Weil am Rhein Velos sind gefragt, aber Teile rar

Saskia Scherer
Radfahren wird immer beliebter, wie auch die Weiler Fahrradhändler bemerken. Foto: Saskia Scherer

Handel: Positiver Trend im Fahrrad- und E-Bike-Markt / Coronabedingt große Lieferschwierigkeiten

Weil am Rhein -  Die Gesamtstückzahl an Fahrrädern ist in Deutschland im vergangenen Jahr um rund 17 Prozent gestiegen, wie das Landesverkehrsministerium anlässlich des Weltfahrradtags am 3. Juni mitgeteilt hat. Auch Weiler Fahrradhändler bemerken einen positiven Trend, so das Ergebnis einer Umfrage unserer Zeitung. Allerdings sorgen coronabedingte Lieferschwierigkeiten für Probleme.

„Auf jeden Fall nimmt das Interesse am Radfahren zu“, hat Marcus Mehlin, der den „ Velo-Shop“ in Alt-Weil betreibt, beobachtet. Mit Blick speziell auf das Jahr 2020 und das erste Halbjahr 2021 meint er allerdings, dass vor allem der Online-Handel profitiert habe. „Wir durften ja wegen Corona mehrere Monate lang nichts verkaufen, die Läden waren zu.“ Zu Ostern würden normalerweise viele Kinderräder gekauft. „Das fiel alles weg.“

Nun darf er zwar wieder regulär öffnen und auch das Wetter lädt zum Radfahren ein. „Aber die Lieferanten sind ausverkauft. Wir bekommen nichts, weder E-Bikes noch normale Räder.“ Auch Teile für Reparaturen fehlen. Coronabedingt hätten viele Hersteller nichts produzieren können. „Im Moment fehlen vor allem Antriebe, auch Ketten sind schwierig zu kommen. Auf Reifen und Schläuche wartet man teils Monate.“ Er befürchte, dass die Situation noch länger so schwierig bleiben könnte. Das sei auch nicht nur in Deutschland so, sondern weltweit. „Die Lager sind leer.“

Den Internethandel sieht Mehlin als starke Konkurrenz. „Viele haben Räder bestellt, aber oft war es kein guter Kauf, und dann kamen sie auf mich zu mit Reparaturen. Aber ich durfte ja nicht.“ Auch das Ausprobieren der Fahrräder bei ihm, eigentlich ein großer Vorteil gegenüber dem Online-Geschäft, fiel weg. „Dabei gibt es im Internet nur die gängigsten Rahmengrößen.“ Oft werde dann ein zu großes Fahrrad bestellt.

Lastenrad als Alternative zum Auto

Rüdiger Hof, der Inhaber von „einzelrad“ in Haltingen, hat seinen Fokus auf Spezialräder, hauptsächlich für Menschen mit Handicap, und Cargobikes, also Lastenfahrräder, gelegt. Im urbanen Raum hält er das Fahrrad für das geeignetste Verkehrsmittel. Das Cargobike sei definitiv eine Alternative zum Auto. „Auch Kinder passen locker rein.“ Und Menschen mit Behinderung bräuchten einfach besondere Räder.

Seit vier Jahren verkauft er die Lastenfahrräder – und auch in diesem Segment beobachtet Hof „ein deutlich gestiegenes Interesse“. „Bis zum Beginn der Corona-Pandemie stammte die Nachfrage vor allem aus Basel und Zürich, seit dem vergangenen Jahr haben wir auf dem deutschen Markt einiges wettgemacht.“ Nun seien die Räder auch auf den Straßen von Haltingen, Weil und Lörrach unterwegs. Vom Land Baden-Württemberg gibt es in diesem Bereich Subventionen für Firmen. „Das haben wir zudem gemerkt.“

Einige seiner Kunden hätten ihr Auto abgeschafft. „Ich habe ebenfalls keines.“ Bei Strecken bis fünf Kilometer sei das Fahrrad das schnellste Verkehrsmittel. „Man kann bis vor die Tür des Supermarkts fahren und daheim bis fast vor den Kühlschrank.“ Die Parkplatzsuche sei kein Thema. „Und die Menschen merken, Fahrradfahren macht Spaß. Es gibt ein Umdenken.“ Auch mit Blick auf den Klimaschutz: „Das Bewusstsein ist da“, meint Hof.

Er betreibt bei „einzelrad“ auch eine Selbsthilfewerkstatt für Reparaturen, coronabedingt habe diese aber „sehr stark gelitten“. Am Mittwoch kam der erste Kunde wieder, der im Freien mit Maske an seinem Rad arbeiten durfte, wo ein Montageständer steht. Auch im vergangenen Sommer konnte Hof draußen etwas anbieten. „Aber drinnen ging das gar nicht. In den besten Zeiten kamen bis zu zehn Leute, das ist natürlich nicht möglich.“

Mit dem Velo die Gegend erkunden

Rund 30 Prozent mehr Fahrräder wurden im vergangenen Jahr bei „Bike Supply“ verkauft, wie Geschäftsführer Joachim Bregger berichtet. „Seit Corona hat das ganz klar zugenommen. Die Leute gehen nicht in den Urlaub, sondern bleiben daheim, fahren oft nicht mal in ihre Ferienwohnungen, sondern erkunden hier die Gegend.“

Gefragt seien eigentlich alle Arten von Velos – vor allem aber E-Bikes und Gravelbikes, eine Mischung zwischen Rennrad und Crossrad. „Damit kann man auch mal auf einen Waldweg abbiegen“, erklärt Bregger. „Das liegt im Trend und die Räder sind alltagstauglich.“ E-Bikes würden generell immer beliebter.

Aber auch Bregger weist auf die Lieferschwierigkeiten hin: „Es betrifft vor allem Ersatzteile wie Ketten, Kassetten und Reifen.“ Durch Corona habe sich die Situation verschärft. „Teils gibt es Wartezeiten von vier bis fünf Monaten.“ Den Internethandel sieht der Geschäftsführer nicht als Problem. „Wir haben selbst einen Online-Shop.“ Letztendlich bestelle der Kunde dort, wo das Rad verfügbar ist.

Ein bis zwei Velos mit Elektro-Antrieb werden pro Woche in Weil gestohlen, wie Polizeisprecher Thomas Batzel kürzlich gegenüber unserer Zeitung berichtete. Ein möglicher Diebstahl sei aber beim Kauf eigentlich kein Gesprächsthema, sagt Bregger. Die Kunden würden aber schon mit Schlössern vorsorgen. Des Weiteren ließen sie ihre Räder meist versichern. Beim Fahrradleasing via „JobRad“, wobei das Velo als Dienstrad genutzt wird, sei eine Vollkaskoversicherung sogar Pflicht.

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