Von Marco Fraune
Weil am Rhein. Pilotprojekt in Südbaden: In Strohballenbauart soll neben dem Sundgauhaus ein Schulungszentrum für das Trinationale Umweltzentrum (Truz) entstehen, das dem Heliodome in Cosswiller nahe Straßburg ähnelt. Der Verein „Stroh + Paille + Paglia“ erstellt aktuell zusammen mit der Stadt Weil eine Machbarkeitsstudie. Ziel ist eine Fertigstellung im Jahr 2021.
Die Frontseite des Gebäudes erscheint wie ein verglastes Auge, durch das Licht in die Räume dringt. Das Glas neigt sich  aber in Richtung Erdoberfläche, damit der Innenraum nicht überhitzt, der Sonnenverlauf liegt im Sommer über der Dachkannte. Außerhalb der heißen Jahreszeit können die Strahlen die Räume erwärmen. Die restliche Außenfassade besteht aus Stroh, wobei ein Außenputz angebracht wird. „Das Stroh ist nicht auf den ersten Blick erkennbar“, erläutert Frank Brauer, Vorstandmitglied von Strohballenbau Schweiz, Mitinitiator von „Rheinfelden im Wandel“, Handwerksmeister und Sprecher des Vereins, der gemeinsam mit seinen Initiative-Mitstreitern, dem Truz und der Stadt Weil  das Projekt verwirklichen will.
 
Zuschuss von Badenova
Überzeugen konnten die Aktiven  die Entscheider des Badenova-Innovationsfonds, der mit rund 12 500 Euro die Hälfte der Kosten für die Studie zahlt, den Rest trägt das Truz. Denn sollte die Machbarkeitsstudie positiv ausfallen, kann in Weil nicht nur ein Heliodome als Truz-Seminargebäude gebaut, sondern es können auch die Potenziale von Strohmaterialien als Dämmmaterial für Einfamilienhäuser oder öffentliche Gebäude aufgezeigt werden. Brauer: „Das Projekt sollte Signalkraft haben.“
 
Vorreiter in der Region
Dabei hat er besonders die deutsche Seite des Dreiländerecks im Blick, da es in Frankreisch mehr als 5000 Strohballenhäuser gebe und in Nord- und Ostdeutschland die ressourcenschonende Bauart praktiziert werde. „Überall werden Strohballenhäuser gebaut, nur bei uns in der Region nicht.“ Angesichts der landwirtschaftlichen Flächen, auf denen Stroh wächst, sieht er hier große Potenziale. Schließlich seien Sand und Kies endlich.
Im Jahr 2020 beginnen
Einen Zeitplan für das Pilotprojekt am Sundgauhaus hat der Verein „Stroh + Paille + Paglia“ schon im Kopf: Wenn es gut läuft, soll Ende nächsten Jahres ein Zimmermann das Gerüst aufstellen, 2020 die Bauphase beginnen und die Fertigstellung im Jahr 2012 erfolgen. Wie groß das Gebäude wird, steht noch nicht fest. Ursprünglich waren 80 Quadratmeter geplant, doch das Truz benötige etwas mehr Fläche. Auch die exakte Platzierung muss noch folgen. Die Baukosten richten sich nach der Gebäudegröße.
 
Keine Mehrkosten
Für den Handwerksmeister steht aber fest: „Die Strohballenbauweise kostet nicht mehr als ein herkömmliches Haus.“ Gespart werden könne im Betrieb beispielsweise bei der Belüftung, da der ebenfalls an die Wände angebrachte Lehm für ein gutes Raumklima sorge. Dieser Baustoff benötigt mehr Trocknungszeit, womit sich die Bauzeit etwas verlängert, da die Lehmschichten trocknen müssen. Häuser aus Stroh, Holz und Lehm seien aber die perfekte dritte Haut.
Der Verein sieht sich bei der Realisierung als Ratgeber, der sein Netzwerk zur Verfügung stellt, also auch, welcher Handwerker sich auskennt. Es sei zugleich eine „Mitmachbauweise“, also das Haus könne unter Anleitung von Aktiven errichtet werden, womit Menschen zusammengebracht würden. Um die Haltbarkeit sorgt sich Brauer nicht. In Nebraska stehe ein 130 Jahre altes Strohballenhaus, ein fünfstöckiges Gebäude dieser Art zudem in Verden an der Aller.
 
Huber: Hochspannend
„Stroh ist etwas, was als Rohstoff relativ wenig Verbreitung findet“, will auch Truz-Vorsitzender Christoph Huber die  Möglichkeiten der ökologisch-nachhaltigen Bauweise mit der Studie bewertet wissen. Die Dämmeigenschaften des Baustoffes seien hoch. Hinzu komme bei dem Bau noch die ideale Positionierung wegen des Sonnenstandes. „Der Ansatzpunkt ist ein hochspannender“, bewertet Huber sowohl hinsichtlich der Energie- als auch Ressourcenschonung. Bei Innovationen brauche es jemand, der diese umsetzt und so womöglich eine Serienreife entwickelt werde. Noch sei es aber zu früh zu bewerten, ob Strohballenhäuser in der heimischen Region zukunftsfähig sind.
Als Beweggrund, auf Strohballen als Baustoff zu setzten, verweist Brauer auf die Verantwortung für die nachfolgenden Generationen. „Für mich  bedeutet diese Art zu bauen so etwas wie ein Generationenvertrag – die Bauweise ist auch Umweltschutz.“