^ Weil am Rhein: Vom Innenleben alter Scheunen - Weil am Rhein - Verlagshaus Jaumann

Weil am Rhein Vom Innenleben alter Scheunen

Tonio Paßlick
Ehemalige Scheunen, wie diese erst kürzlich renovierte in der Kronen-Kurve, sind typisch für das Ortsbild von Alt-Weil. Foto: Tonio Paßlick

Wie die landwirtschaftliche Vergangenheit das Ortsbild prägt.

Die landwirtschaftliche Vergangenheit Weils spiegelt sich in seinen historischen Gebäuden wider. Sorgfältig renoviert, prägen ehemalige  Scheunen, die heute zum größten Teil anders genutzt werden, das Stadtbild.

Ökonomiegebäude hatten über Jahrhunderte das Dorfbild von Alt-Weil, Haltingen oder Ötlingen geprägt. Mit dem rasanten Wandel seit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert, dem Bau der Eisenbahn, der Ansiedlung der Textilindustrie und der Zersplitterung des Landbesitzes durch die Realteilung schien das Schicksal der oft mit Bruchstein und Fachwerk errichteten Gebäude besiegelt.

Doch seit den Fördermaßnahmen durch die Dorfentwicklung in den 80er- und 90er-Jahren sieht man auch in Weil am Rhein und seinen Teilorten neues Leben in alten, denkmalgeschützten Hüllen. Durch das Wirken einzelner Denkmalpfleger wie Rolf Brüderlin oder Andreas Wallat und die Unterstützung durch Verwaltungsmitarbeiter wie Hanspeter Mösch sowie Architekten wie Günther Schöning, Wilhelm Grobben oder Hans-Rudolf Güdemann, aber auch aufgeschlossene junge Büros, entwickelte sich ein gesellschaftlicher Konsens, historische Bausubstanz zu schützen und die regionaltypische Kulturlandschaft zu erhalten.

Drei Beispiele in Ötlingen

In Ötlingen kann man aktuell drei Beispiele in der Dorfstraße miteinander vergleichen: 1986 hatte Gerhard Hanemann ein Ökonomiegebäude in eine Druckerei verwandelt. Seit er das Ensemble der nebeneinander liegenden „Einhäuser“ um einen Neubau für moderne Maschinen erweitert hat, wurde das historische Gebäude künstlerisch genutzt. Mit dem Dachausbau 2010 waren Galerie und Kunstdruckwerkstatt fertig und ein beliebter Mittelpunkt für das von Hanemann ins Leben gerufene „ART-Dorf“ mit alle zwei Jahre stattfindenden Kunsttagen.

Kunst unter dem historischen Dachstuhl: in der Galerie Hanemann in Ötlingen. Foto: Tonio Paßlick

Südlich davon wird gerade eine weitere Scheune umgebaut. In die ehemalige Tenne und Remise wird eine Schneiderei einziehen. Noch weiter südlich hat sich das Weingut Rösch seinen ursprünglichen Charme bewahrt. Wie häufig bei landwirtschaftlichen Anwesen unter einem Dach, ist hier das einstige Scheunentor eine aufliegende Holz-Pfette.

Viele der Scheunen in Ötlingen liegen versteckt in den Dreiseit-Gehöften. Weil Ötlingen ein typisches Straßendorf war, lagen die Ökonomiegebäude eher in den Innenhöfen. Auch Alt-Weil hatte sich über Jahrhunderte als Straßendorf entwickelt, wobei die Scheunen anfangs großzügig an die Hauptstraße gebaut werden konnten, damit Kutschen und Gespanne leichter durch die Einfahrt kamen. Als alle Grundstücke vergeben waren, konnte sich Alt-Weil in Richtung Tüllinger und Hinterdorfstraße weiterentwickeln. So findet man einige Scheunen versteckt in der ältesten Altweiler Gasse, der Kähnelgasse bei der „Krone“, die bereits im 16. Jahrhundert als „Stube“ für die Ratsherren bekannt war. Oder bei den großen Zehnthöfen wie dem Domhof oder Bläserhof.

In diesem historischen Gebäude befindet sich heute eine Zahnarztpraxis. Foto: Tonio Paßlick

Schon seit den 80er-Jahren hatten sich Umnutzungen ergeben. Gleich am Eingang des alten Dorfs etwa eine große, ehemalige Scheune. Von ihr sind das Sandsteintor und einige Baustrukturen erhalten geblieben, der Inhalt genügt mit Zahnarztpraxis und Wohnungen modernen Ansprüchen. Neben dem Stapflehus wurde der Waggis-Schopf von der Fasnachtsclique sensibel saniert und als Treffpunkt ausgebaut.

Öffentliche Nutzungen

An der Hinterdorfstraße ist das Alte Rathaus ein Paradebeispiel für öffentliche Nutzung.

Einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat auch das vielseitig genutzte Alte Rathaus. Foto: Tonio Paßlick

Die baulichen Strukturen des traufseitigen Gebäudes, das einst als Gasthaus „Sonne“ auch landwirtschaftliche Gebäudeteile mit Scheune und Stall unter ein Dach brachte und bis 1965 als Weiler Rathaus diente, sind gut erkennbar. Die Sanierung von 1986 hat die Stallungen in ein Jugendzentrum verwandelt und die Tenne der Scheune in einen Konzertsaal. Aus dem Weinkeller wurde ein „Gewölbekeller“ für Konzerte, aus den einstigen Wohnräumen kleine Säle für die Volkshochschule, die Musikschule und Vereine.

Sandsteintor trifft neue Fenster Foto: Tonio Paßlick

Weitere Beispiele finden sich am Mühlenrain. Die Sanierung der Scheune hinter dem Meyerhof war eigentlich ein Neubau, bei dem die Sandsteingewänder der Toreinfahrt geschickt als Fenster genutzt wurden. Dennoch bleibt der Charme des Ensembles erhalten. Gegenüber hatte das Büro „Gruppe67“ in den 80er-Jahren eine Scheune ausgekernt und eine moderne Wohnung integriert. Und weiter unterhalb kennen viele Besucher des Theaters am Mühlenrain die Vorteile der Ursprünge des Gebäudes. Auch hier ist die Hülle erhalten worden, im Theatersaal schätzt das Publikum die freigelegten Bruchsteinmauern.

Ausblick: Über aktuelle „Scheunen-Projekte“ werden wir im September berichten.

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