Weil am Rhein Nicht auf der Straße landen

Saskia Scherer
Die Fachstelle Wohnungssicherung hilft Menschen, nicht obdachlos zu werden. Foto: Pixabay/AKuptsova

Die Arbeit der Fachstelle Wohnungssicherung hat sich 2022, im dritten Jahr der Corona-Pandemie, weiter bewährt. In zahlreichen Fällen konnte die Obdachlosigkeit verhindert werden.

Insgesamt wurden 48 Haushalte erreicht, das ist ein Haushalt weniger als im Vorjahr. Das geht aus dem Jahresbericht vor, der nun dem Kultur-, Sport- und Verwaltungsausschuss vorgelegt wurde. Bei 18 Haushalten wurden die Beratungen abgeschlossen und es konnte ein Beratungsergebnis ermittelt werden. „Bezogen auf diese Gruppe konnte bei 83,3 Prozent (76,2 im Vorjahr) der Haushalte effektiv geholfen und Obdachlosigkeit verhindert werden“, heißt es.

Potenziell hohe Folgekosten

Bei 44,4 Prozent (Vorjahr: 23,8) der Haushalte konnte die Wohnung gesichert werden, bei 38,9 Prozent (52,4) wurde eine alternative Wohnung gefunden. So ergeben sich die erwähnten 83,3 Prozent. Bei einem Haushalt (im Vorjahr vier) gab es eine ordnungsrechtliche Unterbringung, zwei Personen (2021: eine) sind in eine „prekäre Wohnungssituation“ gewechselt.

Die Verantwortlichen bewerten das Ergebnis als besonderen Erfolg für das Jahr 2022, zumal es aufgrund der Pandemie immer wieder Einschränkungen in der Kontaktaufnahme zu den Haushalten gegeben habe, und die Folgen des Ukraine-Kriegs auf dem Wohnungsmarkt durch fluchtbedingte Nachfrage und eine sprunghaft gestiegene Inflation für die Haushalt deutlich spürbar geworden seien. „Jeder Wohnungsverlust zieht für die Kommune potenziell hohe Folgekosten nach sich. Nicht selten steigen die Mieten bei Wiedervermietung drastisch, so dass nicht nur ein Wohnungsverlust zu verzeichnen ist, sondern der Verlust einer Wohnung im Segment der Niedrigpreiswohnungen“, heißt es.

In diesem Zusammenhang habe sich die Kooperation mit der ambulanten Fachberatung der AGJ für Wohnungslose in den Räumen der Wärmestube in Friedlingen sehr bewährt, ebenso wie der Datenaustausch mit dem Amtsgericht Lörrach. „Etwas mehr als die Hälfte der Haushalte konnte über die Information des Amtsgerichts kontaktiert werden.“ In der Wärmestube bietet die Fachstelle eine wöchentliche Sprechstunde an.

Weiterhin besondere Berücksichtigung müsse der hohe Anteil von Migranten/Ausländern (58,3 Prozent) finden. Die Fachstelle komme erneut zu dem Ergebnis, dass Wohnungsverlust für diese Personengruppe in besonderer Weise eine Rolle spiele. Es falle ihnen offensichtlich schwer, öffentliche Leistungen zu beantragen.

Wohnungen sind knapp

Wenn Wohnungen nicht gesichert werden konnten, lag dies laut dem Jahresbericht meist an unangemessenen Mietpreisen, fehlenden Leistungsansprüchen oder ungesicherten Mietperspektiven. Das Jobcenter gewährt dann kein Darlehen zur Übernahme der Mietschulden. „Kritische Situationen entstehen häufig, wenn ein Familienmitglied auszieht, bei Arbeitslosigkeit oder bei Eintritt in den Rentenbezug“, heißt es weiter. Auch würden häufig teure Wohnungen angemietet, da kein preisgünstiger Wohnraum vorhanden sei. „Wir sind eine Gemeinde mit Wohnungsknappheit“, sagte Ellen Nonnenmacher, Leiterin des Rechts- und Ordnungsamts im Weiler Rathaus, in der Sitzung.

Im Jahr 2022 mussten laut Nonnenmacher 16 Personen (13 Erwachsene und drei Kinder) in eine Obdachlosenunterkunft der Stadt eingewiesen werden. „Elf Personen davon sind durch den Brand in der Lessingstraße 8 obdachlos geworden.“ Erforderliche Obdachlosenunterbringungen werden durch die Polizeiabteilung vorgenommen. Bei der Unterbringungen habe die Wohnbau unterstützt. „Es war eine Herausforderung, die Grundausstattung zu besorgen“, erläuterte Nonnenmacher. Sie lobte die „sehr gute und konstruktive Zusammenarbeit“ mit der Fachstelle Wohnungssicherung.

Hintergrund

Zahlen
Bei 45 der im vergangenen Jahr erreichten 48 Haushalte handelte es sich meist um solche, die unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht waren, während drei Haushalte nach BAGW-Definition (Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe) kein Wohnungsnotfall waren. Bei der Ausgangssituation dominierte mit 50 Prozent die Gruppe, bei der bereits eine Räumungsklage anhängig war. Bei 14,6 Prozent lag eine Kündigung vor. Eine Zwangsräumung war bei 8,3 Prozent terminiert. Weitere 27,1 Prozent waren von Mietschulden oder anderen finanziellen Wohnungsproblemen betroffen. Insbesondere bei Mietschulden suche diese Gruppe frühzeitig die Hilfe der Fachstelle Wohnungssicherung, heißt es. Mit 40,5 Prozent dominierten die Paare mit Kindern, 29,7 Prozent machten alleinstehende Männer ohne Kinder aus. Bei der Altersverteilung lässt sich ein Schwerpunkt bei den 30- bis 39-Jährigen mit 34,4 Prozent ausmachen. 28,1 Prozent waren über 50 Jahre alt. Bezieher von öffentlichen Unterstützungsleistungen wie Kindergeld oder Wohngeld waren als größte Gruppe mit 25,4 Prozent vertreten. Der Anteil der Haushalte mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit lag bei 17,9 Prozent. Nur ein Haushalt im Berichtszeitraum verfügt über kein geregeltes Einkommen. In 58,3 Prozent der von der Fachstelle erreichten Haushalten leben Menschen mit Migrationshintergrund. Mit 68,8 Prozent dominiert der Anteil der privaten Vermieter weiterhin deutlich. Mietschulden waren das Hauptproblem (70,8 Prozent).

Die Fachstelle Wohnungssicherung Weil am Rhein
besteht seit dem 1. Januar 2014. Grundlage ist eine Vereinbarung der Stadt Weil mit dem AGJ-Fachverband für Prävention und Rehabilitation der Erzdiözese Freiburg.

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