Weil am Rhein Trinkhalm „made in Weil“

Monika Merstetter
Auf diese Weise wurde der „Lonzatub“ der Firma Lonza vor mehr als 85 Jahren beworben. Foto: Werbeprospekt Lonza-Werke von 1935/Archiv Monika Merstetter

Geschäftsidee: Die Firma Lonza kreierte vor 85 Jahren den sogenannten Lonzatub

Vor mehr als 85 Jahren brachte die Firma „Lonza-Werke – Elektrochemische Fabriken G.m.b.H. Weil/Rh.-Friedlingen (Baden)“ mit dem „Lonzatub“ einen neuzeitlichen elastischen Trinkhalm mit mattweißem Porzellanglanz auf den Markt.

Von Monika Merstetter

Weil am Rhein - Wer kennt es nicht: Kunstvoll arrangierte Eisbecher, dekorierte Cocktails und mittendrin der bisher obligatorische Trinkhalm, der auf einfachem Weg den Genuss von köstlicher Flüssigkeit verspricht.

Doch dann die unangenehme Überraschung: Irgendwie klebt das Material an den Lippen, hat sich bereits halb aufgeweicht oder schmeckt nach Metall oder sonst etwas undefinierbarem.

Schuld daran ist die nach 13-stündiger Verhandlung im Jahr 2018 beschlossene EU-Richtlinie, die seit 2021 bestimmtes Einwegplastik verbietet. Darunter fällt auch der Einweg-Plastiktrinkhalm.

Geschichte des Röhrchens

Beworben wurde der „Lonzatub“ mit: „Denn in allen Fällen stellt der Trinkhalm, der nun einmal aus ästhetischem Empfinden oder aus modischer Laune zum vollkommenen Genuss solcher Getränke gehört, den ihm individuellen Kontakt zwischen Gast und Getränk her.“

Es war tatsächlich eine Revolution der über 5000 Jahre alten Geschichte des Röhrchens oder Trinkhalms: von Goldröhrchen aus einem babylonischen Grab, über Holz, Elfenbein, Federkiel, Röhrenknochen, Bambus- und Schilfrohr, Hollunderstengel, Getreidehalme bis hin zu Ton, Porzellan, Glas und Metall.

Die „Deutsche Molkerei-Zeitung“ in Kempten verfasste 1935 einen Artikel in dem beschrieben ist, dass zur damaligen Zeit hauptsächlich Trinkhalme verschiedener Qualität aus Stroh und Pergamentpapier, von dem maschinell Streifen spiralig gerollt und verklebt werden, hergestellt wurden.

In dieser Welt ist man nun wieder angekommen. Die Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie in München untersuchte 1935 die Zusammensetzung des Lonzatubs und fand heraus, dass er zu 95,4 Prozent aus Acetylcellulose (heute Celluloseacetat) bestand. 4,6 Prozent Titanoryd wurden zugesetzt, damit der Trinkhalm seine weiße Farbe erhielt. Für beide Stoffe wurde eine gesundheitliche Unbedenklichkeit bescheinigt. Vor allem wurde bescheinigt, dass sie in Getränken praktisch unlöslich sind.

Spezifisches Gewicht

Bei Strohhalmen lösten sich zehn Mal (1,2 Prozent) so viele Bestandteile in das Getränk als von „Lonzatub“. Kein Wunder, dass sich klares Wasser gelb färbte. Ein weiterer Vorteil war, dass der „Lonzatub“ ein spezifisches Gewicht „über 1“ hatte. Ist das niedriger, wie beim Strohhalm, schnellt er durch die Flüssigkeit in die Höhe und fliegt aus dem Glas.

Der Test beim bakteriologischen Vergleich, bei dem der „Lonzatub“ hervorragend abschnitt, soll hier der Unappetitlichkeit wegen nicht weiter ausgebreitet werden.

Im Jahr 1966 tat sich die Lonza AG mit der Denzlinger Firma Rocca zusammen und sie gründeten die Firma „Lonzatub“. Die Nachfolgefirma Pioflex setzt heute noch auf die mehr als 55-jährige Erfahrung im Bereich Extrusion und Thermoverformung.

Gänzlich auf dem Holzweg befindet sich ein privater Verkäufer auf Ebay, der Gegenstände aus Haushaltsauflösungen anbietet. Die „Lonzatub“-Edeltrinkhalme in stylischer Originalverpackung mit rosarotem Design und echt vintage verortet er aus der ehemaligen DDR.

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