Weil am Rhein „Musik ist ein Lebensgefühl“

Jennifer Ningel und Saskia Scherer
Sie sind „Destruction“: (von links) Martin Furia, Schmier, Randy Black und Damir Eskic. Foto: Romana Kalkuhl

Portrait: Die in Weil entstandene Band „Destruction“ ist 40 Jahre alt / Es hat sich viel getan

Am Anfang stand die Passion für Musik – doch wie sich dann alles für die Thrash-Metal-Band „Destruction“ entwickelte, damit hatten die Musiker nicht gerechnet. Die Gruppe hat es zu internationaler Bekanntheit gebracht, tritt weltweit auf. Ihre Gründung liegt nun 40 Jahre zurück. Sänger und Bassist Schmier lässt im Gespräch mit unserer Zeitung die Geschichte von „Destruction“ Revue passieren und verrät, dass es für ihn immer noch neue Highlights gibt.

Von Jennifer Ningel und Saskia Scherer

Weil am Rhein. In der Teenie-Disco in Weil hat Schmier seine künftigen Bandkollegen kennengelernt. „Damals gab es nur eine Handvoll Leute in der Metal-Szene, es kamen immer die zehn gleichen“, erzählt er. Die Jungs fanden in Schmier den gesuchten Bassisten – und „Destruction“, damals noch unter anderem Namen, war geboren. „Es war die sogenannte Popper-Zeit und wir waren die Gegenbewegung“, sagt Schmier, der mit bürgerlichem Namen Marcel Schirmer heißt. „Wir waren jung, rebellisch und wollten etwas Neues machen, aus dem spießigen Alltag ausbrechen.“

Voller Selbstvertrauen

Als „Destruction“ (auf Deutsch „Zerstörung“) hatte die Band ein Ziel: „Die härteste Band der Welt werden.“ Im Tonstudio wurden erste Demos aufgenommen, die Musiker schrieben Labels an. „Wir waren voller Selbstvertrauen, hätten aber dennoch nie gedacht, dass wir das professionell machen können“, erinnert sich Schmier. Der erste Plattenvertrag sei eher durch Zufall zustande gekommen. „Der frühe Vogel fängt den Wurm“, meint er. „Die Verantwortlichen sagten, sie hätten uns ausgewählt, weil wir so geil aussehen.“ Im Jahr 1984 haben die Musiker ihre erste Schallplatte veröffentlicht.

Für „Destruction“ ging es ziemlich schnell bergauf. „Wir waren eine der ersten Bands, die so harte Musik gemacht haben, und haben viel Aufmerksamkeit bekommen.“ Und das weltweit. „Das war natürlich ein Motivationsschub und eine Bestätigung, vor allem, weil wir am Anfang nur schwer ernst genommen wurden“, sagt Schmier.

Ende 1984 erfüllte sich die Band ihren damaligen größten Traum, ein Konzert zu spielen – und zwar in Essen. „Dort gab es schon eine richtige Szene, hier bestand sie ja nur aus uns und unseren 15 Freunden“, lacht der Musiker. Erstmal konnten sie es aber gar nicht recht genießen: „Wir haben lange im Proberaum geübt, aber wenn man dann oben steht, hat man alles vergessen. Uns fehlte die Routine.“ Das änderte sich aber: „Wir wurden oft gebucht und unsere Konzerte waren oft ausverkauft.“

Einige Jahre getrennt

In den 1990er-Jahren gingen die Musiker teils getrennte Wege. „Jeder wollte etwas anderes“, erklärt Schmier. Ende der 90er folgte dann aber eine „Reunion“: „Das war wie eine Familienvereinigung. Wir wussten es auch wieder mehr zu schätzen.“

Es muss menschlich passen

Im Laufe der Jahre gab es immer wieder Änderungen in der Besetzung. Die musikalische Ausbildung ist dabei nicht alles für Schmier, da diese nicht zwangsmäßig zum Erfolg führe. „Man muss es wollen.“ So muss auch das Zwischenmenschliche passen – und man darf kein Problem damit haben, auf Touren zu spielen. Heimweh ist also kontraproduktiv.

Ab 1999 war die Band dann gewissermaßen in Weil zu Hause – geprobt wurde im Kesselhaus in Friedlingen. „2012 oder 2013 wurden wir dann aber von der Stadt rausgeworfen. Wir waren zu alt und zu erfolgreich“, ärgert sich Schmier. Weil Proberäume in der Region rar gesät seien, probte „Destruction“ von da an in der Schweiz, wie früher schon einmal. „Das war zwar teurer, aber dafür auch richtig professionell ausgestattet.“ Noch immer bedauert der Musiker aber, dass die Kultur in Deutschland kaum gefördert werde. „Dabei hat ja Corona gezeigt, wie wichtig sie ist.“

Ihre Lieder haben die Musiker früher gemeinsam im Proberaum komponiert. Heute besteht diese Ortsabhängigkeit nicht mehr: Die Bandmitglieder können sich ihre jeweiligen Ideen als Sounddateien zusenden. „So bereitet jeder etwas vor und wir finalisieren den Song dann gemeinsam.“ Es folgt die Aufnahme der Demos, die als Grundidee erst einmal liegen bleiben. Aus diesen Demos entstehen – nach Anpassung der Melodie und Struktur – die fertigen Platten.

Die Texte stammen dabei meistens von Schmier. Die Songtexte von „Destruction“ sind häufig sozialkritisch und vor allem nah am Leben. Es geht um Politik, Trennungen, Depressionen. „Sie sind aber auch sehr lebensbejahend.“ Wie etwa das Lied „Hope Dies Last“: „Es ist wichtig, wieder aufzustehen“, beschreibt Schmier die Botschaft dahinter.

Ehemalige mit dabei

Nach der Corona-Zwangspause konnte die Band dieses Jahr wieder relativ viel spielen – allerdings nicht in Europa. „Hier ist immer noch vieles unklar.“ So lasse sich keine Tour planen. „Wir hoffen, das nächstes Jahr im Mai nachholen zu können.“ Bis dahin stehen Auftritte in den USA und Lateinamerika, in Asien und in Australien an. Und im Sommer sollen noch einmal ein paar Konzerte zum „40-Jährigen“ gegeben werden – mit ehemaligen Bandmitgliedern, so wie beim „Baden in Blut“ dieses Jahr. „Wacken wäre nett.“

Außerdem entsteht derzeit ein „Destruction“-Film, unter anderem mit Aufnahmen vom „Baden in Blut“ und aus Mexiko. Die Musiker hoffen, ihn nächstes Jahr veröffentlichen zu können.

So lange wie möglich

In 40 Jahren gab es für Schmier viele Highlights – etwa der erste Plattenvertrag, das erste große Festival, das nächstgrößere Festival, aber auch neue Abenteuer zu erleben und in Ländern zu spielen, in denen die Musiker noch nie vorher waren: „Wir haben jetzt eine Anfrage für Ostindien.“ So ergeben sich auch wieder neue Highlights.

Viele Fans begleiten die Band von Anfang an. „Fans sind das Rückgrat einer jeden Band, ohne sie wären wir nicht da“, betont Schmier.

40 Jahre „Destruction“ – und wie lange wird es die Band noch geben? „Ein Musiker geht nicht in Rente“, sagt Schmier. Er will spielen, so lange er kann. „Musik ist nicht nur ein Job, sondern ein Lebensgefühl – eine Passion.“

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading