^ Weil am Rhein-Ob-Wahl: Kandidaten im Wirbel der Fragen - Weil am Rhein - Verlagshaus Jaumann

Weil am Rhein-Ob-Wahl Kandidaten im Wirbel der Fragen

Beatrice Ehrlich
Es war viel los im Rathaussaal: Zu Beginn der Veranstaltung standen die Zuhörer, später wurden es dann etwas weniger. Foto: Mirko Bähr

Drei Stunden – keine Pause: Einem Marathon vergleichbar war die offizielle Kandidatenvorstellung am Mittwochabend für die Zuhörer. Diese interessierten sich vor allem für zwei Vorträge.

Nacheinander erhielten die Kandidaten jeweils eine halbe Stunde Redezeit, in der sie sich vorstellen und dann auf Fragen aus dem Publikum antworten konnten. Das Interesse der Zuhörer nahm mit Voranschreiten des Abends leicht ab. Standen die Menschen zu Beginn noch an der Seite des Saals und an den Türen, lichteten sich die Reihen spätestens nach der Vorstellung des dritten Kandidaten sichtbar.

Manch einem gelten zwei Kandidatinnen als Favoriten

Die Reihenfolge der Vorträge richtete sich nach der Position auf dem Stimmzettel bei der OB-Wahl am Sonntag, 3. März. Da Jasmin Ateia und Diana Stöcker ihre Bewerbungen gleichzeitig eingereicht hatten, entschied zwischen diesen beiden das Los: Nun steht Stöcker ganz oben auf dem Wahlzettel.

Besonders die ersten beiden Vorträge von Diana Stöcker und Jasmin Ateia stießen auf besonderes Interesse der Zuhörer. Ihnen wurden viele Fragen gestellt. Manch einem gilt jetzt schon als ausgemacht, dass die beiden Frauen, von denen die eine von der CDU und den Freien Wählern, die andere von den Grünen unterstützt wird, das Rennen unter sich ausmachen werden.

Ein Überblick: Ihre vielseitige Erfahrung in verschiedenen Positionen in Politik und Verwaltung sowie etliche Jahre in Führungsverantwortung warf Kandidatin Diana Stöcker in ihrer Bewerbungsrede in die Waagschale. Man merkte ihr an, dass sie so, am Rednerpult, ihren Tablet-Computer als Gedächtnisstütze, ganz in ihrem Element ist. Ihr Auftritt wirkte professionell. Eine Frage der Routine: hat Stöcker doch als Abgeordnete im Deutschen Bundestag schon viele solcher Reden gehalten. Ein interessanter Perspektivwechsel: Stöcker entwarf vor den Augen der Zuhörer ein Bild Weils im Jahr 2040: mit schattenspendenden Bäumen und Brunnen, sicherem Radverkehr und einem regen Leben auf den Plätzen der Innenstadt. Die Dächer seien mit Photovoltaik-Modulen bedeckt, der Busverkehr verdichtet, es gebe die Feuerwache Nord und eine neue Stadthalle. „Die Bürger sind zufrieden und stolz auf ihre Stadt“.

Wie geht es mit der Kultur weiter?

Den Zeitraum hat Stöcker bewusst auf 16 Jahre gestreckt. Zwei Amtszeiten als Oberbürgermeisterin wären für sie ein guter Zeitraum, um Dinge vollenden zu können. Einzig auf ihre Pläne für die Kultur wollte sie auf Nachfrage nicht näher eingehen. Die OB müsse angesichts knapper Mittel mit dem Gemeinderat Prioritäten setzen, übte sie sich diplomatisch in Zurückhaltung.

Mit Authentizität und Spontaneität wusste Jasmin Ateia zu punkten. Mehr noch als durch den Inhalt ihrer Rede überzeugte sie durch deren Art. Politik zum Bürger bringen, sie konkret werden zu lassen, statt sie als „weit, weit weg“ zu empfinden, betrachtet Ateia als das Wesen der Kommunalpolitik, die ebenfalls die enge Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat zur Sprache brachte. In ihrer empathisch vorgetragenen Rede bezog sie sich oft auf Gespräche mit Bürgern, die sie während ihres bereits vier Monate andauernden Wahlkampfs geführt habe. Die Wünsche, aber auch Sorgen und Nöte der Weiler sind der hartnäckigen Haustürwahlkämpferin bestens bekannt: die Festhalle, Parken, Müll sowie Wohnen hat sie als Schmerzpunkte ausgemacht, mit denen sich eine künftige Oberbürgermeisterin auseinanderzusetzen habe. Und: „Es kann doch nicht sein, dass sonntags kein Bus nach Ötlingen fährt!“

Führungserfahrung wird abgefragt

Fragen aus den Reihen von Stöcker-Unterstützern nach Ateias Erfahrung mit Führungsverantwortung begegnete diese mit Offenheit: Auf fünf Jahre Sachbereichsleitung und als Geschäftsführerin könne sie zurückblicken: Bis zu 13 Mitarbeiter seien ihr unterstellt gewesen. Ihr Bemühen gelte einem sorgsamen Umgang mit kommunalen Mitteln, machte sie außerdem deutlich. Auf die provokante Frage hin, in welchem Maße sie „grüne Inhalte“ mit der Brechstange durchsetzen wolle, gab sie – als Mitglied im Landesvorstand der Grünen – zur Antwort, Ideen und Schwerpunkte ihrer Kampagne kämen von ihr.

