Weil am Rhein Wachstum trotz der Pandemie

Zoë Schäuble
Kathrin Husser und Jonathan Grimm sind die beiden CVJM-Sekretäre der Weiler YChurch. Foto: YChurch/Samuel Burkart

Interview: Ein Jahresrückblick der YChurch Weil am Rhein / Vision „Heimat erleben. Heimat sein.“

Sonntagmorgen, 11 Uhr: Vor der YChurch in Weil am Rhein stehen mehrere Dutzend Menschen, um für den Gottesdienst „einzuchecken“. Rund 90 werden es am Ende sein, die zur Zeit regelmäßig an den 14-tägig stattfindenden Gottesdiensten teilnehmen. Menschenschlangen vor Testcontainern ist man mittlerweile gewöhnt, aber vor einer Kirche?

Von Zoë Schäuble

Weil am Rhein. Wie es dazu kommt und wie die YChurch das Jahr 2021 erlebt hat, dazu hat unsere Zeitung die CVJM-Sekretäre Kathrin Husser und Jonathan Grimm befragt.

Frage: Wie gestaltete sich das Jahr 2021 für die Weiler Y-Church aus Ihrer Sicht?

Grimm: Zunächst war in unserer Kirche, wie auch bei allen anderen, vieles nicht möglich. Die Corona-Welle rollte über das Land, die Infektionszahlen schnellten in die Höhe, da galt es, dass wir alle gemeinsam verzichten, um gut durch die Welle zu kommen. Zunächst feierten

wir Gottesdienste interaktiv per Videokonferenz, anschließend gab es Gottesdienste quer durch die Stadt durch die man via App geleitet wurde und im März gab es eine Reihe Gottesdienste, die wir aufgezeichnet und über Youtube ausgestrahlt haben. Seit Ostern freuen wir uns, wieder Gottesdienste in Präsenz zu feiern. Seit zirka Juni dürfen wir wieder gemeinsam mit unserer Band YMusic im Gottesdienst singen, was vielen zuvor sehr gefehlt hat.

Frage: Wie feiert man in Zeiten von Corona Gottesdienste in der YChurch?

Husser: Für unsere Gottesdienste gibt es ein detailliertes Hygienekonzept, welches inzidenzabhängig regelt, welche Einschränkungen gelten. Abstand, Maske, Gottesdienstdauer und verschiedene weitere Faktoren werden hier angepasst, um ein für die jeweilige Situation adäquaten Schutz zu bieten. Aktuell feiern wir nur stark verkürzte Gottesdienste von etwa 30 Minuten, der Abstand zwischen den Haushalten muss mindestens zwei Meter betragen und es gilt die FFP2-Maskenpflicht. Da Glaube Gemeinschaft braucht, möchten wir Gottesdienste ermöglichen und trotzdem den bestmöglichen sicheren Rahmen bieten.

Frage: Sie sprachen von einer Band. Wie kann ich mir einen Gottesdienst in der YChurch vorstellen?

Grimm: Unsere Gottesdienste haben, wie auch sonstige Gottesdienste, einen wiederkehrenden Ablauf. Die darin eingesetzten Elemente versuchen wir jedoch sehr zeitgemäß und modern zu gestalten: Durch den Gottesdienst führt uns die Moderation. Die Lieder sind im Musikstil eher im Pop-Bereich verortet und werden von einer Band begleitet. Gebete werden frei formuliert. Man könnte sagen, dass wir einen Rahmen schaffen möchten, in dem Menschen sich ungezwungen mit Gott auseinandersetzen. Bezeichnender als die Beschreibung eines Gottesdiensts ist natürlich das Erleben.

Frage: Mit welchen Herausforderungen sahen Sie sich konfrontiert?

Husser: 2021 war für uns vor allem in einer Sache herausfordernd. Als YChurch sind wir seit zwei Jahren auf dem Weg, eine Gemeinde zu starten. Dazu braucht es Gemeinschaft, es braucht Orte, um sich kennenzulernen, um gemeinsam Zeit zu verbringen, und das war 2021 zeitweise nicht verantwortbar möglich. Außerdem war es immer wieder herausfordernd, flexibel zu sein. Man plant Gottesdienste und Angebote und muss diese ständig neu anpassen. Mal ist plötzlich wieder mehr erlaubt, oft aber auch wieder etwas eingeschränkt. Für verschiedene Angebote mit verschiedenen Zielgruppen gelten verschiedene Verordnungen und Regelungen. Hier hat es viel Zeit gebraucht, um die aktuellen Verordnungen zu kennen und umzusetzen.

