß der Diplombiologe, da Brutstätten bis ins zweite Obergeschoss reichen würden. Wichtig ist zudem: Bei den BTI-Tabletten handelt es sich um ein Eiweiß, das Mückenlarven vernichtet, aber anderen Tieren, Menschen und Pflanzen nicht schadet, unterstreichen die Verantwortlichen.

Im Frühjahr soll die Bekämpfung fortgesetzt und intensiviert werden. Alle potenziellen Brutstätten der auffällig schwarz-silberweiß gefärbten Stechmücke mit einer Größe von 0,5 bis einem Zentimeter werden von April bis Oktober mit dem biologischen Wirkstoff versehen, kündigt der Experte an. Hierzu steht noch die Suche von mindestens zehn Helfer an, die alle zwei bis drei Wochen zu den Bürgern gehen. Eine alternative Methode, die womöglich zusätzlich noch erfolgt, ist das Ausbringen steriler Männchen, damit die Fortpflanzung der asiatischen Tigermücke stark eingedämmt wird. Die Embryonen wären dann nicht mehr entwicklungsfähig. Immerhin legt ein Weibchen innerhalb von sechs Wochen 350 Eier in verschiedenen Zyklen nach einer Befruchtung.

Aussichten auf Erfolg

Für nächstes Jahr heißt es also: Bekämpfung im Verbreitungsgebiet, aktives Monitoring (Fallenstellen und Larvensuche), passives Monitoring (Bevölkerung sensibilisieren und diese zum Mitwirken aktivieren), Transparenz für die Arbeit schaffen sowie fünftens die Schulung für spezielle Gruppen wie Arbeiter auf Friedhöfen oder in Kleingartenanlagen. Für April ist auch eine Bürger-Info-Veranstaltung ins Auge gefasst.

Dass es klappen kann, die asiatische Tigermücke aus ihrem äußersten Verbreitungsgebiet wieder zurückzudrängen, zeigt die Nachbarstadt Lörrach. Hier griffen ab Juli 2017 nach dem Erscheinen des Plagegeistes die Bekämpfungsmaßnahmen. „Jetzt ist sie wahrscheinlich weg“, erklärt der Diplombiologe, wobei er noch vorsichtig ist mit einer endgültigen Einschätzung. In Freiburg sei zudem das Vorkommen deutlich eingedämmt.

 Weitere Infos zur Tigermücke gibt es unter www.weilamrhein.tigermücke.info

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