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Weil am Rhein Unterwegs mit einer Kartografin

Kathryn Babeck
Blick vom Tüllinger Berg: Steinäcker, Reben und Streuobstwiesen sind hier charakteristisch. Fotos: Kathryn Babeck Foto: Kathryn Babeck

Die ersten Vögel suchen nach Brutplätzen, vereinzelt gibt es bereits Schmetterlinge und blühen Blumen. Der Tüllinger Berg ist in ein Schutzgebiet für Pflanzen und Tiere. Diese Zeitung hat sich mit der Landschaftsbiologin Birgit Frosch den Ort angeschaut.

Vom Lindenplatz am Tüllinger Berg hat man einen eindrücklichen Rundumblick auf die Rheinebene. Im Süden befinden sich die neuen Hochhaustürme des Pharmakonzerns Roche, etwas weiter hinten ragen Basler Schornsteine in die Luft. Direkt am Fuß des Tüllinger liegt Alt-Weil mit seinen historischen Gebäuden. Dort wo früher Streuobstwiesen waren, nimmt das Vitra Design Museum viel Raum ein. Die Hafenanlagen von Weil am Rhein und Huningue sind im Osten zu erahnen. Dahinter ist der Euroairport zu sehen. Der Rhein ist bei Haltigen deutlich erkennbar, danach verschwindet er in der raumgreifenden Häuserlandschaft.

Schutzgebiet

Der Tüllinger selbst ist ist ein Natur- und Landschaftsschutzgebiet, ein sogenanntes Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet (FFH-Gebiet). Seit den 1930er Jahren habe es in Lörrach und Weil am Rhein Überlegungen geben, dieses Gebiet vor der Zersiedelung zu schützen, sagt die Landschaftökologin Birgit Frosch, die seit 2011 im Trinationalen Umweltzentrum (Truz) arbeitet. Dort ist sie unter anderem für die Kartierung der Vegetation zuständig.

Die Landschaftsökologin Birgit Frosch kartiert auch am Tüllinger. Foto: Kathryn Babeck

Sie zeigt auf den Boden, einen Steinacker, wie sie ihn nennt. Diese Kalksteine zeigen an, dass die Erde nicht besonders ertragreich ist. Die Landwirte würden die Steine in einem Jahr einsammeln, im nächsten Jahr seien wieder neue da. Die „Lesesteinhaufen“, die Landwirte am Rand des Feldes aufschichten, seien wichtige Versteckmöglichkeiten für Tiere, erzählt Landschaftökologin Frosch.

Streuobstwiesen

Streuobstwiesen, Grünland und Reben wechseln sich am Tüllinger Berg ab. Die Wiesen werden vom Truz zweimal im Jahr geschnitten, Anfang oder Mitte Juni zum ersten Mal und dann noch einmal im Frühherbst. „Da die Sommer mittlerweile so trocken sind, lohnt es sich kaum, zweimal zu mähen“, sagt sie. Die Mitarbeiter vom Truz würden Balkenmäher verwenden, ein Landwirt habe in der Regel dafür keine Zeit. Beim schnellen Abmähen mit schweren Maschinen würden jedoch Insekten und Schmetterlinge getötet. Bei der langsamen Vorgehensweise können die Tiere zumindest flüchten, sagt sie. Das Vogelschutzgebiet am Tüllinger überlagert das FFH-Schutzgebiet und ist noch größer.

Jung und Alt

Bestimmte Vogelarten wie die Zaunammer würden gerade den Übergang von Weinbauangebieten zu Obstwiesen, bevorzugen. Eine weitere Besonderheit sind die Streuobstwiesen mit den alten Bäumen. Sie fasst in ein kleine Höhle eines alten Apfelbaum und stellt freudig fest: „Das ist ein Spechtloch.“ Die Apfelbäume schaut sie genauer an. Zwar seien sie nicht ganz optimal geschnitten, aber immerhin kümmere sich jemand um sie. Wenn ein Baum umfällt, müsste man nachpflanzen. Ideal sei bei diesen Streuobstwiesen eine Mischung von jungen und alten Bäumen. Die Streuobstwiesen seien doch die „Savannen“ Mitteleuropas, erläutert Landschaftökologin. Etwas weiter weg ragen schöne Nussbäume in den Himmel, ein Bienenhaus steht in der Nähe. Der Boden ist mit Brombeerhecken überwuchert, ein Indikator, dass die Bäume nicht gepflegt werden. Der Tüllinger sei Teil eines Biotopverbunds, von dem Landschaftspark der Wiese angefangen, über das Markgräflerland bis hin zum Kandertal. Somit können Amphiben, Reptilien und Insekten wandern, sagt die Landschaftsökologin.

Ein Häuschen für Bienen, die ersten fliegen schon. Foto: Kathryn Babeck

„Schirmart“ Wildkatze

Und: In Rümmingen sind Wildkatzen nachgewiesen worden. Das sei eine Schirmart, erläutert Frosch: Diese Tiere haben besonders hohe Ansprüche an ihren Lebensraum. Die Wildkatze sichert somit das Überleben mehrer Tierarten eines Ökosystems, sogar bis hin zum Tüllinger Berg.

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