Die nach wie vor fehlende Aussage zu den Betriebskosten behagte einigen Gemeinderäten nicht. Eugen Katzenstein (UFW) bezeichnete es als „nicht nachvollziehbar“, dass nicht wenigstens eine Betriebskostenschätzung vorgenommen wurde.
Die BVB hätten unlängst 25 Trams für 125 Millionen Franken gekauft. Wenn die Stadt Weil am Rhein dann also im Zuge der Verlängerung zwei Tramfahrzeuge kauft, sei bei einer angenommenen Lebensdauer der Fahrzeuge von 30 Jahren damit zu rechnen, dass man 300 000 Euro pro Jahr als Betriebskosten „an der Backe“ habe, rechnete Katzenstein vor.
Selbst bei einem Zuschuss habe man noch mit hohen Abschreibungen zu rechnen. Bei einer Abschätzung der voraussichtlichen Betriebskosten komme man „locker in den siebenstelligen Bereich hinein“.
Zwar stehe die Fraktion der Freien Wähler dem Vorhaben „Tram 8+“ grundsätzlich positiv gegenüber, aber es gebe auch Stimmen – seine mit eingeschlossen – die der Beschlussvorlage so nicht folgen würden. Man dürfe eine Entscheidung von solcher Tragweite nicht übers Knie brechen, denn es komme sicher auch Agglo 5, verwies er auf zukünftige Möglichkeiten einer Förderung von Schweizer Seite.
Katzensteins Fraktionskollege Axel Schiffmann sagte, er freue sich zwar über Visionen. Aber nach derzeitiger Faktenlage lasse sich ein Projekt in dieser Größenordnung nicht umsetzen.
Andreas Rühle (UFW) bezeichnete „Tram 8+“ als das wichtigste Projekt für die kommenden Jahre – noch vor Hangkantenbebauung und Rathauserweiterung. „Mein Herz schlägt für die Tram“, machte er deutlich. Vor 20 Jahren sei in Friedlingen noch wesentlich mehr Autoverkehr gewesen als heute, da die Tram 8 dort fährt. Aber nicht nur Friedlingen, sondern Weil am Rhein insgesamt könne von der Verlängerung der Tramlinie profitieren.
Wolfgang Roth-Greiner (FDP) meinte, dass keine Betriebskosten genannt würden, komme einem Freifahrschein gleich. „Wer sagt uns, dass wir so viele Menschen erreichen?“, sagte er mit Blick auf die prognostizierten Fahrgastzahlen. „Warum scheut man hier jegliche Mühe?“, fragte Roth-Greiner. Und warum sollte der Schweizer Bund nochmals etwas mitfinanzieren, was ihm – abgesehen von zusätzlichem Einkaufstourismus – nichts bringe. Er trage die Beschlussvorlage in ihrer jetzigen Form jedenfalls nicht mit.
Zurückhaltung und Skepsis
„Zurückhaltend und skeptisch“ gestimmt zeigte sich Johannes Foege (SPD). Er erinnerte an ähnliche Diskussionen vor der Wegbereitung für die Tram 8. „Es geht nicht darum, dass die Altweiler leichter zum Rathaus kommen oder die Friedlinger leichter zum Läublinpark, sondern es geht darum, dass wir uns als Teil der Region begreifen“, brach er eine Lanze für die Tramverlängerung. Daher sitze der Schweizer Bund mit an der Kasse.
Zugleich gehe es ihm darum, dass der Blickwinkel weiter geht als bis zu den 12 000 Einwohnern von Weil, die als Fahrgäste erreicht werden sollen. Es gehe vielmehr um eine Verkehrswende und um die Vermeidung von Abgasen und Lärm. Die SPD-Fraktion stimme der Beschlussvorlage mehrheitlich zu, sagte Foege.
Foeges Fraktionskollege Matthias Dirrigl ergänzte, dass der „Point of Return“ ja noch gegeben sei, das Vorhaben also noch rückgängig gemacht werden könne, falls die Kosten zu hoch zu werden drohten. Wichtig sei es, sich hier nichts zu vergeben, sagte er mit Blick auf die Förderung aus dem Agglo-4-Fördertopf. Oberbürgermeister Wolfgang Dietz sagte dazu, dass er es nicht erleben wolle, dass Weil am Rhein die Reißleine zieht. Aber klar sei auch, dass die anhaltende Corona-Pandemie weder an der Stadt Weil am Rhein noch am Schweizer Bund wirtschaftlich spurlos vorübergehe.
Martin Fischer (Grüne) sagte mit Blick auf einen ebenfalls aus dem Gemeinderat heraus angeregten City-Bus (siehe nebenstehenden Artikel): „Wenn, dann will man ein Verkehrsmittel haben, das durchgeht.“ In Basel sei die Tram das schnellste Verkehrsmittel, da sie überall Vorfahrt habe. Es wäre also unsinnig, in Weil am Rhein darauf zu verzichten. Seine Fraktionskollegin Linn Fischer stimmte ihm zu und wies ebenfalls auf die Bedeutung einer Durchgängigkeit hin.
Auf Sicht fahren
Darauf, dass bestimmte Personengruppen mit der Tram 8 auch nach einer Verlängerung gar nicht erreicht würden, hoben mehrere Stadträte ab. Eva-Maria Bozenhardt (CDU) sagte, dass es auch Menschen gebe, die etwa aus beruflichen Gründen auf das Auto angewiesen seien. Thomas Harms (FDP) bezweifelte, dass man ältere Menschen mit der Tram erreiche. Gustav Walliser (CDU) lud dazu ein, sich vorzustellen, wie Weil am Rhein ohne Tram 8 aussehen würde. „Die Tram ist ein Magnet, der zusätzliche Kaufkraft anzieht“, sagte er.
Claus Weibezahl (CDU) sagte, dass die Diskussion ihm zu weit ins Detail gehe. „Wir sagen ja und fahren auf Sicht“, erklärte er für seine Fraktion. Notfalls habe man ja immer noch die Hand an der Notbremse.