Die „Via Alpina“ verläuft hier durch die nördliche Lombardei südlich der Bernina Gruppe, etwa 30 bis 40 Kilometer nördlich von Tirano, Sondrio und Chiavenna. Im Tessin nördlich von Locarno und südlich des St. Gotthard.
Im höchst gelegenen Dorf der Alpen
Vom Riffugio Saoseo starteten Grothe und Neumann. Die Route führte sie über sechs Etappen nach Maloja im Oberengadin.
Von dort ging es nach Juf, einem kleinen Ort in einem völlig abgelegenen Tal auf 2126 Metern Höhe. Juf ist das höchst gelegene, ständig bewohnte Dorf in den Alpen.
In weiteren sechs Etappen über hohe Pässe und tiefe Täler erreichten die beiden Bergwanderer Biasca im Tessin. Von dort aus haben sie in sieben Tagen die Tessiner Alpen von Ost nach West überquert.
Bergstürze als Hindernis
Dabei wurden die Täler Valle Leventina, Valle Verzasca, Valle Maggia und deren Passübergänge durchschritten. Über den weglosen Passo Valle Maggia gelangten sie nach Riale, dem letzten Ort vor der Schweizer Grenze.
Der Abstieg vom Griespass Richtung Ulrichen im Rhonetal war wegen eines Bergsturzes nicht begehbar. Über einen Umweg über die Nufenen Passstraße erreichten sie dann ihr Ziel.
Welche Eindrücke Neumann und Grothe von ihrer außergewöhnlichen Bergtour mitnahmen, beschreiben sie wie folgt: „Die südlichen Alpen in der Lombardei sind ungewohnt wild, einsam und menschenleer. Über 2200 Meter ist die Route teilweise weglos und mit Blockwerk überlagert. Die Berggipfel bestehen teilweise aus Felsbrocken und Geröll. Steinschlag und Bergstürze sind die Folge. Auch wir haben einige Felsstürze erlebt.
An manchen Tagen keinem Menschen begegnet
Die Hochebenen sind teilweise sumpfig und schlecht markiert. Um die Mittagszeit führen manche Bäche sehr viel Wasser und sind schwierig zu überqueren. Es gibt Tage, an denen man keinem Menschen begegnet. Die Einwohner in den Tälern sind freundlich und sehr hilfsbereit. In vielen kleinen Siedlungen leben kaum noch Menschen. Diese Tour war für uns eine große Bereicherung.“
Auf keinen Fall sollte man dort alleine unterwegs sein und die hohen Pässe bei schlechtem Wetter meiden, geben die beiden einen Ratschlag und stellen zugleich fest: „Wir wünschen uns, dass dieses Naturparadies vom Massentourismus verschont bleibt. Steinböcke, Gämsen, Murmeltiere, Steinadler, Bartgeier und viele andere Tiere werden uns erhalten bleiben. Handy-Empfang und Internet sind Mangelware. Auch das passt zu dieser Gegend und hat uns gut getan.“
Die weiteren Etappen waren von Ulrichen über Fischeralp, Riederalp, Aletschgletscher, Bellalp, Leukerbad, den Gemmipass, Kandersteg, Adelboden, Lenk, Gsteig und Les Diablerets nach Martiny im Rhonetal.
107 von 161 Etappen sind absolviert
Jetzt haben Dieter Neumann und Bernd Grothe 107 von 161 Etappen auf der „Via Alpina“ absolviert. In diesem Jahr wollen sie die letzten 54 Etappen von Martigny zum Dents-du-Midi und über den Col du Brevent nach Chamonix absolvieren. Der Höhepunkt wird laut Neumann die Umrundung des Mont Blanc über den großen St. Bernhard nach Aosta sein.
Weiter geht es durch den Grand Paradiso Nationalpark nach Tignes und Val-d’Isère, durch die Massive de Vanoise, Alpi Marittime, die Seealpen und Alpi Liguri. Nach 850 Kilometern und 47 819 Höhenmetern soll dann in Place du Palais in Monaco Ende September das Ziel erreicht sein.
Durch alle acht Alpen-Anrainerstaaten
„Damit hätten wir dann den Roten Weg der Via Alpina von Triest nach Monaco beendet“, sagt Neumann mit dem Hinweis, dass der Weg durch alle acht Alpen-Anrainerstaaten geführt habe. Insgesamt werden die beiden Haltinger dann 161 Tagesetappen mit 2642 Kilometern und 138 257 Höhenmetern bergauf und 137 257 Höhenmetern bergab bewältigt haben. Das ist eine beeindruckende, stolze Leistung von Dieter Neumann mit seinen 78 Jahren und Bernd Grothe mit seinen 70 Jahren.