Hätte man während der ersten beiden Vorträge eine Stecknadel fallen hören wegen der gespannten Stille im Saal, erhob sich während der Bewerbungsrede Klaus Springers ein derartiges Gemurmel im Saal, dass Oberbürgermeister Wolfgang Dietz als Sitzungsleiter sich mehrmals fast veranlasst sah, die Zuhörenden zur Ordnung zu rufen. Immer wieder war auch spöttisches Gelächter zu hören. Doch es gab auch viele Fragen: Springers gute Viertelstunde Fragezeit wurde voll ausgenutzt. Er gab bildhafte Einblicke in ein bewegtes Leben, das als Sohn armer Eltern im Stadtteil Friedlingen begonnen und ihn über Berlin und andere Städte wieder in seine Heimat zurückgeführt hat.

Bahnhof und Flughafen umbenennen

Ideen von ihm sind unter anderem, den Badischen Bahnhof in Basel in Badischen Bahnhof Weil am Rhein und den Flughafen Basel-Mulhouse in Flughafen Basel-Weil am Rhein umzubenennen. Er wäre gern Bundestagsabgeordneter in Berlin, ließ er wissen: „Mensch, da sind doch die Hebel“. Als „kleine Nummer“ sei er aber auch froh, einfach nur OB werden zu können.

Neuer Ort, neuer Look: War er bei der Podiumsdiskussion in Friedlingen noch mit Küferhemd und mit Fasnachtsplakette auf der Bühne gestanden, zeigte sich Robin Adam im Rathaus im Hemd, und mit sorgsam gezogenem Seitenscheitel. Adam, der heute im Efringen-Kirchener Ortsteil Blansingen wohnt, wo er den „Römischen Hof“ gekauft, wiederhergerichtet und das Gasthaus wieder eröffnete, hat sich anlässlich seiner Kandidatur auf seine Weiler Wurzeln besonnen. Hier hat er Kindheitserinnerungen – an den Eisenbahner-Kindergarten und den früheren „Chläbi“-Wirt. Hier ist er nach wie vor in der Fasnacht aktiv, als Leiter der „Wiler Schrätteli“. Zusammenhalt, und dass einer für den anderen einsteht, sind für ihn wesentliche Tugenden, wie er in seiner Bewerbungsrede deutlich machte. Ein Servicespezialist sei er – lösungsorientiert und prozessoptimiert. Er sei gewohnt, unter Druck zu arbeiten und Deadlines einzuhalten, führte er als Fähigkeiten ins Feld, die er für das Amt des OBs mitbringe. Werte seien im wichtig: „Wie man es vorlebt, so kriegt man es zurück.“ Eine gute IT-Ausstattung für das Rathaus und die Weiler Unternehmen sowie eine Börse für Vereine, um Mitglieder zu werben, sind weitere Ideen Adams.

Kämpferisch präsentierte sich Arzo Looden, die als fünfte OB-Kandidatin vor das Publikum trat. Für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund will sie sich einsetzen und Jugendliche bei der Berufsfindung unterstützen. Einwanderer müssten Deutsch lernen und sich an Gesetze und Regeln halten, stellt sie klar. Religiöse Orte seien wichtig für eine funktionierende Stadtgesellschaft. Die Vereine als „Babysitter einer vernachlässigten Jugend“ zu fördern, ist ihr ein wichtiges Anliegen.

Vereine als „Babysitter der vernachlässigten Jugend“

Die Vielfalt der Geschäfte in der Innenstadt müsse wieder größer werden, sagte sie. Wie vielen Weilern gefalle auch ihr nicht, dass überall das gleiche angeboten werde. Unter anderem mit „Clean-up-Days“ will sie der Vermüllung entgegentreten. Als große Vision stellte sie einen Weiler „Vier-Jahreszeiten-Park“ mit Grillstellen, gemeinsamem Gärtnern sowie einem „Weiler Winterdorf“ mit Schlittschuhbahn in den Raum.

Für Fragen an Arzo Looden, aber auch an die nach ihr kommende Diana Corinne Hartwig brachte das Publikum kaum noch Energie auf, beide Kandidatinnen brauchten die ihnen zugestandene Zeit längst nicht auf. Hartwig nannte als zentrale Ziele Bildungsförderung und Barrierefreiheit, und kritisierte die Wahlwerbung ihrer Gegner mit Plakaten als nicht nachhaltig. Hier würde Wasser gepredigt und Wein getrunken, monierte sie. Ihren Wahlkampf finanziere sie selbst, stellte sie klar. Für sie stehe das Amt an erster Stelle, für das sie ihre ganze Energie aufbringen werde. „Ich habe kein Kind, das krank werden kann.“

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