Weil am Rhein Stadt verzichtet auf Geld

Marco Fraune
Die ersten Ideen für das neue Dienstleistungszentrum auf dem Messeplatz sind bereits vorgestellt worden. Im Gemeinderat ging es nun darum, dass der Verlust von Arbeitsplätzen in Müllheim finanziell durch die Zerlegung abgefedert wird. Foto: Marco Fraune

Gewerbesteuer-Zerlegung der Sparkasse Markgräflerland. Müllheim erhält finanzielle Kompensation.

Weil am Rhein - 100 Arbeitsplätze sollen mit dem geplanten neuen Sparkassen-Dienstleistungszentrum auf dem Messeplatz von Müllheim nach Weil am Rhein verlagert werden. Um die damit verbundene Verringerung der Gewerbesteuereinnahmen in der einen Kommune abzufedern, verzichtet nun die andere. SPD und Teile der Grünen sehen dies kritisch, die Mehrheit des Weiler Gemeinderats hat aber dafür gestimmt, womöglich mehrere Millionen Euro weniger zu erhalten.

Nicht-öffentlich hatte die Weiler Politik schon einmal der Zerlegung der Gewerbesteuer der Sparkasse Markgräflerland zugestimmt. Da die Kommunalaufsicht aber eingeschaltet wurde, ob dabei alles rechtens lief, wollten auch beide Städte nun auf Nummer sicher gehen und den Beschluss öffentlich nachholen, wobei OB Wolfgang Dietz als Sparkassen-Verwaltungsratsvorsitzender dieses Mal die Sitzungsleitung an Erster Bürgermeister Christoph Huber abgab. Das Regierungspräsidium Freiburg und das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald hatten sich auf das Verfahren geeinigt.

Auswirkungen unklar

Bevor sich gestern Abend der Müllheimer Gemeinderat mit dem Thema Zerlegung der Gewerbesteuer befasste, sorgte dies am Dienstagabend für Diskussionen. Denn auf wie viel Geld die Stadt Weil am Rhein über 15 Jahre verzichten wird, war von der Weiler Stadtverwaltung nicht aufgeführt worden. „Wir können keine seriöse Kalkulation erstellen“, verwies Bürgermeister Rudolf Koger auf die nicht absehbare wirtschaftliche Situation der Sparkasse Markgräflerland in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten. Die von SPD-Fraktionschef Johannes Foege gelieferte Schätzung von insgesamt fünf bis sieben Millionen Euro, die Weil an Gewerbesteuereinnahmen durch die Zerlegung entgehen könnten, bezeichnete Koger als „reine Spekulation“.

SPD kritisiert Vorgehen

„Man sollte wissen, worüber wir Gemeinderäte, die dem Wohl der Stadt Weil verpflichtet sind, zu entscheiden haben“, äußerte Foege sein Unverständnis über die nicht bezifferten finanziellen Auswirkungen. Denn um den Verlust an Arbeitsplätzen am Sparkassen-Standort Müllheim und damit auch geringere Gewerbesteuereinnahmen verträglich zu gestalten, soll zeitlich befristet eine abweichende Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags erfolgen.

Dieser wird dem Beschluss des Gemeinderats zufolge nun in den ersten zehn Jahren nicht verändert, in den folgenden fünf Jahren zudem in abgeschmolzener Form berechnet. So sollen beide Städte dann am jeweiligen Ergebnis der Sparkasse partizipieren. Auf die anderen Kommunen im Sparkassen-Gebiet habe diese Vereinbarung keine Auswirkungen, führte Koger aus.

Ein Steuergeheimnis sei nicht betroffen, wenn die finanziellen Auswirkungen der Vereinbarung benannt würden, erklärte SPD-Finanzexperte Jürgen Valley. „Es sind keine direkten Rückschlüsse auf die Ertrags- und Erlössituation möglich.“ Daher beantragte die SPD, den Vertragsentwurf über die Zerlegung der Gewerbesteuer zurück in den Finanzausschuss zu verweisen, wofür aber nur sieben Gemeinderäte von SPD und Grünen stimmten, bei 14 Gegenstimmen und drei Enthaltungen.

Mehrheitsbeschluss

Dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, die Gewerbesteuer über 15 Jahre zu zerlegen, folgten hingegen 14 Gemeinderäte, sechs Räte aus den Reihen von SPD und Grünen waren dagegen, vier Räte enthielten sich ihrer Stimme.

Erst ab 2036 voller Betrag?

Klärungsbedarf wurde zuvor angemeldet, ab wann auf einen Teil der Gewerbesteuereinnahmen zu Gunsten von Müllheim verzichtet wird. Foege rechnete vor, dass angesichts eines möglichen Baubeginns im Jahr 2020 und einer Eröffnung ein Jahr später erst ab dem Jahr 2036 die vollen Gewerbesteuereinnahmen in die Weiler Stadtkasse fließen. „Und das ist kein kleiner Teil der kommunalen Einnahmen.“ Auf fünf bis sieben Millionen Euro zu verzichten, halte er „für nicht machbar“.

100 Jobs für Weil

Erster Bürgermeister Christoph Huber verwies darauf, dass die Stadt angesichts des im Frühstadium befindlichen Bebauungsplanverfahrens und einem Reservierungsbeschluss für das Grundstück „noch alles in der Hand“ habe. Doch: „100 Arbeitsplätze, die nach Weil kommen, sind keine Selbstverständlichkeit. Es wäre auch anders möglich gewesen.“ Ins gleiche Horn blies Bürgermeister Koger. Eine Zerlegung erfolge, wenn die Arbeitsplätze tatsächlich von Müllheim nach Weil verlagert sind. Profitieren werde Weil aber schon von Beginn an durch die Kaufkraftsteigerung im Stadtgebiet.

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