Weil am Rhein Trotz der Krise herrscht Zuversicht

Weiler Zeitung
Der Fokus liegt weiterhin auf einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung im kenianischen Dorf Msumarini.Foto: Saskia Scherer Foto: Weiler Zeitung

Rückblick: Andrea Wikmann schildert die Lage in Msumarini / Hoffnung, bald wieder hinreisen zu können

Im März traf auch das Dorf Msumarini in Kenia der weltweite Lockdown. „Alle unsere Pläne und Ideen für unsere Projekte waren mit einem Mal zunichte. Wir mussten alle unsere Projekte bis auf den Lebensmittelladen und unsere Zahlungsstation schließen“, blickt die Weilerin Andrea Wikmann zurück, die dort ein Selbsthilfeprojekt betreibt.

Weil am Rhein (wz). Als erste Hilfsmaßnahmen haben die Verantwortlichen alle verfügbaren Felder gerodet, umgeharkt und mit schnell wachsendem Gemüse wie Michicha (Spinat), Okraschoten und Sukumawiki (Kohlart) angesät. Der Lebensmittelladen wurde säckeweise mit Maismehl, Reis, Bohnen, getrocknetem Fisch und weiteren haltbaren Lebensmitteln gefüllt, um wenigstens die Grundversorgung aufrecht zu erhalten.

„Seit Anfang April arbeiten wir mit einem reduzierten Mitarbeiterstab, um die Projekte im Hintergrund weiterhin aktiv zu halten“, berichtet die Weilerin. „Wir sind und waren die einzigen im Umkreis, die überhaupt noch Mitarbeiter beschäftigt haben und die in Zwangsurlaub geschickten Mitarbeiter mit einem Essengeld unterstützten.“ Ihr Verein „Moyo Wangu Kenya“ trägt seit Beginn des Lockdowns alle anfallenden Löhne, Instand- und Unterhaltungskosten der Projekte. „Das ist eine erhebliche finanzielle Belastung für den Verein.“

Sehr am Herzen lagen den Helfern die Schulkinder, die alle aus erbärmlichen Verhältnissen stammen. Ihre Eltern beziehungsweise Familien konnten kaum das Geld für Lebensmittel aufbringen. „Wir haben diese Familien dann mit einem Notfallpaket aus Maismehl, Bohnen, Saatgut, Seifen und Masken versorgt.“ Soweit die Ausgangsbeschränkungen es zuließen, besuchten die Verantwortlichen die Familien regelmäßig und schulten sie im eigenen Anbau von Gemüse auf kleinstem Raum.

Hilfe für Schulkinder

Aufgrund der dringenden Notwendigkeit und der starken finanziellen Belastung des Vereins wurde ein geplanter Betrag an Unterstützungsgeldern für den Schulbesuch weiterer Kinder zur Soforthilfe für alle Schulkinder verwendet. „Wir waren froh, dass wir die neuen Schulkinder noch nicht ,ausgewählt’ und für den geplanten Schulbesuch angemeldet hatten, da die Schulen in Kenia seit dem Lockdown geschlossen sind. Es wäre ein schlechter Start und ein verlorenes Schuljahr für sie gewesen.“

Die Lage in Msumarini selbst hatte sich zum Jahresende nur geringfügig entschärft. Nach wie vor bestehen Ausgangsbeschränkungen und strikte Corona-Regeln, die das Alltagsleben stark beeinflussen, weiß Wikmann. Viele Gelegenheitsjobs und Tagelohnarbeiten sind weggebrochen. „Dadurch haben sich Hunger und Armut nur verstärkt und daran sterben immer noch mehr Menschen als an dem Virus selbst.“

Auch die zurückgefahrenen Projekte des Vereins sind teilweise noch blockiert. „So ist es uns weiterhin nicht möglich, unsere Begegnungsstätte ,Sun*N*Shine’ sowie unser kleines Café in Msumarini zu betreiben. Alleine die coronabedingten Sicherheitsauflagen der kenianischen Regierung belaufen sich monatlich auf über 1000 Euro.“ Die Ausgaben stünden daher in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Einnahmen. Deshalb wurde auch auf das traditionelle Weihnachts- und Silvesterfest in Msumarini verzichtet, das sonst immer mit viel Musik und Tanz gefeiert wurde.

Eigenversorgung stärken

Die Prioritäten liegen weiterhin und verstärkt auf einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung im Dorf. „Die Corona-Krise hat wieder einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, die Eigenversorgung und die Eigenverantwortung der Menschen dort zu fördern und zu stärken“, meint die engagierte Weilerin. Inzwischen konnte eine weitere große Ackerfläche gepachtet werden, welche mit Spinat, Zucchini, Kürbis, Auberginen und Kohl bepflanzt wurde. Die Hühner legen eifrig Eier. Auch die einheimischen Fischer dürfen wieder ihrer Arbeit nachgehen. Zudem wurde eine kleine Lieferkette aufgebaut, die kleine Shops in und um Msumarini mit Gemüse, Hühnern und Fischen von dort beliefert. Die Schreinerei ist mit dem Bau von Solarkochern, Solartrocknern und Inkubatoren für die Hühnerzucht beschäftigt.

Nun im Januar beginnt der offizielle Schulbetrieb für alle Schulklassen wieder und die beiden Schneidereien bereiten sich auf das Nähen und das Ausbessern von vielen Schuluniformen vor. „All diese Maßnahmen tragen dazu bei, dass der bisherige, gut funktionierende Kreislauf in Msumarini und Umgebung Schritt für Schritt wieder in Gang gesetzt wird“, freut sich Wikmann. Damit könnten auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

Projekte sollen sich tragen

Die einzelnen Projekte sind so aufgebaut, dass sie sich nach einer stabilen Investition und einem strukturierten Aufbau selbst finanzieren. „Wir sind sehr zuversichtlich, das sich trotz der weltweiten schweren Krise diese Projekte wieder selber tragen können“, meint die Initiatorin.

Sie hofft, dass sich bald ein Zeitfenster ergibt, um wieder nach Msumarini fliegen zu können. Seit mehr als einem Jahr ist Wikmann nicht mehr dort gewesen. „Vor Ort habe ich mit unserem Msumarini-Team einen kompetenten und vertrauensvollen Mitarbeiterstab. Dafür bin ich sehr dankbar. Trotz allem wäre es für uns alle sehr wichtig, dass ich mir wieder persönlich ein Gesamtbild von der ganzen Situation in Msumarini für weitere notwendige Hilfsmaßnahmen machen kann.“

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