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Weil am Rhein Warum 15 Wehrleute austreten

Marco Fraune
Die Tage des Feuerwehrgerätehauses in Märkt sind gezählt. Foto: Weiler Zeitung

Stellungnahme: Märkter Kräfte kritisieren fehlende Empathie / Acht Jahre Warten auf neues Gerätehaus

Weil am Rhein - Die aus der Feuerwehr-Abteilung Märkt ausgetretenen Kameraden mussten bis zur offiziellen Entlassung schweigen. Nun begründen sechs der Wehrleute, warum insgesamt 15 der 18 Abteilungsmitglieder ausgetreten sind. Es soll kein Signal gesetzt werden, sondern vielmehr wollen sie eine Vielzahl von Gründen benennen. Ganz besonders eine fehlende Empathie der Verwaltungsspitze wird scharf kritisiert.

Acht Jahre lang haben die Märkter Wehrleute auf ein neues Gerätehaus gewartet, blickt Sprecher Norbert Thomann in einem Zoom-Pressegespräch gemeinsam mit den ebenfalls ausgetretenen Abteilungs-Kameraden Raphael Rinkes, Beatrice Ruf, Axel Hildebrand, Daniel Spielmann und Thomas Bradler zurück.

Zwischenzeitlich keimte bei ihnen wegen der Grundstücksverhandlungen für ein neues Märkter Wehrgerätehaus Hoffnung auf, die angesichts des neuen Feuerwehrbedarfsplans und der Festlegung auf ein Zwei-Standorte-Modell nun erloschen ist. Im November haben sie ihre Austrittsgesuche bei der Stadtverwaltung eingereicht, denen mittlerweile entsprochen wurde.

Enttäuscht über Reaktion

Einer der Gründe ihrer Unzufriedenheit und den damit verbundenen Austritten ist auch die Reaktion der Verwaltung auf diese Gesuche. Vier Wochen habe es gedauert, bis dann das Austrittsgesuch erst einmal wegen förmlicher Mängel abgelehnt und den Kameraden eine Beurlaubung angeboten worden sei.

Nach der überarbeiteten Austrittsbegründung wurde dem Gesuch zwar stattgegeben, doch über die Begründung von Rechts- und Ordnungsamtsleiterin Ellen Nonnenmacher ärgern sich die Wehrleute auch zwei Monate später noch. Diese habe geschrieben, es müsse davon ausgegangen werden, dass die Wehrleute den Einsatzdienst nicht mehr mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit erfüllen. Somit stehe die Zumutbarkeit des Verbleibs in der Wehr für die Kameraden in Frage, die sich im Ernstfall auf die Märkter und ihre Leistungsfähigkeit verlassen können müssten. Thomann, der vier Jahrzehnte engagiert in der Wehr war, kann es kaum fassen. Vorsichtig formuliert sei es „absolut unangemessen, fast schon eine Unterstellung“.

Die empathische Kompetenz sei nicht vorhanden. Weder Oberbürgermeister Wolfgang Dietz noch Erster Bürgermeister Christoph Huber und auch nicht Stadtkommandant Frank Sommerhalter hätten nach den Austrittsgesuchen in der Sache mit ihnen gesprochen. Hier sei nur Abteilungskommandant Uli Weber vorgeschickt worden. „Das ist unanständig“, vermissen die ausgetretenen Kameraden die Wertschätzung ihres teilweise über Jahrzehnte geleisteten ehrenamtlichen Einsatzes. Immer wieder sprechen sie von fehlender Empathie.

Neben der Kritik an der Kommunikation von Wehrspitze und Stadtverwaltungsspitze führen die Märkter Kameraden verschiedene sachliche Gründe an, die sie zum Austritt bewogen hätten, denn sie wollen das Bild von „beleidigten Leberwürsten“ korrigieren, das sich in den zurückliegenden Monaten womöglich gebildet haben könnte.

Acht Jahre lang gewartet

So geht es den Märkter Kameraden erstens nicht grundsätzlich um die Zwei-Standort-Lösung, wie sie bekunden, sondern um den langen und immer noch nicht abgeschlossenen Weg zum Ziel, „der nach fünf langen Jahren der freudigen Erwartung eines eigenen Gerätehauses eine plötzliche Wendung erfuhr“.

Bis zum Jahr 2018 sei ein Neubau Märkt voran getrieben worden, wissend um die Dringlichkeit. Noch in der Oktober-Sitzung 2016 wurde ein Märkter Grundstück ins Auge gefasst. Denn: Im aktuellen Gerätehaus in Märkt könnten die verpflichtenden Standards nicht eingehalten werden.

