Umfrage: Parteien sehen kaum Anzeichen von Politikverdrossenheit / Derzeit wenige Neuanmeldungen
Die politische Debatte ist derzeit gefühlt so lebhaft wie selten. Die Proteste der Fridays for Future-Klimaschutzbewegung, die Corona-Maßnahmen oder Personalentscheidungen auf Bundesebene bewegen viele Menschen. Auf der anderen Seite gibt es auch Studien, die eine zunehmende Politikverdrossenheit gerade bei den Jüngeren beobachtet haben wollen.
Weil am Rhein. Wie sich diese beiden Pole auf die Arbeit der Ortsvereine und Stadtverbände auswirken, dazu hat sich unsere Zeitung bei den Parteien umgehört.
Unabhängige Freie Wähler
Von „stabilen Mitgliederzahlen“ spricht Eugen Katzenstein von den Unabhängigen Freien Wählern (UFW). Speziell vor den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr habe man einige neue Mitglieder gewinnen können, seither seien die Zahlen gleich geblieben. „Wir hatten keine Austritte“, sagt er. Zwar sehe man bei jungen Leuten durchaus eine gewisse Politikverdrossenheit, da mancher denken würde: „Die machen doch ohnehin, was sie wollen“, schildert Katzenstein seine Erfahrungen. Aber gerade auf lokaler Ebene könne man sich in vielen Projekten engagieren und sehe dann auch, dass sich etwas bewegen lässt.
Grüne
„Einiges an neuen Mitgliedern“ gebe es bei den Grünen, wie der Vorsitzende des Weiler Ortsverbands, Thomas Bayer, sagt. Da derzeit wegen der Corona-Pandemie keine Ortsverbandstreffen stattfinden, könne er die genaue Anzahl nicht nennen. Aber allein im vergangenen Jahr habe man „aufgrund von Zuzug oder neuer Meinungsbildung“ sieben Neumitglieder gewinnen können, darunter auch junge Leute, die bei „Fridays for Future“ aktiv sind. Diese Klimaschutzbewegung habe sich von den Schülerprotesten im vergangenen Jahr mittlerweile coronabedingt ins Internet verlagert. „Wenn man sich engagiert, merkt man, dass man etwas bewegen kann“, betont auch Bayer und begrüßt, dass man bei den Grünen vor Ort mit Gerhard Zickenheiner sogar an einen Bundestagsabgeordneten herankomme.
CDU
Dass die Mitgliedergewinnung derzeit schwierig ist, berichtet Günter Dußmann vom CDU-Stadtverband. „Solche Dinge leben vom persönlichen Kontakt, der derzeit aufgrund der Corona-Pandemie aber nicht ohne Weiteres möglich ist“, schildert er seine Erfahrungen. Die Mitgliederzahlen seien unverändert, wobei es auf kommunalpolitischer Ebene immer schwierig sei, Menschen zu motivieren. „Überzeugen, nicht überreden“, nennt Dußmann sein Motto. Das wöchentlich angebotene CDU-Bürgertelefon würde rege angenommen, freut er sich, wobei derzeit die temporäre Fußgängerzone in der Innenstadt ein großes Thema sei.
FDP
Auch beim FDP-Ortsverband sei die Mitgliederzahl stabil bei etwa „Mitte 20“, wie der stellvertretende Vorsitzende Wolfgang Roth-Greiner sagt: „Wir hatten in den vergangenen Monaten keine Zu- oder Abgänge.“ Eine Politikverdrossenheit sieht er im Lokalen nicht. „Derzeit gibt es das Aufregerthema mit der temporären Fußgängerzone, aber solche Themen gibt es immer“, schildert Roth-Greiner seine Erfahrungen.
SPD
Konstant 105 Mitglieder zählt der Ortsverein der SPD, wie Markus Langhans von der Vorstandschaft sagt. Die Mitgliederzahl sei stabil, wobei der Altersdurchschnitt bei der Weiler SPD eher etwas höher sei, aber auch Studenten umfasse. „Unsere Jusos leisten hervorragende Arbeit“, sagt Langhans mit Blick auf die Jugendorganisation der SPD. Aber auf lokaler Ebene wirke sich das kaum aus. Politikverdrossenheit bei der Jugend sei ein Thema, aber er betont: „Junge Leute sind immer wichtig, und wir sind froh über jeden, der sich engagiert.“
Corona habe die Gewinnung neuer Mitglieder, die auch über den persönlichen Kontakt läuft, nicht leichter gemacht, denn ab Mitte März gab es drei Monate lang keine Treffen. Mittlerweile gab es bereits wieder ein Vorstandstreffen im Freien – „Das war mal etwas anderes“, erinnert sich Langhans –, aber unter den derzeitigen Bedingungen sei das Gewinnen neuer Mitglieder für alle Parteien eine Herausforderung.