Frage: Wie haben Sie bislang die Corona-Zeit erlebt?

Grimm: In unserer Gemeinde durften wir einen sehr verantwortungsvollen und verständnisvollen Umgang mit Corona erleben. Menschen geben aufeinander acht und lassen sich trotz Einschränkungen auf Angebote ein. Verschiedene Meinungen dürfen gesagt werden und trotzdem gibt es einen gemeinsamen Weg. Am Ende ist nicht eine Herausforderung im Zentrum, sondern unser gemeinsamer Glaube an den lebendigen Gott.

Frage: Wann gründete sich die YChurch?

Husser: Seit zwei Jahren sind wir beide von der evangelischen Kirche und dem CVJM für das Projekt YChurch eingesetzt. Die frühere Johannesgemeinde hatte sich auf den Weg gemacht, neue Zielgruppen zu erreichen und hat dafür, zu Gunsten von eineinhalb Diakon-/CVJM-Sekretär-Stellen, die Pfarrstelle aufgegeben. Und das hat sich bezahlt gemacht. Trotz Corona wächst eine neue Gemeinde heran. Junge Menschen und Familien wollte man mit einem neuen Gottesdienstformat erreichen und neue Gruppen und Kreise für junge Menschen etablieren. Nun kommen zu den 14-tägigen Gottesdiensten mit Kindergottesdienst in der Regel über 90 Menschen zusammen. Unter der Woche gibt es mit den YMinis eine florierende Krabbelgruppe, einen Jugendkreis, das YMusic Team und eine erste Kleingruppe für Erwachsene.

Frage: Was sind die Ziele und Werte, die die YChurch vertritt?

Grimm: Im Herbst war es endlich möglich, dass wir als YChurch-Gemeinde mit allen, die sich als Teil der YChurch sehen, für ein Wochenende in den Schwarzwald gefahren sind. Dort haben wir genau diese Frage behandelt. „Heimat erleben. Heimat sein.“ ist unsere Vision als YChurch. Und diese möchten wir gemeinsam lebendig werden lassen in unserem Miteinander, in unseren Gottesdiensten und bei unserer Angeboten.

Frage: Für wen sind die Angebote gedacht und wie ist der Zulauf – auch speziell in Bezug auf Corona?

Husser: Unsere Zielgruppe sind junge Menschen und junge Familien. An deren Bedürfnissen richten wir unsere Angebote aus, dazukommen darf selbstverständlich jede und jeder. Eine der ersten Gruppen, die wir begonnen haben ist unsere Krabbelgruppe, die YMinis. Donnerstag von 9.30 bis 11 Uhr treffen sich Eltern mit ihren Krabbelkindern. Hier nehmen wir besonders nach dem Lockdown im Frühjahr einen großen Bedarf nach Kontakt wahr. Zeitweise knapp 50 Personen kamen zusammen. Im Herbst konnten wir endlich auch unseren Jugendkreis YRise starten. Freitags 14-tägig ab 19.30 Uhr treffen sich Jugendliche ab 14 Jahren zu einem tollen Programm und einer guten Zeit in der Peergroup. Auch für Erwachsene ist unsere erste Kleingruppe im Herbst gestartet. Donnerstags um 20 Uhr beginnen die Treffen zu verschiedensten Inhalten: Basteln, Spielen, Reden, Beten. In der aktuellen Corona-Welle setzen wir hier vier Wochen aus, im März geht es aber hoffentlich direkt weiter.

Frage: Welche Wünsche haben Sie für 2022?

Grimm: Für das neue Jahr wünschen wir uns diesen Aufbruch in der Kirche weiter zu gestalten. Wir möchten weiterhin vielen Menschen von Gottes Liebe erzählen. Wir freuen uns darauf, weiter partizipativ und fröhlich Gemeinde zu bauen. Und wollen als YChurch mehr und mehr Segen sein für unsere Stadt.

Frage: Welche Angebote sind für 2022 in Planung?

Husser: Konkret sind wir als YChurch-Gemeinschaft im Prozess, wie wir Kirche sein und leben wollen. Hier treffen wir uns alle acht bis zwölf Wochen. Für Jugendliche werden wir im Mai auf das Jugendfestival Christival nach Erfurt fahren, im Juli zum Landesjugendtreffen des CVJM. Wir möchten eine Arbeit für junge Erwachsene starten. Unser Gottesdienstangebot wollen wir weiterentwickeln, vielleicht eine Freizeit für Familien anbieten. Im Herbst möchten wir auf alle Fälle wieder als Gemeinde auf eine Freizeit fahren und verschiedenes mehr.

Weitere Informationen: www.ychurch-weil.de

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