„Ab Ende 2018/Anfang 2019 gab es dann, aufgrund des neuen Bedarfsplans erste ,Hinweise’, dass es doch eine Zusammenlegung der Abteilungen Haltingen, Ötlingen und Märkt geben muss – mit mangelhafter empathischer Kompetenz, dies den Betroffenen mitzuteilen“, führen Thomann und seine Kameraden an. Mittlerweile sei es wieder offen: „Vermutlich wird eine neue gemeinsame Wache voraussichtlich nicht vor 2025 in Betrieb gehen können.“

Sicherheit und Unfallschutz

Bis zu 23 Feuerwehrleute hätten sich in einen 2,85 mal 5,40 Meter großen Mannschaftsraum mit zwölf Sitzplätzen zwängen müssen beziehungsweise seien dann in die Halle gegangen. Dort gebe es 17 Spinde hinter den Fahrzeugen für 23 Personen. Kritisch sei hier auch der Abstand zu den Wagen. Hinzu kämen giftige Emissionen, da es keine Abgasabsaugung gebe. „Bekannte Mängel bezüglich der Sicherheit wurden ignoriert“, kritisieren die Märkter Wehrleute.

Dabei habe der erste Feuerwehrplan 2013 erste Mängel aufgezeigt. In den gesetzlichen Vorschriften heißt es, dass nur übergangsweise solche Zustände möglich seien und bauliche Maßnahmen erfolgen müssten. Im jüngsten Bedarfsplan sei auch vermerkt, dass erhebliche Mängel bestehen, die einen Unfallschwerpunkt beziehungsweise eine Gesundheitsgefährdung für die Einsatzkräfte darstellen.

Als einzige Reaktion habe es 2019 ein Schriftstück gegeben, dass die Fahrzeughalle leer sein muss beim Herausfahren der Fahrzeuge. „Es gab bis heute keine baulichen Änderungen.“ Die Problematik eines „nicht arbeitsfähigen Gerätehauses“ sei der Verwaltung nun seit knapp acht Jahren bekannt.

Die beste Lösung?!

Beim Zwei-Standort-Konzept angekommen, sei aus rein feuerwehrtechnischer Sicht, also der Erreichbarkeit der Ortsteile, der Standort Rumänenfriedhof der beste, verweisen die Märkter um Thomann auf die Auswertungen. Doch aus politischen Gründen sei der Standort Sägischopf ausgewählt worden, obwohl damit Märkt, ein Großteil von Friedlingen und ein Teil des Unterdorfs schlechter beziehungsweise später erreichbar seien.

Aktuell gebe es immer noch ein „politisches Geschachere zwischen Feuerwehrpolitik und Gemeindepolitik beim Zwei-Standorte-Konzept“, bedauern die ausgetretenen Kameraden. „Das, was die Haltinger im Gemeinderat nicht wollen, kriegt man nicht durch.“

Brandschutz für Märkt

Die Sicherstellung des Brandschutzes in Märkt bezweifeln die Wehrleute, da 15 von 18 Kameraden ausgetreten sind. Bei einer durchschnittlichen Ausrückzeit von sechs Minuten und einer Fahrzeit von sechs bis acht Minuten sei man also in zwölf bis 14 Minuten in Märkt. Thomann: „Die Vorgabe sind jedoch zehn Minuten.“

Abschließende Bewertung

Bis auf drei Kameraden haben in Märkt zwar alle ihren Dienst quittiert, doch hätten die Entscheidungsträger die Zwei-Standort-Lösung mit dem Standort Rumänenfriedhof ausgewählt, wären es etwas weniger Austritte gewesen, vermutet Thomann. „Fünf bis sechs wären vielleicht gegangen.“

Und Bradler ergänzt: „Jahrelang ist Hoffnung gemacht worden für einen eigenen Standort.“ In den vergangenen zwei Jahren sei es dann negativ gelaufen. Die Aussagen, Märkt sei zu wenig leistungsfähig, habe die Kameraden zusätzlich demotiviert.

Rinkes: „Die Motivation der Mannschaft hat zum Schluss gefehlt.“ Daher seien so viele ausgetreten. „Irgendwann ist der Frust da“, betont Thomann. Dass alle Ötlinger Wehrleute an Bord bleiben, glaubt er zudem nicht.

Eine Rückkehr können sich die Wehrleute nicht vorstellen. Aber einen Wechsel in andere Orte. Thomann nennt für sich Rümmingen und Rinkes Efringen-Kirchen. Es habe einfach kein Interesse bestanden, den Standort Märkt aufrecht zu erhalten, bedauert er. Und das obwohl auch ein großes Potenzial von Mitarbeitern in den dortigen Unternehmen bestehe, die von Wampfler oder Raymond mit ausrücken könnten, so wie in anderen Orten.

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