Weil am Rhein Landet Güterstraßen-Beschluss vor Gericht?

Marco Fraune
Die Güterstraße Foto: Marco Fraune

Sanierung: OB könnte Ratsbeschluss widersprechen. Ausschuss für Verzicht auf Straßen-Übernahme

Weil am Rhein - Der Ausbau der Güterstraße erfährt eine neue Wende. Da sich abzeichnet, dass die Mehrheit des Gemeinderats auf eine Übernahme der Straße durch die Stadt von der Bahn verzichten will, hat OB Wolfgang Dietz angekündigt, diesem Votum dann womöglich widersprechen zu müssen und von höherer Instanz prüfen zu lassen.

Anlass dieser vom Stadtoberhaupt im Finanzausschuss ins Spiel gebrachten Option ist, dass nicht nur die Stadt, sondern auch der Gemeinderat an Recht und Gesetz gebunden sei. Und aufgrund der bisherigen Prüfungen, die auch mit anwaltlicher Unterstützung erfolgten, müsse die Straße angesichts der erforderlichen Sanierung von der Bahn übernommen werden, um nicht in fremdes Eigentum zu investieren und auch um nicht eine Ungleichbehandlung vorzunehmen.

Noch hat Dietz nach eigener Aussage die Rechtslage nicht mit dem Regierungspräsidium Freiburg geklärt, was passiert, wenn der Rat gegen die Übernahme der Straße stimmt. Bisher habe er sich nicht dazu genötigt gefühlt.

Nach der einstimmigen Ortschaftsrats-Empfehlung sieht die Lage für ihn anders aus. „Eventuell muss ich aus rechtlichen Gründen dem Gemeinderatsbeschluss widersprechen“, kündigte das Stadtoberhaupt an. Ob er eine handfeste Auskunft durch das RP erhalte, zog der OB ein Stück weit infrage. „Die warten lieber ab, was das Gericht entscheidet.“

Vier zu drei Stimmen

Der Finanzausschuss stimmte am Montagabend gegen den Verwaltungsvorschlag, die Straße von der Bahn zu übernehmen. Der UFW-Antrag erhielt mit vier zu drei Stimmen bei drei Enthaltungen eine Mehrheit.

Auf der rechtlich sicheren Seite sehen sich die Freien Wähler, deren Fraktion den Verzicht auf die Übernahme der Güterstraße von der Bahn mit einem Antrag stoppen will. Denn ohne eine Übernahme würden keine Erschließungsbeiträge fällig, so die Intention.

Die Rechtssicherheit sei ein hohes Gut, kommentierte Andreas Rühle (UFW) die OB-Stellungnahme. Und der Gemeinderat halte sich an Recht und Gesetz. Es handele sich um einen besonderen Fall, zudem könne man sich eine Grunddienstbarkeit von der Bahn sichern, was geprüft werden solle. Erster Bürgermeister Rudolf Koger sieht dies nicht als sinnvoll an.

Im Gemeinderat wird es aller Voraussicht nach eine Mehrheit für diesen Antrag geben, da Grünen-Sprecher Martin Fischer im Finanzausschuss eine geschlossene Zustimmung zum UFW-Antrag angekündigt hat. „Es ist kein Präzedenzfall“, sieht er keine Probleme einer Ungleichbehandlung mit anderen Anwohnern, die Beiträge zahlen mussten. Vielmehr wäre es laut Fischer unfair, wenn die direkten Nachbarn nicht zahlen mussten, die Güterstraßen-Anlieger nun schon. „Es ist ein ganz besonderer Fall“, meinte auch Thomas Harms (FDP).

Gleichbehandlung

Eine andere Sicht auf die Dinge hat die CDU-Fraktion, deren Sprecher Claus Weibezahl keine Ungleichbehandlung mit anderen Anwohnern im Stadtgebiet akzeptiert. Es müsse „im Sinne der Gleichbehandlung“ entschieden werden. „Ich will auch vermeiden, dass die Gemeindeprüfungsanstalt uns zwingt, Erschließungsbeiträge nachträglich zu erheben.“

Jürgen Valley (SPD) erklärte, dass Erschließungsbeiträge immer eine „bittere Pille“ seien, die Situation für die Betroffenen sei aber schwierig. Doch der Erschließungsbeitrag sei ein Betrag, mit dem man immer rechnen solle. Der Rat müsse sich an Recht und Gesetz halten. Der UFW-Antrag sei aus moralischen Gründen gestellt worden. Wenn die Beiträge nicht erhoben würde, trage die Allgemeinheit die Kosten.

Wie im Haltinger Ortschaftsrat und zuvor in den politischen Gremien kamen erneut die Punkte historische Straße sowie vorhandene Straße zur Sprache. Beides treffe auf die Güterstraße nicht zu, so Koger, womit Erschließungsbeiträge rechtlich zwingend erhoben werden müssten. „Uns ist mehr als bewusst, dass es Unmut erzeugt“, verwies Dietz auf eine eindeutige Rechtslage. „Es gibt kein gemeinderätliches Ermessen.“

Daher hatten die Freien Wähler auch beantragt, auf die Übernahme zu verzichten. „Rechtlich mag es richtig sein, aber moralisch ist es nicht vertretbar“, meinte UFW-Stadtrat Jürgen Walliser.

Unklarheit herrschte in der Diskussion im Finanzausschuss über die Nutzerstruktur in den betroffenen Wohnungen. Erster Bürgermeister Rudolf Koger erklärte, dass es bei einem Viertel der Wohnungen Eigentümer gebe, die nicht vor Ort wohnen.

Von den Zuhörerbänken wurde hingegen die Zahl von einer 90-Prozent-Eigentümer-Quote gesprochen. Sybille Gründel von der Eigentümergemeinschaft erklärte am Dienstag gegenüber unserer Zeitung, dass unter den 29 Wohneinheiten insgesamt 21 selbst bewohnt werden oder die Kinder Eigentümer sind und ihre älteren Eltern dort günstig wohnen lassen. Nur acht seien fremdvermietet, davon drei durch die Vonovia.

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